Stellt Trump Rekord beim Zurückrudern auf ?
14.11.2016 | Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1.0788 (07.45 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1.0773 im fernöstlichen Handel markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 107.57. In der Folge notiert EUR-JPY bei 116.05. EUR-CHF oszilliert bei 1.0700.
Nach den martialischen Tönen Trumps im Wahlkampf waren wir uns sicher, dass im Anschluß zurückgerudert werden wird.
Dieses Tempo , das Trump vorlegt darf jedoch als Atem beraubend bezeichnet werden. Da wird manchem Trump-Wähler förmlich schwindelig. Warum habe ich nur dieses Wort gewählt, ich hätte auch schwummirig sagen können …
Aus der Mauer nach Mexiko wird nun ein Zaun. Damit rückt Trump von einem zentralen Punkt seines Wahlkampfes ab.
Von 12 Millionen auszuweisenden Menschen, die sich illegal in den USA aufhalten, bleiben jetzt wohl noch 3 Mio. übrig. Auch hier wird ein zentraler Punkt, der die Zustimmung zu Trump beförderte, massiv geschliffen.
Obamacare bleibt, aber wird anders. Das ist der nächste Bruch, die die US-Öffentlichkeit erreicht. Die Bekämpfung von Obamacare war zentraler Punkt, der Trump und die republikanische Partei bei allem Dissens verband.
Aus aggressiver Protektionspolitik wird nach ersten Erkenntnissen US-Interessenpoliitk mit härterem Handgriff (siehe China). Die USA sind importbahängig, um jeden einzelnen Tag zu überstehen. Ergo ist diese Facette der Anpassung Ausdruck der Anerkennung der Realität.
Trump ruderte bereits am Freitag bei der scharfen Bankenregulierung zurück. Auch der Versuch, Jamie Dimon als Treasury Secretary zu gewinnen, ist Ausdruck dafür, dass Trump sich mit dem Machtfaktor Wall Street wohl weit weniger anlegen will, als es zunächst erschien. Damit verlieren die US-Bürger, aber auch die Welt massiv an Chancen!
Fazit:
Trump nähert sich dynamisch vielen Positionen des Establishments an - mit "Change" sieht es weit düsterer aus, als es Mittwoch noch erschien.
Kommen wir zu den US-Wirtschaftsthemen: Steuersenkung und über "Tax Credits" finanzierte Infrastrukturprojekte (100 Mrd. USD pro Jahr für 10 Jahre = 0,5% des BIP pro Jahr) sollen das magische Wachstumselixier liefern.
Ausgehend von jetzt mehr als 5% des BIP Neuverschuldung wird diese Politik das öffentliche Defizit auf 7% - 9% des BIP katapultieren. Ob die Sekundär- und Tertiäreffekte aus dieser Politik dann wieder die Defizite reduzieren, ist längst nicht ausgemacht.
Die aktuelle euphorische Reaktion am Devisenmarkt zu Gunsten des USD, die die US-Wachstumsenttäuschung der letzten zwei Jahre und die strukturellen Fehlentwicklungen voll ausblendet, erscheint ambitioniert zu sein, da die daraus resultierende ökonomische Funktion, die gesamt Exportwirtschaft der USA preislich benachteiligt.
Trump will Wachstum, ist ein überbordend fester USD das Rezept dafür?
Das US-Verbrauchervertrauen, das noch vor der US-Wahl gemessen wurde, lieferte positive Akzente.
Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan lieferte im vorläufigen Novemberwert einen Anstieg von 87,2 auf 91,6 Punkte (höchster Wert seit Juni 2016). Die Prognose lag bei 87,5 Zählern.
Hinsichtlich der aktuellen US-Unruhen und der Tatsache, dass das Land zunehmend geteilt erscheint, als auch der Tatsache, dass es in Kalfornien und in Oregon bereits zu Absatzbewegungen aus den USA kommt (ob die ernt zu nehmen sind, sei dahin gestellt), sind diese Daten mit Vorsicht zu geniessen.
Werfen wir einen Blick nach Europa:
Die Anti-Russlandpolitik fordert Opfer. In Moldau kam am Wochenende mit Igor Dodon ein Russland freundlich gesonnener Kandidat an die Macht. In Bulgarien hat der Russland freundlich gesonnene Kandidat Rumen Radew die Stichwahl bei der Präsidentenwahl gewonnen.
Wo stehen eigentlich die Bevölkerungen in Kontinentalauropa bezüglich dieses Themas? Ist man sich dessen in Berlin, Brüssel & Co. bewusst?
Was heisst das für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen für das noch obwaltende Establishment in Kontinentaleuropa?
Mit Trump stellt sich die Frage der Sicherheitsarchitektur Europas. Gibt es Antworten der EU? Machen wir die mit Russland oder gegen Russland?
Nach der in der Tendenz emotionalen und wenig rationalen oder diplomatischen Reaktion auf Trumps Erfolg, dürfen sich die Bürger der EU hoffentlich auf etwas mehr Diplomatie und Demut unserer Eliten einstellen. Hoffentlich stellt man in der EU die richtigen Fragen!
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung im Währungspaar EUR-USD favorisiert. Erst ein deutlicher Ausbruch aus der Handelsbandbreite 1.0650 - 1.0950 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.
Nach den martialischen Tönen Trumps im Wahlkampf waren wir uns sicher, dass im Anschluß zurückgerudert werden wird.
Dieses Tempo , das Trump vorlegt darf jedoch als Atem beraubend bezeichnet werden. Da wird manchem Trump-Wähler förmlich schwindelig. Warum habe ich nur dieses Wort gewählt, ich hätte auch schwummirig sagen können …
Aus der Mauer nach Mexiko wird nun ein Zaun. Damit rückt Trump von einem zentralen Punkt seines Wahlkampfes ab.
Von 12 Millionen auszuweisenden Menschen, die sich illegal in den USA aufhalten, bleiben jetzt wohl noch 3 Mio. übrig. Auch hier wird ein zentraler Punkt, der die Zustimmung zu Trump beförderte, massiv geschliffen.
Obamacare bleibt, aber wird anders. Das ist der nächste Bruch, die die US-Öffentlichkeit erreicht. Die Bekämpfung von Obamacare war zentraler Punkt, der Trump und die republikanische Partei bei allem Dissens verband.
Aus aggressiver Protektionspolitik wird nach ersten Erkenntnissen US-Interessenpoliitk mit härterem Handgriff (siehe China). Die USA sind importbahängig, um jeden einzelnen Tag zu überstehen. Ergo ist diese Facette der Anpassung Ausdruck der Anerkennung der Realität.
Trump ruderte bereits am Freitag bei der scharfen Bankenregulierung zurück. Auch der Versuch, Jamie Dimon als Treasury Secretary zu gewinnen, ist Ausdruck dafür, dass Trump sich mit dem Machtfaktor Wall Street wohl weit weniger anlegen will, als es zunächst erschien. Damit verlieren die US-Bürger, aber auch die Welt massiv an Chancen!
Fazit:
Trump nähert sich dynamisch vielen Positionen des Establishments an - mit "Change" sieht es weit düsterer aus, als es Mittwoch noch erschien.
Kommen wir zu den US-Wirtschaftsthemen: Steuersenkung und über "Tax Credits" finanzierte Infrastrukturprojekte (100 Mrd. USD pro Jahr für 10 Jahre = 0,5% des BIP pro Jahr) sollen das magische Wachstumselixier liefern.
Ausgehend von jetzt mehr als 5% des BIP Neuverschuldung wird diese Politik das öffentliche Defizit auf 7% - 9% des BIP katapultieren. Ob die Sekundär- und Tertiäreffekte aus dieser Politik dann wieder die Defizite reduzieren, ist längst nicht ausgemacht.
Die aktuelle euphorische Reaktion am Devisenmarkt zu Gunsten des USD, die die US-Wachstumsenttäuschung der letzten zwei Jahre und die strukturellen Fehlentwicklungen voll ausblendet, erscheint ambitioniert zu sein, da die daraus resultierende ökonomische Funktion, die gesamt Exportwirtschaft der USA preislich benachteiligt.
Trump will Wachstum, ist ein überbordend fester USD das Rezept dafür?
Das US-Verbrauchervertrauen, das noch vor der US-Wahl gemessen wurde, lieferte positive Akzente.
Das Verbrauchervertrauen nach Lesart der Universität Michigan lieferte im vorläufigen Novemberwert einen Anstieg von 87,2 auf 91,6 Punkte (höchster Wert seit Juni 2016). Die Prognose lag bei 87,5 Zählern.
Hinsichtlich der aktuellen US-Unruhen und der Tatsache, dass das Land zunehmend geteilt erscheint, als auch der Tatsache, dass es in Kalfornien und in Oregon bereits zu Absatzbewegungen aus den USA kommt (ob die ernt zu nehmen sind, sei dahin gestellt), sind diese Daten mit Vorsicht zu geniessen.
© Reuters
Werfen wir einen Blick nach Europa:
Die Anti-Russlandpolitik fordert Opfer. In Moldau kam am Wochenende mit Igor Dodon ein Russland freundlich gesonnener Kandidat an die Macht. In Bulgarien hat der Russland freundlich gesonnene Kandidat Rumen Radew die Stichwahl bei der Präsidentenwahl gewonnen.
Wo stehen eigentlich die Bevölkerungen in Kontinentalauropa bezüglich dieses Themas? Ist man sich dessen in Berlin, Brüssel & Co. bewusst?
Was heisst das für die im kommenden Jahr anstehenden Wahlen für das noch obwaltende Establishment in Kontinentaleuropa?
Mit Trump stellt sich die Frage der Sicherheitsarchitektur Europas. Gibt es Antworten der EU? Machen wir die mit Russland oder gegen Russland?
Nach der in der Tendenz emotionalen und wenig rationalen oder diplomatischen Reaktion auf Trumps Erfolg, dürfen sich die Bürger der EU hoffentlich auf etwas mehr Diplomatie und Demut unserer Eliten einstellen. Hoffentlich stellt man in der EU die richtigen Fragen!
Aktuell ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung im Währungspaar EUR-USD favorisiert. Erst ein deutlicher Ausbruch aus der Handelsbandbreite 1.0650 - 1.0950 eröffnet neue Opportunitäten.
Viel Erfolg!
© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank
Hinweis: Meinungen oder Empfehlungen geben die Einschätzung des jeweiligen Verfassers wieder und stellen nicht notwendigerweise die Meinung der Bremer Landesbank oder deren assoziierter Unternehmen dar. Sie können sich jederzeit ohne vorherige Ankündigung ändern. Die hier enthaltenen Aussagen sind nicht als Angebot oder Empfehlung bestimmter Anlageprodukte zu verstehen. Dies gilt auch dann, wenn einzelne Emittenten oder Wertpapiere erwähnt werden. Hier enthaltene Informationen können auf die individuellen Verhältnisse des Anlegers abgestellte, kundenspezifische und objektorientierte Beratung nicht ersetzen. Bitte setzen Sie sich deshalb mit Ihrem bei der Bremer Landesbank zuständigen Berater in Verbindung.