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Das Ende des Booms. Rückt es näher?

15.10.2018  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Banken werden daraufhin vorsichtig(er) bei der Vergabe von Krediten, beziehungsweise sie kündigen ausstehende Kredite.

Die Fragen, die sich Anleger - insbesondere Edelmetall-Anleger - vor dem Hintergrund steigender US-Zinsen stellen werden, lauten: (1) Werden steigende US-Zinsen den weltweiten Aufschwung beenden? (2) Was bedeuten die steigenden Zinsen für die Wechselkurse? (3) Und welche Wirkungen haben steigende Zinsen für die Edelmetallpreise?

Zu (1): Werden steigende US-Zinsen den weltweiten Aufschwung beenden? Die Wahrscheinlichkeit ist nicht gering. Denn der US-Zins ist de facto der Leitzins der Weltfinanzmärkte: Steigende US-Zinsen üben einen Aufwärtsdruck auf allen anderen Zinsmärkte der Welt aus: Höhere Zinsen für US-Anlagen lassen die Preise für Anleihen in anderen Währungsräumen absinken und die Renditen steigen, damit sie international als Kapitalanlage konkurrenzfähig bleiben. Selbst in Volkswirtschaften, die sich eigentlich keine steigenden Zinsen leisten können - wie der Euroraum -, geraten unter Anpassungsdruck.

Steigende Zinsen - quasi aufgezwungen durch die Zinssteigerungen in den Vereinigten Staaten - können Volkswirtschaften, die sich auf nachhaltig niedrige Zinsen eingerichtet haben - im wahrsten Sinne des Wortes "überfordern". Ihnen bliebe nur noch, die heimischen Zinsen durch Zentralbankeingriffe nachhaltig niedrig zu halten. Das würde erfordern, dass der Außenwert ihrer Währungen (drastisch) abwertet - etwas, was die Exporteure in Amerika nicht gern sehen und gut vertragen können.

Kurzum: Vermutlich werden bald die Grenzen steigenden US-Zinsen zutage treten, und es wird deutlich, dass die US-Fed nicht im Alleingang den Zins "ungestraft" anheben kann. Der Blick auf die bisherigen Zinsbewegungen in den Kapitalmärkten (man denke nur an die sich abflachende Zinskurve) könnte durchaus nahelegen, dass der Zinserhöhungszyklus der Fed früher an sein Ende kommt, als es vielfach erwartet wird, beziehungsweise wie es von der Fed selbst in Aussicht gestellt wird.

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Quelle: Thomson Financial; eigene Berechnungen. (1) Renditen für 10-Jahre minus 2-Jahre in Basispunkten (100 Basispunkte = 1 Prozentpunkt).


Zu (2): Was bedeuten die steigenden Zinsen für die Wechselkurse? Betrachten wir den EURUSD-Wechselkurs. Hier gibt es zwei wichtige Indikatoren. Der erste ist die Zinsdifferenz zwischen US-Dollar- und Euro-Renditen. Sowohl die kurz- als auch die langfristige Zinsdifferenz deutet auf eine Überbewertung des Euro gegenüber dem US-Dollar (Abb. 3 a). Zudem sprechen die bisher höheren Renditen auf dem US-Aktienmarkt gegenüber dem Euro-Aktienmarkt ebenfalls für einen deutlich schwächeren Euro-Wechselkurs gegenüber dem Greenback (Abb. 3 b).

Zu (3): Welche Wirkungen werden steigende Zinsen für die Edelmetallpreise haben? Die Antwort auf diese Frage liegt, so zumindest scheint es mit Blick auf die Marktreaktionen in den letzten Tagen, auf der Hand: Steigende Zinsen lassen die Edelmetallpreise fallen. Doch ganz so einfach ist die Sache nicht. Zunächst gibt es zwar einen negativen Kosteneffekt: Wenn die Zinsen steigen, dann entgehen dem Goldhalter Zinseinkünfte (die er alternative hätte erzielen können, würde er zinstragende Papiere halten). Das wiederum senkt die Nachfrage nach dem gelben Metall, und das senkt tendenziell den Preis.

Es gibt jedoch noch einen zweiten Zinseffekt: Steigen die Zinsen zu stark, gerät das Wirtschafts- und Finanzsystem in Bedrängnis. So mancher Dauerschuldner kann bei Fälligkeit nicht zurückzahlen und er kann sich auch keine höheren Zinsen leisten. Unternehmer merken bei steigenden Zinsen, dass sich die Investitionen nicht rechnen, erleiden Verluste, kürzen Produktion und entlassen Beschäftigte. Der Aufschwung, den die Politik des Niedrigzinses der Zentralbanken in Gang gesetzt hat ("Boom") schlägt in einen Abschwung um ("Bust")

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Quelle: Thomson Financial


Damit wächst die Sorge vor Kreditausfällen - und das wiederum begünstigt tendenziell den Goldpreis, weil Gold (auch) eine Versicherung vor systemischen Zahlungsausfällen ist. Die Kreditausfallsorgen auf den Finanzmärkten sind allerdings nach wie vor recht gering: Die Marktakteure gehen offensichtlich davon aus, dass die Konjunkturen sich weiterhin gut entwickeln werden und dass ein neuerlicher Abschwung von den Zentralbanken erfolgreich bekämpft werden kann (Abb. 4). Gleichzeitig sind bislang keine Inflationssorgen aufgekeimt, die die Goldnachfrage zu Absicherungszwecken hätte beleben können.


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