Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Der italienische Krisenauslöser

08.06.2018  |  John Mauldin
- Seite 2 -
Aber dann willigte dieser ein, dass Savona, den er aufgrund seiner Anti-Euro-Ansichten erst Tage zuvor als potentiellen Finanzminister ablehnte, der neue Europaminister wird. Wenn Sie verwirrt sind, dann erinnern Sie sich daran, dass es sich hierbei um Italien handelt. Alles hier ist verwirrend, außer das Essen.


Fatale Mängel

Italien ist nicht Europas einziges Problem. Der große Häuptling ist hier klar Deutschland, das mehrere Jahre damit zubrachte, dem Rest des Kontinents großzügige Kredite anzubieten, um den Kauf deutscher Waren zu bewerben. Das Ergebnis: ein gigantischer Handelsüberschuss für Deutschland und gigantische, unbezahlbare Schulden für diejenigen, die deutsche Waren gekauft haben. Griechenland, zum Beispiel.

Aber ein Großteil dieser Schulden befindet sich in der Bilanz der europäischen Banken. Die Ratingagentur S&P änderte ihre Bewertung der Deutschen Bank erst kürzlich auf BBB+. Das ist nur einige Stufen über dem Schrottstatus. Und wenn es in Italien Probleme gäbe? Dann würden die Ratings vieler deutscher Banken unter den Schrottstatus fallen. Wird Deutschland zulassen, dass die Deutsche Bank kollabiert? Natürlich nicht. Aber es ist äußerst fraglich, ob man die Aktionäre der Bank gleichermaßen unterstützen würde.

Spanien ist noch kein ganz so hoffnungsloser Fall wie Italien, aber die Banken des Landes befinden sich sicherlich auf wackeligem Grund. Die spanischen Gesetzgeber führten diese Woche ein Misstrauensvotum gegen die konservative Regierung von Ministerpräsident Rajoy durch und setzten stattdessen einen sozialistischen Ministerpräsidenten ein. Die spanische Wirtschaft hat sich tatsächlich verbessert; andere Probleme verursachen jedoch politische Instabilität.

Das Vereinigte Königreich geht noch immer seinen Weg in Richtung Brexit. Das beeinflusst den Euro zwar nicht direkt, ist aber nichtsdestotrotz störend.

Im Großen und Ganzen ist Europa größtenteils stabil, besitzt jedoch Problemstellen wie Italien. Es müsste nur ein Teil kollabieren, um die gesamte Struktur zu Fall zu bringen. Das ist der Grund, warum wir beobachten konnten, wie die Rendite der italienischen 2-Jahres-Staatsanleihe innerhalb weniger Tage von unter Null auf beinahe 3% steigt und dann in den nächsten Tagen auf unter 0,8% fällt. Das ist ernsthafte Volatilität.

Open in new window

Das ist nicht normal und passiert üblicherweise nicht innerhalb einer Währungsunion, in der alle Mitglieder dasselbe Ziel verfolgen. Und das ist das Problem: Die europäischen Regierungen verfolgen unvereinbare Interessen und vertrauen einander aus diesem Grund auch nicht. Durch Geschichte und Geografie ist der Kontinent zufällig in dutzende konkurrierende Wirtschaften, Sprachen und Kulturen geteilt. Einheit ist schon lange ein Traum gewesen, aber eben nur ein Traum. Kriege zu vermeiden ist schon schwer genug.

Die Euro-Währungsunion besitzt fatale Mängel, da jedes Mitgliedsland seine eigene Fiskalpolitik festlegen kann. Dafür gibt es zwar gute Gründe, aber es ist auf unbegrenzte Zeit einfach nicht tragfähig. Die Eurozone muss entweder zentralisierter werden oder auseinanderbrechen. All diese Rube-Goldberg-Vorrichtungen, die die EZB und andere Institutionen entwickelt haben, sind nur temporäre Lösungen. Bisher haben sie funktioniert. Das werden sie jedoch nicht auf ewig tun. Und das bringt uns zur neusten Kuriosität.


Parallelwährungen

Die Situation in Italien könnte das zerbrechliche Vertrauen, das Europa zusammenhält, zerstören, und die führenden Parteien schmieden eventuell schon entsprechende Pläne. Die Diskussionen zwischen Lega Nord und der Fünf-Sterne-Bewegung befassten sich u. a. mit einer Idee, die "Mini-BOT" genannt wird, und die quasi als Parallelwährung fungieren würde.

Die BOT ist Italiens Staatsanleihe und dient im elektronischen Handel, wie in den USA, als eine Art Barmittel. Die Mini-BOT wäre ein Schuldeninstrument der Regierung, in Papierform, auf das man keine Zinsen erhält und das niemals fällig wird. Die Regierung würde es dazu verwenden, Sozialleistungen zu zahlen und als Steuerzahlung akzeptieren. Private Unternehmen müssten es nicht akzeptieren, könnten dies jedoch auf freiwilliger Basis.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Weitere Artikel des Autors


Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"