UK fordert! - Jackson Hole war im Vorwege überbewertet...
28.08.2017 | Folker Hellmeyer
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Großbritannien fordert von der Europäischen Union bei den Austrittsverhandlungen mehr Flexibilität und Fantasie. Seitens Londons strebt man an, sich auf die künftigen Beziehungen und nicht primär auf die Austrittsmodalitäten zu konzentrieren. Das UK fordert schon seit langer Zeit Sonderbehandlungen, die am Ende von den anderen Mitgliedern der Gemeinschaft zu zahlen sind. Das ist nicht länger tolerierbar, wenn man sich als EU nicht vollständig in Frage stellen lassen will.
Diese Politik, die seit Maggie Thatchers legendärer Einlassung in Brüssel (1984- Britenrabatt) - "I want my money back!" - in wesentlichen Teilen das Verhalten der UK-Regierungen dominierte und offensichtlich weiter dominiert, entspricht nicht den Anforderungen, die die Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft und Union stellt.
Zu dieser Forderung des UK sind nur folgende Repliken zulässig:
1. Man kann als austretendes Land um eine Behandlung bitten, sie zu fordern, ist mindestens ambitioniert, so weit zum Stil.
2. Wer aus einer Gemeinschaft austritt, muss sich den Regeln des Austritts unterwerfen. Wer glaubt als Mitglied einer Gemeinschaft im Austritt die Regeln zu Lasten der Gemeinschaft bestimmen zu können, muss auf den Boden der Realität zurückgeholt und verankert werden.
3. Es geht nicht um einen harten, sondern lediglich einen regelbasierten Brexit. Wer den als hart definiert, verlässt den Boden der Sachlichkeit und der mehr noch der Fairness.
Wie gebannt starrte der Finanzmarkt doch auf das Treffen der Großkopferten der Zentralbankszene in Jackson Hole. Das war leider hinsichtlich der gebotenen Verbalakrobatik nicht angemessen.
Janet Yellen, ihres Zeichens Notenbankchefin der Federal Reserve, mühte sich, Forderungen zu stellen, dass das Dodd-Frank Reformwerk durch die Regierung Trump nicht zu sehr zurückgestutzt würde. Da stimen wir ihr zu. Es ist ja schlussendlich durchaus ehrenhaft, Lernkurven aus der Vergangenheit ernst zu nehmen.
Bezüglich der weiteren Zinspolitik der Federal Reserve tönten am Freitag laut die Gouverneure Kaplan und Mester, die falkenhafte Äußerungen auf den Marktplatz der Eitelkeiten der Zentralbanker warfen, ohne dabei den strukturellen und auch konjunkturellen Schwächesignalen der US-Wirtschaft auch nur 5 Cent an Aufmerksamkeit zu widmen.
Frau Yellen äußerte sich überhaupt nicht zu diesem Themenkomplex. Der Markt interpretierte das als Indiz für eine zurückhaltende zukünftige Ausrichtung bei den zu erwartenden Zinsanpassungen. Das erscheint sensibel zu sein. Der Markt quittierte ihre Einlassungen mit USD-Verkäufen.
Mario Draghi lieferte keine neuen Erkenntnisse:
- Eurozone sei auf konjunkturellem Erholungskurs
- Die Inflationsentwicklung sei noch nicht am Ziel
- Der ultralockere Kurs der EZB sei weiter angemessen
- Protektionistischen Bestrebungen sei zu widerstehen
Ja, in der annualisierten Fassung wächst die Eurozone mit 2,4% im ersten Halbjahr. Das hat selbst die EZB Ende 2016 nicht in zärtesten Ansätzen prognostiziert, aber es reicht nicht, nein, es reicht nicht, ernsthaft frühzeitig die ultralockere Zinspolitik zur Disposition zu stellen, obwohl maßgeblich wiederkehrende Einkommen diesen Wachstumspfad bestimmen (im Gegensatz zu USA und UK – Qualitätsaspekt der wirtschaftlichen Expansion!).
Ja, es gibt keine virulenten Deflationsgefahren mehr, aber das Dogma, die Ideologie, das 2% Ziel in der Preisinflation zu erreichen, bestimmt den intellektuellen Diskurs der westlichen Zentralbankgemeinde, der Medien und der Kollegen, der sachlich viele Fragezeichen aufwirft!
Eine dieser sachlichen Fragen lautet: Ist das Ziel von 2% passend für Wirtschaftsräume mit wachsender, mit stagnierender oder mit sinkender Bevölkerung? Ja, jetzt lächeln einige wirkliche Profis meiner Szene. Das war auf den Punkt und ist auch verständlich jenseits des Profilagers.