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Der italienische Krisenauslöser

08.06.2018  |  John Mauldin
- Seite 3 -
Private Geschäfte und Einzelpersonen würden die Mini-BOT ebenso, theoretisch, als eine Methode zur Steuerzahlung kaufen - aber zu einem reduzierten Preis. Also würden Händler rasch eine Arbitrage etablieren, bei der diejenigen, die Sozialleistungen erhalten, diese mit einem Abschlag von 5% oder 10% gegen Euro tauschen könnten. Der ehemalige Ministerpräsident Silvio Berlusconi, der in Italien noch immer über großen Einfluss verfügt, beharrt darauf, dass dies legal sei.

Die Lega Nord erkennt einen Weg, den Übergang aus dem Euroraum zu erleichtern und die Fünf-Sterne-Bewegung sieht hierbei eine Möglichkeit, die Ausgaben zu erhöhen, ohne Euroschulden aufnehmen zu müssen. Und da die neue Koalitionsregierung das Haushaltsdefizit durch eine Kombination von Steuerkürzungen und zunehmenden Ausgaben um den Euro-Gegenwert von 180 Milliarden Dollar erhöhen möchte, wird dieser Vorschlag ernsthafter diskutiert.

Die Mini-BOT könnte für viele Transaktionen zu einer praktischen Alternative zum Euro werden. Wie ich gelesen habe, könnten die anderen Länder der Eurozone das kaum unterbinden, da der Euro noch immer die einzige formelle "Währung" bleiben würde. Und andere mediterrane Länder würden dieses Experiment beobachten und sich dann selbst in diese Richtung bewegen.

Sie können sich vorstellen, wohin das führt. Italien wäre vielleicht in der Lage die Mini-BOT zu verwenden (oder lassen Sie uns ehrlich sein und sie die neue Lira nennen), um Mehrausgaben ohne Neuverschuldung zu finanzieren, und ohne die Regeln der Eurozone zu brechen. Das könnte letztlich den Euro entwerten und die Eurozone spalten. Deutschland müsste gehen. Und von diesem Zeitpunkt an kann man sich seine eigene neue Karte zeichnen.

Ist es das, was die italienischen Populisten wollen? Einige von ihnen, ja. Aber ich denke, dass ihre Führungspersonen wissen, dass sie nicht so weit gehen dürfen. Es ist viel wahrscheinlicher, dass sie diese Idee als Druckmittel ansehen - eine plausible Drohung, die dazu verwendet werden kann, Zugeständnisse von der EZB und den Oberhäuptern der anderen Eurozonen-Ländern zu erhalten. Die Griechen taten etwas Ähnliches 2015 und es scheiterte. Ich denke, dass Italien hier bessere Karten hat.

Aber es wird noch gruseliger, wenn man darüber nachdenkt, wie das passieren könnte. Sollte sich die neue Regierung Italiens dazu entschließen, eine Parallelwährung einzuführen, wird sie dies wahrscheinlich ohne Vorwarnung tun. Sich verfrüht zu verraten, würde eine Kapitalflucht verursachen und die Vorteile vermindern. Wir könnten wortwörtlich eines Morgens aufwachen und dann erfahren, dass die Lira zurück ist (oder etwas Ähnliches) und Deutschland die Eurozone verlässt. Stellen Sie sich vor, wie die Märkte reagieren würden.

Ich denke, dass dieses Szenario unwahrscheinlich ist, aber es deutet noch auf etwas anderes hin. Während die kommende Schuldenkrise heranreift, werden den Führungspersonen und Zentralbankern immer weniger Handlungsmöglichkeiten bleiben. Ich bin immer wieder erstaunt von ihrer Kreativität, aber auch die hat Grenzen. Man kann nicht ewig versuchen, das Problem auszusitzen.

Irgendwann muss eine Entscheidung getroffen werden. Wenn Ihre einzigen Möglichkeiten aus "unmöglich" und "schrecklich" bestehen, wählen Sie Letzteres. Wir werden beobachten können, wie zuvor undenkbare Ideen ernsthaft in Betracht gezogen und manches Mal sogar realisiert werden, da alle anderen Möglichkeiten noch schlimmer wären.


Die Vergemeinschaftung der europäischen Schulden

Hier liegt das Problem, das sich zusammenbraut: Deutschland und die anderen nördlichen Länder, aber vor allem Deutschland, profitierten enorm vom Euro-Regime. Sollte sich die Eurozone spalten, würde Deutschlands BIP plötzlich tief einbrechen. Die Hälfte der deutschen Wirtschaftsleistung basiert auf Exporten. Des Weiteren würde die neue deutsche Währung stärker werden, was zusätzlich Druck auf deutsche Exporte ausüben würde.

Die Italiener haben keine Lösung für ihr Schuldenproblem. Griechenland befand sich in einer siebenjährigen Depression. Und auch wenn sich die Situation in einigen der anderen Länder gebessert hat, so lassen die Arbeitslosenzahlen im Großteil Europas noch immer zu wünschen übrig. Betrachten Sie den unteren Chart und sehen Sie sich die hohen Quoten an. Machen Sie sich zudem bewusst, dass die Erwerbslosigkeit unter jungen Leuten (Millennials) wahrscheinlich doppelt so hoch ist. Einer von drei jungen Italienern ist arbeitslos.

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Quelle: Statista



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