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Das Goldpreismanagement in Zeiten der Finanzrepression (Teil 3/3)

07.09.2017  |  Lars Schall
- Seite 5 -
Was nun China betrifft, glaube ich, dass sie Mengen an Gold aus dem einfachen Grund kaufen, weil sie die Bedeutung von Gold als Reserve-Vermögenswert erkannt haben, genauso wie die Tatsache, dass die USA natürlich daran interessiert sind, den Dollar als die Reservewährung zu bewahren. Wenn sie jedoch den USA für alle Zeiten erlauben, dies zu tun, macht das ihre Pläne zunichte, eine der führenden politischen Mächte zu werden. Ich glaube nicht, dass China aufgrund seines politischen Systems die Fähigkeit besitzt, eine Währung zu schaffen, die weltweit so attraktiv ist wie der US-Dollar, und deshalb glaube ich, dass sie auf Gold als Möglichkeit gekommen sind, um die Dominanz der USA zu verringern. Gold ist die einzige Währung, die sich mit dem Dollar messen kann. Ich denke, die USA wissen das genauso wie China, und das ist schon einmal ein Vorteil.

Die USA verdienen auch eine Menge daran, dass der Dollar die Reservewährung der ganzen Welt ist, und das gefällt China überhaupt nicht. Vor allem nehmen sie Seigniorage-Einkünfte ein. Dies bedeutet, dass der Wert, der jedes Mal dann geschaffen wird, wenn ein Dollar hergestellt wird, weit höher ist als die Herstellungskosten für den Dollar. In den letzten Jahren haben die USA wahrscheinlich Kaufkraft im Wert von Hunderten Milliarden Dollar gewonnen, indem sie Dollars hergestellt und in der ganzen Welt verteilt haben, und dies ermöglicht es uns, politisch und militärisch viel stärker zu sein, als wir es sonst wären.

Die Chinesen wissen das. Wenn sie also zulassen, dass alles so bleibt, wie es ist, d.h. dollarzentriert, dann wissen sie auch, dass dies die Vereinigten Staaten stärkt. Deshalb bleibt ihnen als einzige Alternative, auf Gold zurückzugreifen, und ich glaube, dass sie genau das tun, und das ist die Motivation hinter ihrer Anhäufung von Goldreserven.


Lars Schall: Aber glauben Sie den offiziell von den Chinesen angegebenen Zahlen, die Goldreserven betreffend?

Avery Goodman: Nicht wirklich. Offen gestanden glaube ich nichts, was die chinesische Regierung sagt. Ich denke nicht, dass es irgendeinen Grund gibt, das zu glauben, was sie sagen. Es könnte eine Menge mehr sein, es könnten Zehntausende Tonnen Gold sein, es könnten aber auch vier oder fünf Tausend sein, oder es könnten so viele sein, wie sie behaupten. Es gibt keinerlei Grund, Ihnen zu glauben oder nicht zu glauben.

In der Vergangenheit hatten sie, was die Wahrheit betrifft, keine gute Bilanz vorzuweisen. Deshalb glaube ich, dass alles, was sie sagen, mit Vorsicht zu genießen ist. Es ist eine Tatsache, dass sie Gold kaufen. Das ist für jeden offenkundig, der im Geschäft tätig ist, der irgendetwas darüber weiß, was sie tun und wie viel sie kaufen. Ich glaube nicht, dass irgendjemand das wissen wird, bis sie bereit sind, es der Welt zu sagen, und ich glaube nicht, dass sie schon so weit sind. Stellen Sie sich einmal vor, was passieren würde, wenn sie der Welt sagen würden, was sie gekauft haben, sagen wir mal, dass sie statt der 1600 Tonnen Gold, die sie zugeben gekauft zu haben, sagen wir, dass sie sagten: "Wir haben 4500 Tonnen Gold", und dabei stehen sie kurz davor, in den IWF aufgenommen werden zu wollen.

Nun ist der IWF aber heutzutage im Grunde eine Anti-Gold-Organisation, seit die USA den Goldstandard aufgegeben haben, und so würde dies im Grund ein direkter Angriff auf die Struktur und Funktion des IWF darstellen, der von den Vereinigten Staaten und Westeuropa dominiert wird, und es würde die derzeitigen Mitglieder, hauptsächlich die Vereinigten Staaten und nachrangig die Westeuropäer, mit der Aussicht bedrohen, dass China viel stärker ist, als sie es gern hätten. Ich denke, sie hielten sich zurück, zum Teil weil sie wollten, dass der Yuan in die Liste der Reservewährungen des IMF aufgenommen wird, den Sonderziehungsrechten (Special Drwaing Rights, SDR).


Lars Schall: Gibt es verschiedene Methoden, die die Chinesen benützen können, um ihr Gold im Wesentlichen zu verbergen?

Avery Goodman: Ich denke, es ist ziemlich einfach, das Gold zu verstecken. Sie haben in ihrer Regierung jede Menge Unterabteilungen. Zunächst einmal brauchen sie schlicht nicht die Wahrheit sagen, und niemand wird wissen, wie viel Gold sie haben, denn niemand geht in ihren Keller, um es zu zählen.

Lars Schall: Es hat keine offizielle Buchprüfung gegeben, richtig?

Avery Goodman: Ich glaube nicht, dass es jemals eine offizielle Prüfung des chinesischen Goldes gegeben hat.

Lars Schall: Ja.

Avery Goodman: Es hat auch seit den 50er Jahren keine offizielle Prüfung des amerikanischen Goldes gegeben. Wir wissen auch nicht, wie viel da vorhanden ist, und ich glaube nicht, dass es jemals zuvor eine Prüfung des chinesischen Goldes gegeben hat.

Lars Schall: Der Yuan wurde kürzlich zu den Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds zugelassen. Was halten Sie davon?

Avery Goodman: Ja, das stimmt. Ich glaube, dass sie sehr daran interessiert waren, in diese Organisation hineinzukommen, weil es Teil ihres Spiels um Macht ist. Dies alles ist eine Sache von Machtpolitik, und Gold im Kontext von nationalen Reserven ist Teil nationaler Politik. Damit ist dies nur ein weiterer Aspekt ihres Versuchs, in der Welt an Macht hinzuzugewinnen. Wenn sie Sonderziehungsrechte bekommen, ist das ein Zuwachs an Prestige. Dann haben sie mehr Mitsprache bei der Arbeit des Internationalen Währungsfonds, und ich glaube, das ist das, was sie wollen.

Ich denke, es ist klar, dass sie das wollen. Ich glaube nicht, dass sie ehrlich und realistisch der Ansicht sind, dass die Sonderziehungsrechte die Reservewährung der Welt werden. Ich denke, dass niemand das zu diesem Zeitpunkt glauben sollte, insbesondere im Hinblick darauf, was gerade mit dem Euro geschieht, weil das dann lediglich ein Super-Euro sein wird, und es wird dasselbe Ergebnis eintreten, wenn sie das tun.


Lars Schall: Ist es für Sie von Bedeutung, dass die Europäer einige Prozentpunkte bei den Sonderziehungsrechten eingebüßt haben, wohingegen die USA lediglich einen sehr geringen Prozentsatz verloren?

Avery Goodman: Nun, ich denke, dass diese Entscheidung etwas war, worüber wir nie wissen werden, warum diese Dinge genau passieren, die Wahrheit dahinter. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass es wirklich wichtig ist, außer in punkto Prestige. Ich denke, es bedeutet viel für die Chinesen, dass sie das Gefühl haben, angekommen zu sein und Teil des Systems zu sein, während es den Europäern vermutlich nicht besonders viel ausmacht, weil sie wissen, dass diese Sonderziehungsrechte von einem praktischen Standpunkt aus betrachtet nicht wirklich wichtig sind. (…)

Was die Chinesen wirklich wollen, ist, die Rohstoffpreise in Yuan festzusetzen, und ich glaube, sie werden ihre Dominanz, ihre mögliche Dominanz am Goldmarkt dafür nutzen, den Wert ihrer Währung im Verhältnis zum US Dollar zu bestimmen - mit der Behauptung, dies am freien Markt zu tun. Wenn sie zum Beispiel den Goldmarkt kontrollieren und der Handel mit Rohstoffen genauso in Yuan wie in Dollars bewertet wird, dann können sie durch Gold den Wert des Yuan im Vergleich zum Dollar beliebig neu festsetzen, ohne tatsächlich einen festen Kurs anzugeben. Ich denke, dass ist letztlich ihr Ziel.


Lars Schall: Könnten Sie diesen Mechanismus bitte näher erläutern?

Avery Goodman: Nun, wenn sie den Goldmarkt kontrollieren und wenn der Wert von Gold zum Beispiel sowohl in Dollar als auch Yuan festgesetzt wird - und wenn es ein dem internationalen Handel zugänglicher Markt ist, was die Börse in Shanghai noch nicht ganz ist, aber gemäß ihren Plänen in nicht allzu ferner Zukunft sein wird -, dann wird der Goldpreis im Verhältnis zum Yuan angeblich durch die Kräfte des freien Marktes festgesetzt. Der Dollarpreis basiert auch angeblich auf den Kräften des freien Marktes. Wenn die Chinesen also die Macht haben, die Preise am Goldmarkt festzusetzen und sie dann über ihre Staatsbanken beschließen, den Wert des Yuan in Relation zum Gold zu ändern, dann ändert sich augenblicklich auch der Wert des Yuan in Relation zum Dollar. Ich denke, das ist es letztlich, was sie wirklich wollen. (50)

Einen erheblichen Kapitalfluss in Richtung chinesischer Zentralbank und eine Stärkung der heimischen Währung konnte Peking durch die Aufnahme des Yuan in die Sonderziehungsrechte des Internationalen Währungsfonds im Oktober 2016 erwarten. Im Vorfeld stieß Peking daher in einigem Umfang US-Staatsanleihen ab. So wurde Tu Yonghong, die Direktorin des International Monetary Institute der Renmin University of China, mit den Worten zitiert: "Mehr als ein Viertel des grenzüberschreitenden Handels Chinas wird mit dem Renminbi abgewickelt, und nachdem der Yuan offiziell in die SDR aufgenommen wurde, werden mehr Länder und Regionen den Yuan als Abrechnungswährung im Handel mit China akzeptieren Deshalb müssen wir die riesige Menge an Währungsreserven allmählich senken."

Außerdem sagte sie: "Nach der offiziellen Einbeziehung des Yuan können einige Zentralbanken ihr Yuan-Portfolio erhöhen, um ihre Devisenreserven zu diversifizieren", und von daher sei es "notwendig, dass das Land einige Vorbereitungen trifft oder strukturelle Anpassungen seiner Devisenreserven vornimmt." (51) Im Zusammenhang mit der Aufnahme des Yuan in den Sonderziehungsrechte-Währungskorb des IWF gaben "zahlreiche Finanzinstitute (…) Schätzungen über die globalen Reserven" ab, "die zu chinesischen Vermögenswerten wechseln werden, nachdem der Yuan eine Reservewährung geworden ist". Morgan Stanley erwartete beispielsweise "globale Zuflüsse von bis zu 2 Billionen Dollar über 10 Jahre, wobei die meisten von Zentralbanken kommen". (52)


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