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Nachfrage nach Gold-ETFs zieht an trotz steigender Zinsen

09.06.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Das World Gold Council vermeldete am 6. Juni 2018, dass im Monat Mai die weltweiten Goldbestände der Exchange Traded Funds (ETFs) einen Zuwachs von 14,6 Tonnen gegenüber dem Vormonat auf insgesamt 2.484 Tonnen verzeichnet haben. Damit beläuft sich der Zugang der Gold-ETFs seit Jahresanfang auf 116,3 Tonnen. Während Gold-ETFs in Nordamerika einen Abzug von 29,6 Tonnen ge-genüber dem Vormonat verzeichneten, kam es zu einem Zugang in Europa (+26,6 Tonnen) und Asien (+20,8 Tonnen), während es in anderen Regionen der Welt einen leichten Abgang gab (-2,3 Tonnen).

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Quelle: Thomson Financial


Die Entwicklung der ETF-Goldbestände ist aus zwei Gründen von großer Bedeu-tung für den Goldpreis. Erstens positionieren sich vor allem auch intentionelle In-vestoren (Hedge Funds, Pensionskassen etc.) über Gold-ETFs im Goldmarkt. Ihre Käufe und Verkäufe sind in der Regel mit beträchtlichen Volumina verbunden und haben dadurch unmittelbare Rückwirkungen auf die Angebots- und Nach-fragelage im physischen Goldmarkt und damit auch auf den Goldpreis.

Zweitens hat sich der Zuwachs der Gold-ETFs-Bestände in einem Umfeld steigen-der US-Zinsen vollzogen. Das ist zunächst einmal überraschend, denn steigende Zinsen sind üblicherweise negativ für die Goldnachfrage: Wer Gold hält, erzielt bekanntlich keine Zinsen - die er einnehmen könnte, wenn er anstelle von Gold zinstragende Papiere hielte. Seit etwa Anfang 2016 zeigt sich jedoch genau das Gegenteil: Die kurzfristigen US-Zinsen haben angezogen, und gleichzeitig hat die Nachfrage nach Gold-ETFs zugenommen.

Das lässt vermuten, dass für die Nachfrage nach Gold (über den Erwerb von Gold-ETFs) derzeit nicht nur der Zins, sondern auch andere Faktoren eine Rolle spielen. Zu diesen Faktoren könnte beispielsweise das "Versicherungsmotiv" zählen. Steigende Zinsen bringen nämlich erhöhte Risiken für die Konjunkturen und die Finanzmärkte. Dazu muss man wissen, dass die Zentralbanken mit ihrer extremen Niedrigzinspolitik einen konjunkturellen Aufschwung in Gang gesetzt haben. Dieser Aufschwung gerät unter Druck, wenn die Zinsen steigen.

Die US-Zentralbank - die mit ihrer Politik maßgeblich die Kredit- und Liquiditäts-konditionen auf den Weltfinanzmärkten (mit-)bestimmt - hat nicht nur seit Ende 2015 den Leitzins angehoben (derzeit befindet er sich in einer Bandbreite von 1,50 bis 1,75 Prozent), sondern sie ist mittlerweile auch dabei, die US-Dollar-Basisgeldmenge zurückzuführen, die sie zuvor durch Wertpapierankäufe stark ausgeweitet hatte (Abb. 2 a). Es gibt derzeit also zwei restriktive Effekte: eine Zinserhöhung und einen Liquiditätsentzug.

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Quelle: Thomson Financial. (1) Credit Default Swap (CDS) Spread für 5-jährige Schuldver-schreibungen von US-Banken in Basispunkten


Interessanterweise verharren in diesem Umfeld die Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten nahe ihren Rekordtiefständen - und gleichzeitig steigt seit An-fang 2016 der Goldpreis wieder. Wie erklärt sich das? Vermutlich verbirgt sich dahinter das Folgende: Die Akteure auf den Finanzmärkten rechnen damit, dass die US-Geldpolitik keine Krise mit Zahlungsausfällen zulassen wird, und dass sie ihre Zinsstraffung und Geldmengenverknappung stoppen wird, sollte das auf-grund von Marktverwerfungen erforderlich werden.

Wenn Kredit- und Zahlungsausfälle geldpolitisch verhindert werden, steigt zwei-felsohne das Geldentwertungsrisiko. Das wiederum belebt das Interesse am Gold. Denn bekanntlich kann die Kaufkraft des gelben Metalls nicht durch eine Geldmengenvermehrung der Zentralbanken herabgesetzt werden. Das könnte auch erklären, warum im aktuellen Umfeld die Gold–ETF-Nachfrage steigt: Gold stellt für Investoren eine effektive "Portfolio-Versicherung" gegen die Langfrist-folgen der Geldpolitik dar, die zudem - zu aktuellen Preisen gekauft - auch noch die Chance auf Wertsteigerung bietet.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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