2016: All About Politics!
21.12.2016 | Ronald Peter Stöferle
Während im Jahr 2015 die relevanten Überraschungen für die meisten Marktbeobachter in erster Linie geldpolitischer Natur waren, ist das Jahr 2016 eindeutig ein Jahr der weltpolitischen Umbrüche gewesen. Zur Jahresmitte schockierte das Referendum im Vereinigten Königreich zugunsten des BREXIT die internationalen Märkte – wenngleich nur für kurze Dauer. Auch andernorts in Europa bereitet das Erstarken von Populisten Sorge über die Zukunft Europas und des Euros.
Doch für die wohl gravierendste Zäsur an den Märkten sorgte die Wahl des Immobilien-Tycoons Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten. Der 8. November 2016 macht eine grundlegende Neubewertung der Marktumstände erforderlich. Nach einem populistisch geführten Wahlkampf müssen die Marktteilnehmer nun die weitreichenden Konsequenzen dieser Neuwahl evaluieren. Dies ist umso schwieriger, da vom künftigen Präsidenten ein radikaler Kurswechsel auf allen politischen Ebenen (außen-, innen-, und wirtschaftspolitisch) versprochen wurde. Problematischer Weise hat Trump jedoch seine Pläne im Wahlkampf nur mit äußerst unkonkreten Aussagen beschrieben – wahrscheinlich, da er sich selbst damals über sein Vorgehen im Falle eines Wahlgewinnes noch nicht im Klaren war.
Abgesehen von der Schicksalswahl in den USA – deren Konsequenzen wir uns später noch widmen werden – ist davon auszugehen, dass sich das Stakkato der politischen Umbrüche auch im folgenden Jahr fortsetzen wird. Nach dem jüngst gescheiterten Reformreferendum in Italien und den damit verbundenen Neuwahlen droht auch die Eurokrise wieder auf die Agenda zurückzukehren. Ferner gibt es unappetitliche Aussichten für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich und auch bei der deutschen Bundestagswahl 2017 bahnen sich Umbrüche hinsichtlich der politischen Kräfteverhältnisse an.
Die Begründungen für diese politischen Entwicklungen sind vielschichtig und multidimensional. Trotzdem sind wir der Meinung, dass es eine wesentliche, systemisch bedingte Kernursache dieser für die meisten Marktbeobachter überraschenden politischen Umbrüche gibt. Die "verblüffenden" Wahlergebnisse in der westlichen Welt sind unserer Meinung nach keineswegs nur Erzeugnisse populistischer Demagogen, sondern vielmehr kausal auf eine ökonomisch massiv auseinanderdriftende Gesellschaft und einen damit verbundenen Vertrauensverlust in etablierte Institutionen zurückzuführen.
Es gibt vereinfacht gesagt einen Teil der Bevölkerung, welcher sich aktuell als recht wohlhabend erachtet und trotz – oder gerade wegen! – der aufkommenden Zweifel hinsichtlich der Nachhaltigkeit unseres derzeitigen Wirtschaftens am Status quo festklammert. Jene Gruppe, bei der aber das Gefühl der Unsicherheit und Ungerechtigkeit in Verzweiflung und Wut umgeschlagen hat, ist offen für die sogenannten Populisten – sowohl in der linken als auch in der rechten Ecke des politischen Spektrums.
Als eine Kernursache dieser gesellschaftlichen Polarisierung ist nicht zuletzt unsere derzeitige, nicht nachhaltige Geldordnung zu identifizieren. Als unser ungedecktes Geldsystem 2008 unter einer nicht mehr zu bewältigenden Schuldenlast erdrückt zu werden drohte, wurde das System durch eine "All-in-Reflationspolitik" der Notenbanken in die nächste Runde gerettet. Die geldpolitischen Maßnahmen gelten gemeinhin als Erfolg, selbst wenn Null- und Negativzinsen weiterhin vorwalten und nach wie vor Unmengen an Zentralbankgeld ex nihilo geschaffen werden. Vertraut man auf den gesunden Menschenverstand, so signalisieren diese Umstände doch deutlich, dass die Krise nicht bewältigt ist, sondern noch einiges im Argen liegt. Dass die fragwürdige Behandlung des verwundeten Systems nicht ohne Nebenwirkungen bleiben würde, war abzusehen. Eine dieser Nebenwirkungen ist genau jene, die dazu führt, dass sich mehr und mehr eine ökonomische Demarkationslinie innerhalb der Bevölkerungen der westlichen Staaten abzeichnet.
© Incrementum AG
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Auszug aus dem neu erschienenen Investorenbrief Dezember 2016, welchen Sie hier als PDF aufrufen können.
Original-Links:
Letter to Investors & Outlook (englische Version)
Investorenbrief & Outlook (deutsche Version)
Doch für die wohl gravierendste Zäsur an den Märkten sorgte die Wahl des Immobilien-Tycoons Donald Trump zum nächsten US-Präsidenten. Der 8. November 2016 macht eine grundlegende Neubewertung der Marktumstände erforderlich. Nach einem populistisch geführten Wahlkampf müssen die Marktteilnehmer nun die weitreichenden Konsequenzen dieser Neuwahl evaluieren. Dies ist umso schwieriger, da vom künftigen Präsidenten ein radikaler Kurswechsel auf allen politischen Ebenen (außen-, innen-, und wirtschaftspolitisch) versprochen wurde. Problematischer Weise hat Trump jedoch seine Pläne im Wahlkampf nur mit äußerst unkonkreten Aussagen beschrieben – wahrscheinlich, da er sich selbst damals über sein Vorgehen im Falle eines Wahlgewinnes noch nicht im Klaren war.
Abgesehen von der Schicksalswahl in den USA – deren Konsequenzen wir uns später noch widmen werden – ist davon auszugehen, dass sich das Stakkato der politischen Umbrüche auch im folgenden Jahr fortsetzen wird. Nach dem jüngst gescheiterten Reformreferendum in Italien und den damit verbundenen Neuwahlen droht auch die Eurokrise wieder auf die Agenda zurückzukehren. Ferner gibt es unappetitliche Aussichten für die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in Frankreich und auch bei der deutschen Bundestagswahl 2017 bahnen sich Umbrüche hinsichtlich der politischen Kräfteverhältnisse an.
Die Begründungen für diese politischen Entwicklungen sind vielschichtig und multidimensional. Trotzdem sind wir der Meinung, dass es eine wesentliche, systemisch bedingte Kernursache dieser für die meisten Marktbeobachter überraschenden politischen Umbrüche gibt. Die "verblüffenden" Wahlergebnisse in der westlichen Welt sind unserer Meinung nach keineswegs nur Erzeugnisse populistischer Demagogen, sondern vielmehr kausal auf eine ökonomisch massiv auseinanderdriftende Gesellschaft und einen damit verbundenen Vertrauensverlust in etablierte Institutionen zurückzuführen.
Es gibt vereinfacht gesagt einen Teil der Bevölkerung, welcher sich aktuell als recht wohlhabend erachtet und trotz – oder gerade wegen! – der aufkommenden Zweifel hinsichtlich der Nachhaltigkeit unseres derzeitigen Wirtschaftens am Status quo festklammert. Jene Gruppe, bei der aber das Gefühl der Unsicherheit und Ungerechtigkeit in Verzweiflung und Wut umgeschlagen hat, ist offen für die sogenannten Populisten – sowohl in der linken als auch in der rechten Ecke des politischen Spektrums.
Als eine Kernursache dieser gesellschaftlichen Polarisierung ist nicht zuletzt unsere derzeitige, nicht nachhaltige Geldordnung zu identifizieren. Als unser ungedecktes Geldsystem 2008 unter einer nicht mehr zu bewältigenden Schuldenlast erdrückt zu werden drohte, wurde das System durch eine "All-in-Reflationspolitik" der Notenbanken in die nächste Runde gerettet. Die geldpolitischen Maßnahmen gelten gemeinhin als Erfolg, selbst wenn Null- und Negativzinsen weiterhin vorwalten und nach wie vor Unmengen an Zentralbankgeld ex nihilo geschaffen werden. Vertraut man auf den gesunden Menschenverstand, so signalisieren diese Umstände doch deutlich, dass die Krise nicht bewältigt ist, sondern noch einiges im Argen liegt. Dass die fragwürdige Behandlung des verwundeten Systems nicht ohne Nebenwirkungen bleiben würde, war abzusehen. Eine dieser Nebenwirkungen ist genau jene, die dazu führt, dass sich mehr und mehr eine ökonomische Demarkationslinie innerhalb der Bevölkerungen der westlichen Staaten abzeichnet.
© Incrementum AG
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Auszug aus dem neu erschienenen Investorenbrief Dezember 2016, welchen Sie hier als PDF aufrufen können.
Original-Links:
Letter to Investors & Outlook (englische Version)
Investorenbrief & Outlook (deutsche Version)