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Gold ist die verlässliche Währung in unsicheren Zeiten

04.09.2017  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Abb. 5 zeigt den Verlauf des Goldpreises und mit zwei Risikoprämien, die für den US-Aktienmarkt errechnet wurden. Im betrachteten Zeitfenster zeigt sich tendenziell ein positiver Zusammenhang: Das Ansteigen der Risikoprämien ging einher mit einem Ansteigen des Goldpreises und umgekehrt. Allerdings erweist sich der Verbund der beiden Zeitserien nicht immer als sehr eng. Das kann daran liegen, dass das hier verwendete Modell für die Risikoprämien zu ungenau ist.

Zudem ist zu beachten, dass der Goldpreis zu jedem Zeitpunkt nicht nur von einem, sondern von mehreren Faktoren bestimmt wird. Das heißt, die Wirkung der Risikoprämie auf den Goldpreis kann zuweilen von anderen Faktoren überlagert beziehungsweise neutralisiert worden sein.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. Risikoprämie [1]: Ermittelt anhand des 5-jährigen US-Zinses, Risikoprämie [2]: Ermittelt anhand des US-Leitzinses.


Probleme bei der Risikomessung

Wie die vorangehenden Überlegungen gezeigt haben, ist die Bestimmung der Risikoprämie alles andere als eine einfache Sache. Der Grund ist vor allem darin zu sehen, dass die Zentralbanken mit ihren Geldpolitiken die Preise in vielen Finanzmarktsegmenten, vor allem im Zinsmarkt, verzerrt und verfälscht haben, so dass eine verlässliche Risikoabschätzung schwierig beziehungsweise nicht mehr möglich erscheint: Es ist damit zu rechnen, dass die Größen, die üblicherweise bisher als Risikomaß dienten, ihre Aussagekraft eingebüßt haben.

Das ist für sich genommen selbst ein großes Risiko. Man bedenke nur einmal, dass die Risikopositionen in der Banken- und Finanzwelt auf Basis vergangener Kursschwankungen ermittelt werden. Werden die Kursschwanken künstlich reduziert, weil die Zentralbank die Zinsen auf extreme Tiefstände drückt und strauchelnde Schuldner mit jeder erforderlichen Geldmengenausweitung über Wasser hält, werden die wahren Risiken unterschätzt - und das Finanzsystem steht auf wackeligeren Beinen, als es die Risikokennzahlen nahelegen.


Schätzung des Goldpreises

Im Rahmen einer Datenanalyse haben wir versucht, den langfristigen Verlauf des Goldpreises anhand von einigen fundamentalen Faktoren zu erklären. Dazu zählen die US-amerikanische Geldmenge M2, der reale (das heißt inflationsbereinigte) Leitzins der US-Zentralbank sowie der Zinsabstand zwischen schlechten und guten Schuldnern im US-Unternehmenssektor. Das Ergebnis der Analyse ist in Abb. 6 dargestellt. Sie zeigt die Abweichungen des tatsächlichen Goldpreises vom geschätzten (oder langfristigen Gleichgewichts-)Wert in US-Dollar pro Feinunze.

Die Schätzung wirft einen Punktwert von 1.415 US-Dollar pro Feinunze aus. Das heißt, unter der aktuellen Datenlage müsste der Goldpreis sich (über kurz oder lang) auf diesen Preis einpendeln, vorausgesetzt, die bisher beobachtbare Beziehung zwischen Goldpreis und den ihn bestimmenden Faktoren hat sich nicht verändert. Allerdings ist der Unsicherheitsbereich (die Schwankungsbreite) des Schätzwertes beträchtlich: "oben" liegt er bei 1.608 US-Dollar pro Feinunze, "unten" bei 1.222 US-Dollar pro Feinunze. Mit anderen Worten: Der aktuelle Goldpreis scheint derzeit "billig" zu sein.

Dieser Befund bedarf allerdings zwei weiterer Anmerkungen. (1) Die Verzerrung der Kreditmarktkonditionen durch die Geldpolitik (die seit dem Ausbruch der Finanz- und Wirtschaftskrise eingesetzt hat) dürfte am äußeren Rand der Schätzung tendenziell zu einem zu niedrigen Ausweis des richtigen Goldpreises geführt haben.

(2) Die Möglichkeit, dass sich die Problemlage im internationalen Geld- und Kreditsystem (wieder) dramatisiert, wird nicht ausreichend und umfassend durch die Schätzung abgebildet. Mit anderen Worten: Sollte es zu einer neuerlichen Eskalation in den Kreditmärkten kommen (und sie sind im wahrsten Sinne des Wortes die "kritischen Märkte"), könnte der von uns verwendete Schätzungsgleich rasch "instabil" werden - mit der Folge, dass sie das Preissteigerungspotential des Goldes (sehr stark) unterschätzt.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Geschätzt für die Periode Januar 1971 bis July 2017 auf Basis der US-Geldmenge, dem realen US-Kurzfristzins und einer Kreditmarktvariable. Weiße (graue) Fläche: Goldpreis ist überbewertet (unterbewertet).


Unsere (vorsichtigen) Schätzungen legen nahe, dass der aktuelle Goldpreis mittlerweile "recht billig" geworden ist, und dass es vor allem für langfristig orientierte Anleger attraktiv ist, Gold zu halten - als Währung und als Portfolio-Versicherung.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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