Der italienische Krisenauslöser
08.06.2018 | John Mauldin
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Betrachten wir Italiens Arbeitslosenzahlen genauer. Wie Sie sehen nehmen die Arbeitslosenzahlen zu, je weiter südlich man sich bewegt. Das ist die Basis der Fünf-Sterne-Bewegung. Der andere Teil der neuen Mehrheit wird nun Lega genannt (ehemals Lega Nord) und besitzt viel Macht innerhalb der Produktionsregionen im Norden Italiens, in denen geringe Arbeitslosigkeit herrscht. Und egal wie viele Probleme Italiens wir erörtern, der italienische Produktionssektor bleibt ein Machtzentrum.Das ist der Grund, warum ich die Idee einer Parallelwährung in Italien nicht gänzlich ignorieren kann. Der südliche Teil des Landes wünscht sich höhere Ausgaben und der nördliche Teil möchte den Euro hinter sich lassen. Die Politik bringt in Italien außergewöhnlich merkwürdige Bettgenossen hervor. Es ist nicht so absonderlich wie die Vorstellung, dass Präsident Trump und Bernie Sanders eine Koalitionsregierung bilden, aber vor einem Jahr war es noch undenkbar.
Deutschland und der Rest der exportstarken Länder müssen zum Euro halten, damit ihre Volkswirtschaften wachsen und florieren können. Die südlichen Länder müssen hingegen einen Weg finden, mit ihren Schulden umzugehen. Italien hat eine derzeitige Staatsschuldenquote von 135%.
Das wahrscheinlichste Szenario ist meiner Ansicht nach noch immer, dass Deutschland und die Niederlande ihre widerwillige Zustimmung dazu geben werden, dass die europäische Zentralbank alle Staatsschulden vergemeinschaften, diese in ihre Bilanz aufnehmen und neue EZB-gedeckte Schulden für die gesamte Zone ausgeben darf. Anschließend müsste es dann ernsthafte Beschränkungen bezüglich der Haushaltsdefizite der Mitgliedsstaaten geben. Man würde jedoch eine Spaltung verhindern, oder diese zumindest für ein weiteres Jahrzehnt aufschieben. Eine Art ultimative Vertagung des Problems.
Marktfeuerwerk
Keine dieser verhängnisvollen Möglichkeiten scheint aktuell im Spiel zu sein. Auf die eine oder andere Weise wird Italien die Krise überstehen. Sie könnte sich jedoch noch einige Monate hinziehen und die Marktbewegung am Dienstag sollte ein Warnsignal sein. Die Händler wissen noch immer, wie man den "Verkaufsknopf" betätigt und werden dies im Falle einer Überraschung auch rasch tun. Dieses Mal war es überschaubar. Aber irgendwann wird es das nicht mehr sein.
Mein Freund Doug Kass, eine mutige Seele, die schon länger handelt als die meisten Leute, nahm nach dem Abverkauf dieser Woche tatsächlich eine bullische Position gegenüber den Banken ein und entledigte sich seiner Short-Positionen.
Nachdem Doug das schrieb, stimmte das Federal Reserve Board dafür, die Volcker-Regelung, die den Eigenhandel eingrenzte, zu lockern. Andere Behörden müssen dem noch zustimmen, also steht die Änderung noch nicht vollkommen fest. Theoretisch sollte dies den Banken helfen und ebenfalls einen Teil der verlorenen Liquidität am Anleihemarkt wiederherstellen. Ich denke aber nicht, dass das all unsere Probleme lösen oder die größere Krise verhindern wird, deren Kommen ich schon länger prognostiziere.
Charles Gave, der ebenfalls seit vielen Jahren an den Märkten aktiv ist, stellt einige seiner Annahmen in Frage. Seine Langzeitmodelle sagen, dass die Zeit näherrückt, zu der man US-amerikanische Aktien verkaufen und deutsche Aktien kaufen sollte. Aber dieses Modell macht Annahmen, die nicht länger stimmen. Es geht beispielsweise davon aus, dass das Kapital an den Ort fließt, an dem man es am effektivsten nutzen kann, und dass Umrechnungskurse angemessen flexibel bleiben werden. In einer Ära zusammenbrechender Allianzen und zunehmender Handelsbarrieren ist nichts davon zwangsläufig wahr.
Wo wir beim Thema Handel sind ... Da Trump wieder einmal bereit dazu ist, der EU Stahlzölle und Kanada Holzzölle aufzudrücken, könnten die Dinge noch volatiler werden. Da Holz etwa 20% der Hauskosten ausmacht, würde ein Anstieg der Holzpreise um 20% (ein Geschenk für US-amerikanische Holzunternehmen) die Konstruktionskosten eines Hauses um 4% erhöhen. Die Kosten für Fahrzeuge und Aluminiumdosen würden steigen.
Man besteuert damit jedoch nicht nur die Länder, die die Zölle zahlen müssen, sondern drückt auch den US-amerikanischen Verbrauchern höhere Preise auf. Das ist wirklich nicht der beste Weg, eine Wirtschaft anzukurbeln. Das Schlimmste dabei ist, dass sich all dies erneut verändern könnte, während die Verhandlungen voranschreiten, und Unternehmen brauchen Rechtssicherheit.
Ich habe bisher noch nicht über die Immobilienmärkte in Kanada und Australien geschrieben; beide befinden sich in einem schlechteren Zustand als der der USA vor zehn Jahren. Vor allem Australien. Man kann ganz einfach um die Welt reisen und überall Bill Whites "Instabilitätsblasen" beobachten. Eine hier oder eine da wäre kein Problem. Die Welt nimmt sie üblicherweise einfach hin. Aber nun treten Probleme in einem viel größeren geografischen Ausmaß auf. Argentinien? Mexiko wählt einen radikalen Sozialisten? Wo hört das auf?
© John Mauldin
www.mauldineconomics.com
Dieser Artikel wurde am 01. Juni 2018 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.