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Wie man mit Crash-Prophezeiungen richtig umgeht

01.01.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Im Bereich des menschlichen Handelns lassen sich nämlich - anders als in den Naturwissenschaften - keine konstanten Verhaltensparameter identifizieren, die uns sagen könnten, wie die Handelnden auf das Eintreffen eines bestimmten Faktors (wie zum Beispiel Zinserhöhung, Ölpreisverfall, Steuererhöhung etc.) reagieren - nach dem Motto: "Wenn X, dann Y". Zudem ist auch das Eintreffen der Faktoren selbst, die das Handeln der Marktakteure bestimmen, nicht selten unbekannt: Wer weiß zum Beispiel heute schon, welche neuen Produkte und welche neuen Firmen es künftig geben wird?

Und selbst wenn man das wüsste, so müsste man auch noch wissen, in welchem Ausmaß bestimmte Entwicklungen - also Zinsen, Wechselkurse oder sonstige politische Geschehnisse - auf die Finanzmarktpreise einwirken. Dazu müsste man dann aber wiederum wissen, welche Erwartungen die Finanzmarktpreise bereits enthalten, ob also die künftigen Geschehnisse eine "Überraschung" und damit kursrelevant sein werden, oder ob sie bereits erwartet und damit bereits in den Börsenkursen enthalten und damit nicht kursbeeinflussend sind. All das lässt sich nicht verlässlich abschätzen.


Wie man auf den Konjunkturzyklus reagiert

Wenn aber volkswirtschaftliche Zukunftsprognosen einschließlich der Crash-Prophezeiungen auf derart wackeligen Füßen stehen: Wie also soll und kann der umsichtige Investor auf Crash-Prophezeiungen reagieren? Eine praktikable Antwort lautet: Machen Sie sich und Ihre Investitionsentscheidungen möglichst unabhängig vom zyklischen Auf und Ab der Finanzmärkte und der Konjunkturen. Dazu mögen die nachstehenden zwei Handlungsempfehlungen besonders hilfreich sein.

Empfehlung 1: Denke und handle langfristig. - Wer sich einmal eingehend mit den Kursverläufen an der Börse beschäftigt hat, der wird bemerkt haben, dass die Aktienkurse sich kurzfristig (von einem Tag zum anderen, von Monat zu Monat oder von Quartal zu Quartal) nicht verlässlich prognostizieren lassen. Sie zeigen vielmehr verdächtige Ähnlichkeit mit einem statistischen Zufallsprozess, den man auch als "Random Walk" bezeichnet: also dem Gang eines Betrunkenen, der unter Schwankungen voranschreitet.

Wenngleich auch der Verlauf der Aktienkurse kurzfristig nicht verlässlich eingeschätzt werden kann, so gilt das nicht in gleichem Maße für die lange Frist (das heißt über, sagen wir, fünf Jahre und mehr), wenn zwei Bedingungen erfüllt sind. Die erste Bedingung: Operieren Unternehmen auf relativ freien Märkten, besteht die begründete Erwartung, dass sie über die Zeit hinweg positive Renditen (nach Abzug der Inflation) auf das eingesetzte Kapital erzielen und dem Aktionär Kursgewinne und Dividendenzahlungen bescheren werden.

Die zweite Bedingung: Die Chance auf eine positive Aktienrendite nimmt zu, wenn die Aktien zu einem fairen Preis, also nicht zu überteuerten Kursen, gekauft werden. Der Gewinn liegt schließlich auch im Einkauf - eine Einsicht, die man betonen muss: Selbst wenn das Unternehmen auch noch so gut ist, wird seine Aktie keine gute Investition sein, wenn sie zu teuer gekauft wird. Die Investitionsrendite wird sogar schlechter ausfallen als bei einer weniger guten Unternehmensaktie, die zu einem sehr niedrigen Kurs gekauft wurde.

Empfehlung 2: Unterscheide zwischen Buch- und Kapitalverlust. - Verlust ist nicht gleich Verlust. Der umsichtige Investor sollte zwischen Buchverlusten und Kapitalverlusten streng unterscheiden. Ein Buchverlust entsteht, wenn der Börsenkurs unter den Wert der Aktie fällt (wobei der Wert der Aktie der Summe der erwarteten künftigen Unternehmensgewinne, abgezinst auf die Gegenwart, entspricht). Das kann geschehen, wenn zum Beispiel die Investoren in Panik geraten und eine Verkaufswelle einsetzt.

Rutscht der Börsenkurs unter den Wert der Aktie, ist das kein Grund, unruhig zu werden. Früher oder später wird sich das korrigieren, der Börsenkurs also wieder dem Aktienwert zustreben. Anders verhält es sich in dem Fall, in dem der Wert der Aktie überschätzt wurde. Ist der Börsenkurs auf den gesunkenen Wert gefallen, ist es angeraten zu verkaufen - und den Buchverlust zum Kapitalverlust werden zu lassen - wenn man Investitionsalternativen hat, die eine höhere Rendite versprechen als das Festhalten an der bisherigen, fehleingeschätzten Investition.

Das Wissen um den Wert einer Aktie Vor dem Hintergrund des Gesagten schält sich eine wichtige Erkenntnis heraus: Wer den Wert seiner Investments kennt, kann gute Investitionsentscheidungen treffen. Er kann vor allem auch schwierige Marktphasen besser durchstehen, denn er verringert die Gefahr, unvorteilhafte Investitionsentscheidungen zu treffen.

Der umsichtige Investor hat daher gute Gründe, seine Aufmerksamkeit auf die Bestimmung des Aktienwertes zu richten - und sich nicht von den Crash-Prophezeiungen beeindrucken zu lassen. Letztere mögen zwar interessant und mitunter unterhaltend und aufregend sein. Aber sie helfen dem Investor meist nicht, die richtigen Investitionsentscheidungen zu treffen.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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