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Schweizer Franken im Sinkflug

19.08.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der Franken hat jüngst gegenüber dem Euro kräftig abgewertet - weil er als "sicherer Hafen" derzeit weniger stark gefragt ist.

Im April 2017, EURCHF stand bei etwa 1,07, begann die eidgenössische Währung gegenüber dem Euro nachzugeben (Abb. 1). Jetzt liegt der Kurs bei etwa 1,14. Damit hat sich EURCHF wieder merklich dem "Mindestkurs" von 1,20 angenähert, den die Schweizer Nationalbank (SNB) am 15. Januar 2015 aufgehoben hat. Was erklärt den Umschwung? Es liegt nahe zu denken, dass die SNB maßgeblich an der Schwächung des Franken-Außenwertes beteiligt war.

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Quelle: Thomson Financial


Bekanntlich hat die SNB, auch nachdem sie den Mindestkurs aufgehoben hat, immer wieder in den Devisenmarkt eingegriffen, um den Franken gegenüber dem Euro zu schwächen. Das Ziel dieser Politik ist es, die Schweizer Exporteure und damit auch die Schweizer Wirtschaft zu unterstützen. Durch die fortgesetzten Euro-Käufe sind die Devisenreserven der SNB mittlerweile auf gewaltige 724 Mrd. CHF angeschwollen.

Doch es gibt auch Anzeichen, dass es nicht (allein) die SNB war, die den Franken abgewertet hat. Man betrachte nur einmal den Verbund zwischen der Euro-Franken-Zinsdifferenz und EURCHF: Er ist relativ eng und positiv (Abb. 2). Man erkennt, dass in 2015 der Euro einen Zinsvorteil hatte, auf den EURCHF jedoch nicht reagierte. Vermutlich war das Vertrauen in den Euro derart angeschlagen, dass Investoren bereit waren, Franken nachzufragen, obwohl das mit einem deutlichen Zinsnachteil gegenüber Euro-Anlagen verbunden war.

Nach der jüngsten Franken-Abwertung liegt EURCHF nun wieder dort, wo der Wechselkurs gemäß der Zinsdifferenz eigentlich liegen sollte. Offensichtlich ist das Vertrauen in den Euro zurückgekehrt. Dafür spricht auch die Aufwertung der Einheitswährung gegenüber dem US-Dollar: Seit Ende 2016 ist EURUSD von etwa 1,04 auf nunmehr 1,17 geklettert. Diese Kursbewegungen zeigen einmal mehr, wie abrupt, schnell und stark sich die Stimmungslage auf den Finanzmärkten drehen kann.

Wie es weitergeht mit EURCHF, hängt vermutlich ganz entscheidend von den Zentralbankpolitiken ab. Wenn die Euro- und Franken-Kurzfristzinsen unverändert bleiben, scheint EURCHF bei etwa 1,14 angemessen zu sein. Solange es keine "Flucht aus dem Euro" gibt, hat es die SNB im Grunde in der Hand, EU-RCHF maßgeblich durch ihre Zinspolitik zu bestimmen. Sie kann beispielsweise durch ein weiteres Absenken der Franken-Zinsen die Zinsdifferenz zugunsten des Euro ausweiten und damit den Franken unter Abwertungszwang setzen.

Die Aufwertung des Franken gegenüber dem Euro, die mit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 einsetzte, hat (wieder einmal) eindrücklich gezeigt, dass der Franken ein sicherer Hafen ist: In Krisenzeiten bringen Investoren ihm mehr Vertrauen entgegen als zum Beispiel US-Dollar oder Euro. Die Währungshistorie der Schweizer gibt dafür gute Gründe: Seit Jahrzehnten ist der Franken eine im Trendverlauf aufwertende Währung (Abb. 3).

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Abbildung links: Quelle: Thomson Financial. (1) Für Zinsen mit Laufzeit zwei Jahren
Abbildung rechts: Quelle: Thomson Financial. Gestrichelte Line: Trendverlauf. Steigt (fällt) die Linie, wertet der Franken auf (ab)


Eine weitere Abwertung gegenüber dem Euro erhöht die Attraktivität des Franken: Er ist, im Konzert der ungedeckten Währungen betrachtet, immer noch das verlässlichste Geld. Und dass der Euro dauerhaft gegenüber dem Franken aufwertet, darf wohl ernsthaft bezweifelt werden.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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