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Die Goldwährung und ihre Gegner (Teil 1)

13.10.2018
- Seite 2 -
Goldwährung und Zinsfußpolitik

Der schwerste Vorwurf, der gegen die Goldwährung erhoben wird, ist der, dass sie zur Verteuerung des Zinsfußes führe. In Kapitalausfuhrländern ist diese Behauptung nicht unberechtigt. Die Goldwährung ist zwar nicht die einzige, doch eine der wichtigsten Voraussetzungen des internationalen Kapitalverkehres.

Gäbe es keine Goldwährung, so würde die Einräumung von Darlehen an das Ausland erschwert oder gar unterbunden werden, was zu einer Erhöhung des Zinsfußes in den kapitalbedürftigen Ländern und zu einer Senkung des Zinsfußes in den Kapitalexportländern führen würde. Es ist daher klar, dass in den Ländern, die darauf angewiesen sind, ausländisches Kapital heranzuziehen, das Festhalten an der Goldwährung nicht kreditverteuernd, sondern kreditverbilligend wirkt.

Damit sind alle Einwendungen, die von diesem Gesichtspunkt aus gegen die Goldwährung vorgebracht werden, zumindest in Mittel- und Osteuropa ganz und gar unangebracht. Das Argument will aber nicht so verstanden werden. Man meint vielmehr, dass allein die Goldwährung die Zentralnotenbanken verhindere, sich in der Diskontpolitik von den Sätzen, die auf dem internationalen Geldmarkt herrschen, zu emanzipieren und der inländischen Wirtschaft Leihgeld billiger zur Verfügung zu stellen. Auch diese Auffassung ist irrig.

Selbst in einem isolierten Staate, der keinerlei wirtschaftliche Beziehungen mit dem Auslande hat, stünde es nicht im Belieben der Notenbank, den Diskontsatz ohne Rücksicht auf die Gestaltung des Zinssatzes auf dem unbehinderten Geldmarkt festzusetzen. Vorübergehend ist es zwar möglich, durch zusätzliche Kredite - d.h. durch Erweiterung des Umlaufes unbedeckter Noten und Giroguthaben - den Zinsfuß des Marktes zu unterbieten und dadurch eine allgemeine Zinsfußermäßigung herbeizuführen.

Durch ein solches Vorgehen, das ja in der Tat immer wieder versucht wurde, gelingt es unzweifelhaft, zunächst gute Konjunktur auszulösen.

Doch früher oder später muß die Krediterweiterung zum Stillstand kommen; sie kann nicht endlos fortgesetzt werden. Die fortschreitende Vergrößerung der Umlaufmittelmenge führt zu fortschreitenden Preissteigerungen.

Inflation aber kann nur solange fortgehen, als die Meinung besteht, dass sie doch in absehbarer Zeit aufhören wird. Hat sich einmal die Überzeugung festgesetzt, daß die Inflation nicht mehr zum Stillstand kommen wird, dann bricht Panik aus.

Das Publikum eskomptiert in der Bewertung des Geldes und der Waren die erwarteten Preissteigerungen, so dass die Preise sprunghaft über alles Maß hinaufschnellen; es wendet sich von dem Gebrauch des durch die Umlaufmittelvermehrung kompromittierten Geldes ab, flüchtet zum ausländischen Geld, zum Barrenmetall, zu den Sachwerten, zum Tauschhandel, kurz, die Währung bricht zusammen.

Dass die Rücksichtsmaßnahmen auf die Beziehungen zum Auslande und die Erfahrungen, die in vergangenen Krisenzeiten gemacht wurden, die Notenbanken, schon lange bevor diese äußerste Konsequenz eintritt, zum Innehalten in der Krediterweiterung veranlassen, und dass dieses Vorgehen vielfach auch durch die gesetzlichen Beschränkungen des Notenausgaberechtes und der Kreditgewährung durch die Zentralnotenbanken erzwungen wird, ist nicht eine Folge der Goldwährung.

Denn unter allen Umständen müßte die Politik der Krediterweiterung einmal ans Ende gelangen, wenn nicht schon früher durch eine Umkehr der Bankpolitik, so doch später durch einen katastrophalen Zusammenbruch.

Je früher aber die Krediterweiterungspolitik abgebremst wird, desto geringer ist der Schaden, den die künstliche Ankurbelung der Konjunktur durch Fehlleitung der Unternehmenstätigkeit und der Kapitalinvestition angerichtet hat, desto milder ist die Krise, desto kürzer die folgende Periode des Geschäftsstillstandes und der allgemeinen Entmutigung.

Dass das unbedingte Festhalten an der Goldwährung die Notenbanken schon rechtzeitig darauf aufmerksam macht, dass sie in der Zinsfußpolitik Wege betreten haben, die über einen künstlichen Aufschwung unausweichlich zu einer Krise führen müssen, kann nicht als ein Nachteil, sondern muß als Vorzug der Goldwährung gewertet werden.

Eine Herabsetzung des Zinsfußes kann immer nur das Ergebnis gemehrten Kapitalreichtums sein, niemals das Ergebnis irgendwelcher banktechnischer Maßnahmen. Die Versuche, durch Erweiterung des Zirkulationskredites der Banken zu einer dauernden Zinsfußermäßigung zu gelangen, führen notwendigerweise auf dem Umwege über einen vorübergehenden Aufschwung zur Krise und zur Depression.

Der Aufsatz "Die Goldwährung und ihre Gegner" wurde von Ludwig von Mises (1881 - 1973) im Jahr 1931 in "Neue Freie Presse", Wien, veröffentlicht.

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© Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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