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Bremslichter der Wirtschaft

19.11.2018  |  John Mauldin
- Seite 4 -
Das Defizit bezog sich auf das Finanzjahr 2018, welches am 30. September endete. Der letzten Schätzung der US-Haushaltsprüfungsbehörde (Congressional Budget Office) zufolge werden wir unsere Schulden 2019 um knapp 1 Billion Dollar und 2020 um mehr als 1 Billion Dollar erhöhen. Gibt es mit einer demokratischen Mehrheit im Repräsentantenhaus eine reale Chance auf eine Verringerung des Defizits, ohne dass zu diesem Zweck die Steuern erhöht werden - was der Senat und Präsident Trump ohnehin nicht zulassen würden?

Die außerbilanziellen Fehlbeträge lagen in den letzten fünf Jahren im Schnitt bei etwa 360 Milliarden Dollar und sind im Laufe der Zeit im Allgemeinen gestiegen. Doch selbst wenn wir nur den Durchschnittswert nehmen und diesen zu den prognostizierten Defiziten addieren, wird sich den nächsten fünf Jahren ein US-Haushaltsdefizit von - Trommelwirbel bitte - rund 1,4 Billionen Dollar pro Jahr ergeben. Das bedeutet einen Anstieg der Staatsschulden auf 29 Billionen Dollar bis 2024.

Und das ohne Rezession. Wenn wir noch einen wirtschaftlichen Abschwung mit einkalkulieren, werden wir die 30-Billionen-$-Grenze lange vorher knacken. Wollen wir darüber spekulieren, in welchem Bereich die Zinsen dann liegen werden? Wie umfangreich die quantitativen Lockerungen ausfallen werden? Wie sich die anderen Markteinflüsse gestalten werden? Und wie steht es um die Volatilität? Mit einem Blick auf letztere und auf die Liquidität wollen wir diesen Beitrag heute abschließen.


Schwimmen in Liquidität

"Zwei junge Fische schwimmen nebeneinander her. Nach einer Weile begegnet ihnen ein älterer Fisch, der in die andere Richtung schwimmt. Er nickt ihnen zu und sagt: 'Guten Morgen, Jungs, wie ist das Wasser?' Die jungen Fische schwimmen eine Weile weiter, doch schließlich blickt der eine Fisch den anderen an und fragt: 'Was zur Hölle ist Wasser?'"
- David Foster Wallace, This is Water (2005)

Chris Cole von Artemis Capital in Austin verfasst von Zeit zu Zeit ausgezeichnete Rundschreiben an seine Kunden, die er mir liebenswürdigerweise schickt. Unten folgt ein Auszug, in dem Chris auf die Geschichte der zwei jungen Fische anspielt, denen nicht bewusst ist, dass sie sich in Wasser befinden, und andeutet, dass es den meisten Investoren genauso geht.

Wir sind so lange in einem Meer der Liquidität geschwommen, dass wir es nur bemerken, wenn es verschwindet. Dann werden die Zentralbanken mehr Liquidität zur Verfügung stellen und die Märkte kehren wieder zu dem zurück, was wir als Normalzustand betrachten. Liquidität ist jedoch nichts anderes als die Bereitschaft der Anleger zu kaufen und zu verkaufen. Diese hängt ebenso stark von der Markt- und Investorenstimmung ab, wie von anderen wahren "Fundamentaldaten". Das schreibt Chris Cole dazu:

"An den Märkten wie auch im Leben schwimmen wir in verschiedenen Medien der gedanklichen Abstraktion, so wie der Fisch im Wasser schwimmt. Wenn das Medium in sich zusammenbricht, bricht auch die Realität ein und wir stellen beides in Frage. Foster Wallace erklärt das gewohnt redegewandt: 'Die unmittelbare Erkenntnis aus der Geschichte der beiden Fische ist die Tatsache, dass die offensichtlichsten, allgegenwärtigsten und wichtigsten Wahrheiten oft die sind, die am schwersten zu erkennen sind, und die es uns am schwersten machen, über sie zu sprechen.'

Volatilität bedeutet immer ein Versagen des Mediums, ein Zusammenbruch der Realität, die wir zu kennen glaubten, und die Erkenntnis einer neuen Wahrheit. Sie ist der Moment, in dem wir lernen, dass wir Fische sind, die in einer falschen Realität namens Wasser leben, und dass sich die Realität ändern kann, oder dass es noch andere Realitäten gibt. Echte Volatilität ist nicht die Veränderung einer Sache, sondern die Veränderung eines umgebenden Mediums und die Erkenntnis, dass die Sache an sich nie existiert hat.

Das ist alles, was Sie verstehen müssen, wenn der Sturm der Volatilität endgültig über uns hereinbricht. Es geht nicht um Bewertungen, Gelddrucken oder den aktuellen Stand des VIX. Wenn unser kollektives Bewusstsein aufhört zu glauben, dass Wachstum durch Gelddrucken und Kreditausweitungen generiert werden kann, wird das gesamte Medium kollabieren. Andernfalls bleibt es Realität. Der Glaube daran, dass das Medium die objektive Realität ist, hält das ganze Konstrukt vorübergehend zusammen."


Sie mögen das als allzu pessimistisch abtun. Vielleicht ist es das, zumindest für den Moment und für die nächsten paar Jahre. Aber wenn die globale Verschuldung beginnt das Wirtschaftswachstum zu ersticken und sich auf die Liquidität auszuwirken, oder wenn die Zentralbanken mit einer zu großen Liquiditätsflut reagieren, dann könnte die relativ stille See, durch die wir bislang schwimmen, äußerst stürmisch werden.

Aus diesem Grund spreche ich immer wieder vom Großen Neustart. Um den Bogen zu den Eingangszitaten dieses Artikel zu schlagen: Wir werden eine Wiederholung oder zumindest eine Abwandlung der Geschichte erleben. Ich fürchte, dass wir dabei einen neuen Standard dafür setzen werden, was das Wort Volatilität wirklich bedeutet.


© John Mauldin
www.mauldineconomics.com


Dieser Artikel wurde am 02. November 2018 auf www.mauldineconomics.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.


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