Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil 3/3)

07.09.2017  |  Lars Schall
- Seite 2 -
Abermals auf einem Treffen der LBMA ließ Gautier im November 2014 durchblicken, dass die Zentralbanken ihre Goldreserven in letzter Zeit "aktiver" handhabten. Die Folien, die er präsentierte, deuteten darauf hin, dass dieses aktivere Management hauptsächlich über Goldswaps, ein Instrument für heimliche Marktinterventionen, erfolgt. In einer augenscheinlichen Bezugnahme auf die jüngsten Forderungen nach einer Goldrückführung in Deutschland und der Schweiz äußerte sich Gautier gegenüber seinen Zuhörern von der LBMA, dass das, was er als "Auditierbarkeit" bezeichnete, sich "derzeit zu einem kritischen Punkt" für Zentralbankgoldreserven entwickele. (17)

James G. Rickards, einen führenden Praktiker auf dem Gebiet der Kapitalmärkte und der nationalen Sicherheitspolitik der USA, befragte ich Ende 2010 zum verdeckten Goldpreismanagement. Rickards hat leitende Positionen u. a. bei Citibank, RBS Greenwich Capital Markets, OptiMark sowie Tangent Capital Partners bekleidet und war der Hauptverhandlungsführer der von der NY Fed unterstützten Rettung von Long Term Capital Management (LTCM) im Jahre 1998. Ferner trug er 2009 zur Organisation und Durchführung einer Finanzkrieg-Simulation des Pentagon bei, der ersten ihrer Art. (18)

Rickards erklärte mir in dem Interview, dass Zentralbanken von sich gerne behaupteten, sie unterhielten keinerlei Aktivitäten im Goldmarkt, und dass sie beliebten, die Rolle von Gold in internationalen Finanztransaktionen herunterzuspielen. (19)

James G. Rickards: Doch tatsächlich sind sie aktiv. Dafür haben wir unlängst Belege gefunden, und zwar im letzten Jahresbericht der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich, der BIZ mit Sitz in Basel (Schweiz). Dort wurden in einer Fußnote zum Abschluss Goldrückkaufvereinbarungen, im Prinzip Golddarlehen, über wenigstens mehrere hundert Tonnen Gold ausgewiesen. (20) Wir wissen, dass die BIZ als Agent ihrer Mitglieder auftritt, darunter Deutschland und die Vereinigten Staaten.

Das heißt, es finden Zentralbank-Goldaktivitäten über die Einrichtungen und die Zwischenschaltung der BIZ statt. Das ist definitiv nachweisbar, aber wir wissen nicht, welche Länder dahinterstecken. Ob es die Vereinigten Staaten oder Deutschland sind, darüber habe ich keine Informationen. Aber sie haben die beiden größten Bestände und es erfolgen Zentralbankaktivitäten über die BIZ. Daher könnte man vermuten, dass die Vereinigten Staaten und Deutschland etwas damit zu tun haben, aber ich habe keine Beweise dafür. Wir haben nur indirekte Belege.


Lars Schall: Wie Sie schon festgestellt haben, sind Zentralbanken im Allgemeinen geheimnistuerisch. Warum trifft das insbesondere zu, wenn es um Gold geht?

James G. Rickards: Weil, wenn Sie versuchen, den Markt zu manipulieren, gilt: Je mehr Geheimhaltung, desto besser.

Lars Schall: Stimmt, und Sie glauben, dass sie den Markt manipulieren?

James G. Rickards: Ja, ich denke, das machen sie seit mindestens 60 Jahren. Die Zentralbanken betrachten es nicht als Manipulation, sie halten es für einen Teil ihrer Aufgabe oder Politik. Aber aus Marktsicht lässt es sich am besten als eine Form der Marktmanipulation betrachten.

Lars Schall: Wie würden Sie die Goldpolitik von China und Russland kommentieren?

James G. Rickards: Nun, ihre Politik ist sehr klar, sie müssen Gold kaufen. Betrachten Sie irgendeine Messgröße: das absolute Eigentum an Gold, Gold als Prozentsatz der Reserven, Gold in Prozent des BIP - wenn Sie eine beliebige Messgröße nehmen, bei der Gold mit der Wirtschaftsaktivität verglichen wird, sind Länder wie die Vereinigten Staaten und Deutschland sehr stark und Länder wie China und Russland sehr, sehr schwach. China ist auf dem Papier ein Tiger, aber bei Gold ein Zwerg. Ich schätze, dass Russland über 1.000 Tonnen und China über 3.000 Tonnen kaufen muss, um eine Goldparität mit den Vereinigten Staaten von Amerika herzustellen.

Angenommen, das Goldpreismanagement des Westens sorgt dafür, dass der Goldpreis nach unten beeinflusst wird, dann kaufen China und Russland das Gold, das sie nunmehr seit Jahren stetig erwerben, zum Diskontpreis. Wie beim Jiu-Jitsu wird die Energie, die der Widersacher aufwendet, gegen ihn gerichtet, um ihn zu Boden zu ringen. In China scheint man sich der Gold-Gegnerschaft westlicher Zentralbanken bewusst zu sein, wie ein Kommentar nahelegt, der im April 2013 im chinesischen Journal Global Finance veröffentlicht wurde.

In dem Kommentar, verfasst vom stellvertretenden Herausgeber Zhang Jie, der auch als Berater der China Gold Association fungiert, hieß es: "Wenn man Gold kontrollieren will, ist es eine Notwendigkeit, die Fähigkeit zu haben, es leerverkaufen zu können. Eine Zentralbank, die Gold direkt unterdrückt, würde als Marktmanipulator verdächtigt werden. Das Gold-Leasing durch die Zentralbank könnte dagegen unbemerkt stattfinden. Während einer Finanzkrise würde Gold sowohl mehr Geldkraft als auch Vertrauen haben. Die Staaten müssen das Vertrauen in ihre nationalen Währungen kontrollieren und deshalb den tatsächlichen Marktpreis von Gold drücken, der die Wechselkurse beeinflusst." (21)


Fragen der Währung

Unterdessen die Vereinigten Staaten von Amerika im Rahmen des "Global War on Terror" eine Orgie des Schuldenmachens zu Gunsten des Militärs, der Rüstungsfirmen und privater Großbanken feiern, ist China auf der geopolitischen Landkarte, wo mit ökonomischen Mitteln geschickt gekämpft werden kann, eher langfristig orientiert und sucht seine Triumphe im Stillen. Wozu auch die Entwicklung der im Westen viel zu wenig beachteten Shanghai Cooperation Organization (SCO) gehört.

Die Organisation besteht derzeit aus den Mitgliedsstaaten China, Russland, Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan, Usbekistan, Indien, Pakistan sowie Staaten, die einen Beobachterstatus halten: Mongolei, Iran, Afghanistan und Weißrussland. Partner im Dialog sind u.a. die Türkei, Aserbaidschan, Turkmenistan und die Association of Southeast Asian Nations, ASEAN. "Das Ziel ist, die Zusammenarbeit in Politik, Handel und Wirtschaft zu fördern. Als interessante Randnotiz: die Region macht einen signifikanten Anteil an der weltweiten Goldproduktion aus." (22)

Die Mitgliedsstaaten der im Sommer 2001 gegründeten SCO neigen dazu, im Goldmarkt auf der Käuferseite zu stehen und die einheimische Goldproduktion zu großen Teilen im eigenen Lande zu behalten. Die chinesische Zentralbank ist seit Jahren ein überaus emsiger Käufer auf dem physischen Goldmarkt (etwa über den staatlichen Fonds namens SAFE) - und wird es auch bleiben. Zudem arbeitet China sehr eng mit Russland zusammen - ebenfalls ein großer Nettokäufer physischen Golds -, wenn es um Investitionen in gemeinsame Energieprojekte und den Aufbau begleitender Währungs-Swaps geht.

Beim gemeinsamen Handel verzichten China und Russland inzwischen zunehmend auf den Zahlungsverkehr via US-Dollar und vertrauen mehr und mehr auf ihre jeweils eigenen Währungen. Andere Länder tun es ihnen zunehmend gleich. Womit sich allmählich ein stetes Abrücken vom US-Dollar abzeichnet, den wohl auch die Exporteure von natürlichen Ressourcen insgesamt nachvollziehen dürften. In diesem Sinne fragte ich den oben erwähnten US-Finanzanalysten James G. Rickards: "Die spannendste Geschichte in der Zukunft ist für mich der Zeitpunkt, an dem die Länder des Nahen Ostens ihr Öl und Erdgas nicht mehr für Papiergeld verkaufen. Wann denken Sie, werden sie dafür mit Edelmetallen bezahlt werden?"

James G. Rickards: Nun, das ist alles Teil einer Entwicklung weg vom Dollar. Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten. Ich denke, was passieren könnte ist, dass Gold als Preismechanismus verwendet werden wird. In anderen Worten, die Exporteure von natürlichen Ressourcen im Mittleren Osten und auch in Russland könnten beginnen, den Preis ihrer Waren in Einheiten von Gold festzusetzen, aber Dollar akzeptieren, doch das Problem ist natürlich, dass die Dollarmenge nicht behoben werden wird. Einfaches Beispiel: Öl ist derzeit, ich verwende abgerundete Zahlen, rund 100 $ pro Barrel und Gold ist rund 1500 $ pro Unze, es braucht also 15 Barrel Öl, um eine Unze Gold zu erwerben.

Übrigens, wenn man sich das Öl-zu-Gold-Verhältnis anschaut, so ist dieses über einen sehr langen Zeitraum sehr konstant gewesen. Selbstverständlich hat sich der Ölpreis zwischen 30 $ pro Barrel und 150 $ pro Barrel bewegt, und der Goldpreis hat sich zwischen 200 $ pro Unze und 1500 $ pro Unze bewegt, aber wenn man sich das Verhältnis ansieht, schwebt es immer rund um diese Ratio von 15 oder 16 zu 1 herum, und das sagt Ihnen etwas über den wirklichen inneren Wert von Rohstoffen.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"