Preisturbulenzen am Markt für Platinmetalle
25.01.2019 | Thorsten Proettel
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Angesichts der Preisverschiebung der letzten Jahre und einer südafrikanischen Platinausbeute von zuletzt 137 Tonnen und einer Palladiumgewinnung von rund 82 Tonnen, könnte man zwar von einer Umkehrung der Verhältnisse sprechen. Demnach wäre Platin eher eine Art Beifang der südafrikanischen Palladiumförderung. Da die Minenbetreiber angesichts der widrigen Wirtschaftsverhältnisse in der Kaprepublik schon froh sind, ohne wilde Streiks oder anderen Schwierigkeiten überhaupt produzieren zu können, ist auch hier eine Förderausweitung kurzfristig schwer realisierbar. Aufgebessert wurde das Palladiumangebot in den letzten Jahren jedoch durch Anleger, die bei steigenden Preisen ihre Edelmetallbestände veräußerten. Im letzten Jahrzehnt floss mehr oder minder regelmäßig darüber hinaus Palladium aus russischen Staatsbeständen auf den Markt, welches dort noch aus Sowjetzeiten gelagert wurde. Damals hatte man schlichtweg keinen Gebrauch für das Edelmetall, zumal Palladiumkatalysatoren noch nicht erfunden waren.
Quellen: Johnson Matthey plc., GFMS, eigene Schätzung und Darstellung
Die hohe Bedeutung Russlands für den Palladiumpreis ist auch der Schlüssel zum Verständnis der Preiskapriolen um das Jahr 2000 und die vorübergehende Phase des verstärkten Palladiumeinsatzes in der Kfz-Industrie in dieser Zeit. Nachdem die technischen Voraussetzungen in den 1990er Jahren zumindest im Bereich der Benzinmotoren gelöst waren, nahm die Palladiumnutzung als Mittel der Kosteneinsparung sprunghaft zu.
In Russland hatte aber bis 2008 die Staatsagentur Almazjuvelirexport ein Monopol für den Export des wertvollen Rohstoffs. Die Behörde unter der Aufsicht des Finanzministeriums erschwerte bereits in der ersten Jahreshälfte 1998 die Ausfuhr und trieb den Preis hierdurch in die Höhe. Und im Jahr 2000 wurde der Export durch absichtlich geschaffene bürokratische Hürden monatelang komplett unterbrochen. Vermutlich diente auch diese Maßnahme dazu, die Profite auf russischer Seite zu optimieren. Der Preis erreichte daraufhin im Januar 2001 mit 1.125 US-Dollar je Feinunze seinen bis dahin höchsten Stand.
Der anschließende Einbruch auf unter 400 US-Dollar in den Folgemonaten nach Wiederaufnahme der Exporte bescherte beispielsweise dem Automobilhersteller Ford einen Verlust von über einer Mrd. US-Dollar. Angesichts dieser Erfahrungen verzichtete man in den Folgejahren auf Palladium und wendete sich wieder stärker dem Platin als Katalysematerial zu. Das Exportmonopol von Almazjuvelierexport wurde zwar Ende 2008 vom damaligen Präsidenten Medwedew auch angesichts des offenen Verstosses gegen WTORegeln aufgehoben.
Doch vor dem Hintergrund der Beherrschung der russischen Nickelförderung durch den Konzern Norilsk Nickel besteht weiterhin eine monopolistische Angebotsstruktur mit entsprechener Verhandlungsmacht.
Im Bereich der Platinförderung sind weiterhin die Minen Südafrikas die wichtigsten Spieler. Als Stromknappheit im Frühjahr 2008 lokale Fördereinschränkungen notwendig machte, verteuerte sich Platin innerhalb weniger Wochen um 45% und Palladium sogar um knapp 60 %.Geringe Mengen Platin werden auch in Russland ans Tageslicht gebracht sowie in Simbabwe und in Nordamerika. In den USA und in Kanada sind verschiedene börsennotierte Platin- und Palladiumminen aktiv, doch ihre Bedeutung ist zu gering, als dass Preisänderungen die Angebotsmengen wesentlich beeinflussen könnten.
Ein wichtiger Teil des Angebots stammt im Fall Platin wie auch bei Palladium aus dem Recycling ausgedienter Katalysatoren. Teilweise wirkt dieser Faktor wie ein Puffer, denn anekdotischen Berichten zufolge werden die Verarbeiter vor allem nach Preissteigerungen aktiv. Sinkt der Platinpreis, dann werden die Abgasumwandler angeblich auch längere Zeit gelagert.
Ein Aspekt ist hinsichtlich Südafrika erwähnenswert: Die dortigen Minen kämpfen seit Jahren mit stark steigenden Strompreisen und Löhnen, doch die Kostenexplosion fällt in lokaler Währung an. Da der südafrikanische Rand in den letzten Jahren stark abgewertet hat und die Edelmetalle zu Weltmarktpreisen in US-Dollar verkauft werden, konnten sich die Betriebe dennoch über Wasser halten.
Quellen: Johnson Matthey plc., GFMS, eigene Schätzung und Darstellung
Einfluss von Anlegern und Spekulanten
Die Besonderheit der Edelmetalle im Vergleich zu schlecht oder nur aufwendig lagerbaren Rohstoffen wie beispielsweise Erdgas, Rohöl oder Weizen ist der höhere Einfluss von Anlegern und Spekulanten auf die Preisentwicklung. Vor allem im Fall von Gold und Silber geht ein großer Teil der Wertschwankungen nicht auf Änderungen des eigentlichen Verhältnisses von Angebot und Nachfrage auf Endabnehmerbasis zurück, sondern auf das spekulative Engagement mancher Akteure. Die allgemeine Entwicklung der Kapitalmärkte hat insofern einen großen Einfluss.
In dieser Hinsicht nehmen die Märkte für Platin und Palladium eine Mittelposition ein. Beide Edelmetalle können ebenfalls von Großanlegern zu verhältnismäßig geringen Kosten in Zollfreilagern größerer Flughäfen oder in den Tresoren von spezialisierten internationalen Banken untergebracht werden. Es sind allerdings viel weniger Adressen an den eher kleinen Märkten für Platin und Palladium interessiert. Ähnlich verhält es sich mit Privatanlegern. Barren in vielen unterschiedlichen Größen und auch ästhetisch reizvolle Münzprägungen aus Australien, Kanada, den USA und weiteren Staaten sind über den Münzhandel erhältlich.