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Die Spielregeln der Goldwährung

21.04.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Nicht nur, daß automatisch durch das Abströmen des Goldes die Umlaufsmenge wieder zurückgeht, sondern es wird das Land durch den Goldverlust auch daran gemahnt, in der Kreditgeldschöpfung zurückhaltender zu sein. Es kann auf diese Art kein Land isoliert eine inflationistische Politik betreiben, da es sonst Gefahr läuft, seinen Goldschatz zu verlieren. Solange es anderseits keine anderen Arten der Geldschöpfung befolgt, braucht kein Land zu fürchten, daß es sein Gold verliert.

Das Gold strömt immer vom Land der relativ höheren Preise in die Länder der relativ niedrigeren Preise und durch das Abströmen des Goldes wird auch gleich jener Druck hervorgerufen, der die relative Preiserhöhung wieder beseitigt. Nochmals mit anderen Worten: das Gold strömt aus dem Land, das zuviel Bankkredite gewährt, in die Länder, die damit vorsichtiger sind.

Die Spielregeln der Goldwährung sind also recht einfach. Jedes Land, das “mitspielt”, ist genötigt, sich in seiner Kreditgeldschöpfung nach den anderen zu richten; wer seinen Zinsfuß künstlich ermäßigt und zuviel Kreditgeld (z. B. durch Wechseldiskontierung) schafft, verliert Gold und muß geschwind wieder mit dieser freigebigeren Kreditpolitik aufhören, sonst muß er aus dem Spiele ausscheiden, d. h. er verliert alles Gold oder tritt freiwillig aus der Reihe der Goldwährungsländer.

In den letzten Jahren haben einige der Währungspolitiker die Spielregeln anders auslegen wollen. Wenn der Mechanismus der Goldwährungen das Gold aus einem Land ins andere treibt, dann sollte ihrer Ansicht nach nicht das Goldausfuhrland zu einer vorsichtigeren Kreditpolitik (Zinsfußerhöhung) übergehen müssen, sondern das Goldeinfuhrland sollte seinerseits in der Kreditgewährung freigebiger werden. Man sollte sich also nicht mehr nach den zurückhaltenden, sondern nach den großzügigeren Notenbanken richten.

Wenn Gold aus England nach Frankreich strömte (bevor noch England den Goldstandard aufgegeben hatte), so hätte nach den alten Regeln in England der Diskontsatz erhöht werden müssen. England war nicht geneigt, das zu tun, und wollte, daß Frankreich lieber seinen Diskontsatz ermäßige, damit durch eine verstärkte französische Kreditgeldschöpfung der Goldzustrom nach Frankreich zum Stillstand gebracht werde.

Diese neuen Spielregeln, die als “Kooperation (Zusammenarbeit) der Notenbanken zurErleichterung internationaler Kreditinflation” bezeichnet werden können, sind zweifellos wider den Geist des Goldwährungssystems. Der sogenannte “Kampf um die zu kurze Golddecke”, den die verschiedenen Notenbanken miteinander führten, war gerade eine der wichtigsten Erscheinungen des Goldwährungssystems, weil die einzelnen Notenbanken dadurch zu größerer Vorsicht gegenüber den Lockungen der Kreditausdehnung veranlaßt wurden.

Die Geldmenge ist anderseits beim System des Goldstandards auch nicht ganz starr. Abgesehen von der immerhin noch bestehenden, wenn auch beschränkten, Elastizität des Notenbankkredits, wird die Geldmenge auch durch die neue Produktion des Goldes vergrößert. Die Goldproduktion ist gering im Verhältnis zur bereits existierenden Goldmenge. Das ist gerade der Vorteil des Goldes als Währungsgrundlage, daß der Weltvorrat nur um wenige Prozente im Jahr größer wird. Man hat errechnet, daß der Zuwachs lange Zeit hindurch durchschnittlich 3% jährlich betragen hat. Man befürchtete mitunter, daß der Zuwachs - also die Neuproduktion von Gold - geringer werden könnte.

Man glaubte, daß die Zunahme der sonstigen Warenerzeugung 3% jährlich betrage und daß es “deflationistisch” wirke, wenn die Goldproduktion nicht 3 % des Goldvorrats erreichte. Diese Befürchtung ist unbegründet. Solange die Goldproduktion ausreicht, den industriellen Goldbedarf - für Zahnplomben, Schmuckstücke usw. - und den neuen Hortungs- und Kassenhaltungsbedarf zu decken, solange wird kein Gold der Funktion als Umlaufsregler entzogen und solange ist auch von einer störenden Deflation keine Rede. (Vor Preissenkungen infolge von Produktionsverbilligung braucht man sich nicht zu fürchten, da daraus keine Krisen entstehen können.)

Auch die Klagen über die “schlechte” Goldverteilung sind nicht begründet. Wenn die Länder A, B, C, D und E alle gleich viel Gold besessen und dann A, Bund C durch Bankkredite den Zinsfuß künstlich niedriger gehalten hätten, so wäre das Gold nach D und E geströmt. Das Gold ist hernach ungleichmäßig verteilt, aber weitere Folgen hat das nicht. Zurück nach A, Bund C ginge das Gold nur, wenn diese Länder eine Deflationspolitik oder wenn D und E mit einer Inflation beginnen würden.

Keiner von beiden Wegen hätte Vorteile für die Wirtschaftslage. Die ungleichmäßige Goldverteilung - als bereits vollzogene Tatsache - schadet niemandem, sie verurteilt die goldarmen Banken höchstens zu noch größerer Enthaltsamkeit vor übermäßigen Kreditausdehnungen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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