Im Fegefeuer der Absurditäten
24.11.2017 | John Mauldin
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Es ist unmöglich vorherzusagen, wie die Märkte auf diese beiden Ereignisse reagieren werden, geschweige denn auf beide gleichzeitig. Mir scheint das der Gipfel geldpolitischen Wahnsinns zu sein.Die wirtschaftlichen Stimulierungsmaßnahmen der Fed manifestierten sich unter anderem in einem nur knapp über Null liegenden Zinsniveau, und das über Jahre hinweg. Die folgende Grafik von Peter Boockvar illustriert das sehr schön:
Wir haben diese verblüffenden Experimente alle selbst erlebt, aber es ist schon erstaunlich, wenn man bedenkt, dass die Fed die kurzfristigen Zinssätze 2007-2008 in nur fünf Quartalen um volle fünf Prozentpunkte gesenkt hat. Heute zerbrechen wir uns den Kopf darüber, ob sie die Zinsen um gerade einmal halb so viel wieder erhöht, verteilt über mindestens fünf Jahre. Die enorme Zinssenkung konnte den Beinahe-Zusammenbruch des Bankensystems übrigens auch nicht verhindern. Man kann natürlich argumentieren, dass es noch schlimmer gekommen wäre, wenn die Notenbank gar nichts getan hätte. Und man kann ihr schlecht vorwerfen, dass sie nicht alles versucht hätte.
Das alles betrifft jedoch nicht nur die US-Notenbank. Die Europäische Zentralbank und die Bank of Japan haben ihre Bilanz sogar noch stärker erhöht als die Fed. Im Verhältnis zum BIP ist die Bilanz der Bank of Japan fast fünfmal so groß wie die der Fed. Und sie wächst weiter. Der nächste Chart stammt von Dr. Ed Yardeni:
Diese verrückten Schweizer
Die vernünftigeren (hah!) Funktionäre der Schweizer Nationalbank haben ihre eigene Bilanz unterdessen viel gleichmäßiger erhöht. Prozentual gesehen haben sie die Summe jedoch noch stärker aufgebläht als die Fed oder die Bank of Japan. Deshalb ist die Schweizer Nationalbank jetzt der größte Hedgefonds der Welt.
Dennis Gartman schrieb mir zu diesem Thema gestern Folgendes:
"Wir haben oft über die Tatsache berichtet - und es ist definitiv eine Tatsache - dass die Schweizer Nationalbank effektiv die Zentralbank des Landes und gleichzeitig einer der größten, wenn nicht gar der größte Hedgefonds der Welt geworden ist. Dieser Prozess begann vor einigen Jahren, als die SNB schwor, alles in ihrer Macht Stehende zu tun und alle ihr zur Verfügung stehenden Methoden zu nutzen, um den Schweizer Franken gegenüber dem Euro und dem US-Dollar abzuwerten. Bis jetzt ist ihr das gelungen. Sie hat Schweizer Franken aus dem Nichts erschaffen, gegen Euros oder Dollars verkauft, und diese Währungen dann wiederum zum Kauf von europäischen oder amerikanischen Aktien und Anleihen verwendet.
Die Bilanz der SNB beläuft sich auf 813 Milliarden CHF (ca. 813 Milliarden $), was in etwa 125% des Schweizer BIP entspricht. Die Bilanz der Fed entspricht mit 4,5 Billionen $ dagegen nur 25% des amerikanischen BIP. Anders gesagt: Wenn die Fed für ihre expansive Geldpolitik kritisiert wird, dann sollte man erwähnen, dass die SNB eine regelrecht explosive Strategie verfolgt!
Von den 813 Milliarden CHF in der Bilanz der Zentralbank werden 760 Milliarden in Form von Wertpapieren gehalten, wovon wiederum 90 Milliarden CHF in Aktien investiert sind. Die anderen 670 Milliarden CHF sind Schuldtitel in Euro und US-Dollar.
Bislang brachte das der SNB - und theoretisch auch der Landesbevölkerung - beeindruckende, fast unvorstellbare Gewinne. Das Problem ist nur, dass es der Zentralbank extrem schwer fallen dürfte, dieses gigantische Portfolio zu liquidieren, denn sobald sich die Nachricht verbreitet, dass die SNB verkauft, werden die Käufer vom Markt verschwinden. Der Schweizer Franken wird in die Höhe schießen, während die Kurse an den Aktien- und Anleihemärkten dahinschmelzen.
Was die SNB getan hat, ist wirklich erstaunlich. Manche haben es als "fast schon kriminell" bezeichnet. Wir möchten darauf hinweisen, dass die Führung der SNB keineswegs kriminell gehandelt hat und alle beschlossenen Maßnahmen eindeutig innerhalb der legalen Möglichkeiten der Zentralbank liegen. Aus philosophischer Sicht war ihr Vorgehen jedoch falsch, und zwar grundlegend falsch. Diese geldpolitischen Lockerungen sind völlig fehlgeschlagen.
Eine vergleichbare Strategie verfolgt nur die Bank of Japan, die offen an den Währungsmärkten und am Tokioter Anleihe- und Aktienmarkt handelt, regelmäßig ETF-Anteile kauft und langsam zu einem der größten öffentlichen Aktionäre Japans wird. In diesen beiden Ländern sind die Zentralbanken auf einem vollkommen falschen Kurs. Der Wahnsinn wird ein Ende haben, wenn die Aktienkurse einbrechen."