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Preisturbulenzen am Markt für Platinmetalle

25.01.2019  |  Thorsten Proettel
- Seite 5 -
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Quellen: U.S. Commodity Futures Trading Commission, LBMA, eiegene Darstellung


Auch auf dem Palladium-Terminmarkt waren im ersten Halbjahr zunehmende Shortpositionierungen zu beobachten, doch die Netto-Long-Position touchierte nur kurzzeitig die Nulllinie. Der Anstieg des Preises in der zweiten Jahreshälfte ging dann mit einer Auflösung dieser Futures-Bestände und einer Normalisierung der Netto-Long-Position einher.

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Quellen: U.S. Commodity Futures Trading Commission, LBMA, eiegene Darstellung


Offen bleibt bei der letztgenannten Entwicklung, was die Ursache und was die Folge war. Ein steigender Preis kann einerseits Spekulanten dazu zwingen, ihre Short-Wetten aus Gründen der Verlustbegrenzung abzubauen. Hierdurch steigt die Netto-Long-Position. An der Börse wird dann von einem Short-Squeeze gesprochen. Umgekehrt können auch Gewinnmitnahmen zu steigenden Preisen führen.

Wenn ein Händler beispielsweise seine Shorts durch den Kauf von Longs glattgestellt, dann ist es denkbar, dass sich der Verkäufer der Long-Futures mit physischem Material eindeckt, um die eingegangene zukünftige Lieferverpflichtung erfüllen zu können. Die physische Zusatznachfrage führt somit unter sonst gleichen Umständen zu höheren Notierungen.


Fazit und Schlussbetrachtungen

Der substanzielle Anstieg des Palladiumpreises in den letzten Jahren ist der deutlichen Zunahme der Verwendung im Automobilsektor geschuldet. Aufgrund steigender Zulassungszahlen, vor allem in Asien, verschärften Umweltvorschriften und der zuletzt gestiegenen Anforderung, diese auch einzuhalten, führt aus Sicht der Kfz-Industrie kein Weg an den Platinmetallen vorbei. Durch den in der Vergangenheit spürbar niedrigeren Preis war dabei Palladium das Mittel der Wahl, zumal die großen Absatzmärkte in Nordamerika und Ostasien ohnehin von Benzinmotoren dominiert werden.

Über die Gründe für den Anstieg der Notierungen in den letzten Monaten kann allerdings nur gemutmaßt werden. Der Fahrzeugabsatz entwickelte sich jüngst eher schwach. So war in China 2018 ein Rückgang der Zulassungen um 13% gegenüber dem Vorjahr zu verzeichnen und in Europa führte das neue Abgastestverfahren WLTP ab September zu einem Verkaufseinbruch. Auch die Emittenten von Palladium-ETCs scheiden als Verursacher aus, denn die Anleger veräußerten in letzter Zeit sogar Bestände und trugen damit zum Angebot bei.

Einen gewissen Einfluss dürften jedoch spekulative Kräfte am Terminmarkt ausgeübt haben, wie die Entwicklung der Netto-Long-Position zeigt. Darüber hinaus kann ein Stocken des russischen Nachschubs nicht ausgeschlossen werden. Denkbar ist, dass auf diesem Wege hohe Preise gegenüber den Abnehmern in der Automobilindustrie durchgesetzt werden sollen, die auf den Rohstoff angewiesen ist. Platin, für das eine ausreichende Marktversorgung besteht, blieb von der Entwicklung dagegen weitgehend unberührt. Es kann allenfalls festgestellt werden, dass der starke Anstieg des Palladiumpreises um 50% in der zweiten Jahreshälfte 2018 den Rückgang der Platinnotierungen abbremste und zu deren Stagnation beitrug.

Ein höherer Palladiumpreis führt wie gezeigt kaum zu einer Ausweitung des Angebots. Ein zukünftiger Anstieg der Nachfrage der Kfz-Industrie würde deshalb vermutlich zu weiteren Preissteigerungen führen, zumal auf der Käuferseite kaum noch andere Abnehmer über den höheren Preis aus dem Markt gedrängt werden können. Bemerkenswert ist zudem, dass die Bestände der ETCs auf einem Mehrjahrestief stehen. Es besteht also kaum noch Potenzial für zusätzliches Angebot aus den Tresoren der Wertpapieremittenten.

Auf der anderen Seite bestehen jedoch mehrere Faktoren, die zu einem sinkenden Palladiumpreis führen können. Mittelfristig wäre über eine Abschwächung der Konjunktur ein geringerer Fahrzeugabsatz möglich, der zu einer entsprechend reduzierten Rohstoffnachfrage der Hersteller führen würde. Und sollte die Hypothese zutreffend sein, wonach der Preisanstieg dem Zurückhalten von russischen Lieferungen geschuldet ist, dann könnte das Öffnen dieser Schleusen auch sehr kurzfristig den Preis einbrechen lassen. Die Entwicklung Anfang der 2000er Jahre bietet hierfür ein gutes Beispiel, als die Notierung von mehr als 1.000 US-Dollar je Feinunze Palladium innerhalb weniger Monate unter die Marke von 400 US-Dollar zurückging.

Aus fundamentaler Sicht kann ohnehin argumentiert werden, dass ein nachhalti-ger und deutlicher Anstieg des Palladiumpreises über die Platinnotierung unwahrscheinlich ist. Wie ausgeführt, können beide Metalle in der Abgasreinigung eingesetzt werden, so dass zukünftig wieder vermehrt Platinkatalysatoren zum Einsatz kommen könnten. In Umkehrung der Verhältnisse zu der langen Phase seit Anfang der 1990er Jahre ist heute Platin die preislich günstigere Alternative zu Palladium.

Allerdings lassen sich solche Umstellungen nicht von heute auf morgen durchführen. In der Regel finden Änderungen in wesentlichen Komponenten wie dem Abgasstrang mit der Einführung von neuen Fahrzeugserien statt. Bis sich eine Substitution von Palladium durch billigeres Platin am Markt bemerkbar macht, können also noch einige Quartale bis Jahre vergehen.

Daneben sind auch Entwicklungen denkbar, die langfristig zu einem Rückgang der Verwendung beider Platinmetalle in der Kfz-Industrie führen könnten. Dazu gehört einerseits die Entwicklung neuer Katalyseverfahren, die auf preislich güns-tigeren, alternativen Legierungen beruhen. Bereits in der Vergangenheit wurden Versuche auf der Basis von Silber unternommen. Zweitens deutet sich zumindest in einigen Ländern eine Abkehr vom Verbrennungsmotor an.

Schwedens Ministerpräsident Stefan Löfven kündigte bei seiner jüngsten Regierungserklärung in dieser Woche an, dass ab 2030 keine Benz- und Dieselautos in dem skandinavi-schen Staat mehr verkauft werden sollen. In Norwegen soll ein entsprechendes Verbot bereits 2025 in Kraft treten. Und in vielen westeuropäischen Städten, bei-spielsweise auch in Paris, stehen zumindest Dieselfahrzeuge in der Kritik.


© Thorsten Proettel, Dr. Torsten Gruber, Bernhard Spitz


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