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Die Null- und Negativzinspolitik der EZB geht weiter

26.05.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa.


Für die Regierungen und die ihnen dienende EZB wäre das eine Steilvorlage. Für sie ist nämlich die Idee sehr verlockend, mittels einer Euro-Abwertung die Wirtschaftsaktivität im Euroraum zu befördern und zudem auch noch die Inflation zu beschleunigen - weil es helfen würde, die realen Schuldenlasten herabzusetzen. Die Verschärfung der Negativzinspolitik wäre dazu ein politisch verlockendes Mittel.

Weiter fallende Euro-Zinsen würden allerdings die Euro-Banken in noch schwierigeres Fahrwasser bringen. Zwar kann die EZB mit einer verschärften Negativzinspolitik die Refinanzierungskosten der Euro-Banken reduzieren. Gleichzeitig aber wäre zu erwarten, dass auch die Zinseinnahmen der Geldhäuser schrumpfen, weil die Sollzinsen ebenfalls nachgeben. Die Gewinnlage der Euro-Banken könnte sich also noch stärker eintrüben.

Einen Eindruck, wie problematisch die Lage der Euro-Banken schon jetzt ist, vermitteln die Aktienkurse der gehandelten Kreditinstitute (Abb. 3). Seit Anfang 2006 haben die Börsenkurse der Euro-Banken um etwa 75 Prozent nachgegeben. Zum Vergleich: Die Börsenkurse der US-Banken sind um 15 Prozent gestiegen. Bewertungskennzahlen wie das Kurs-Buch-Verhältnis deuten an: Die Investoren haben nur wenig Hoffnung, dass sich die Geschicke der Euro-Banken in absehbarer Zeit verbessern werden.

Für Anleger im Euroraum lassen sich vor diesem Hintergrund folgende Einsichten festhalten: (1) Die Null- und Negativzinspolitik der EZB wird vermutlich noch länger dauern als gedacht - und sogar weitere Zinsreduktionen sind keinesfalls auszuschließen. Neben der ohnehin schwachen Konjunktur ist es insbesondere die Problemlage des Euro-Bankensektors und die hohe Staatsverschuldung im Euroraum, die aus politischen Gründen ein Ende der Null- und Negativzinspolitik in diesem oder im nächsten Jahr sehr unwahrscheinlich machen.

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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa. (1) Indexiert (Januar 2006 = 100).


(2) Mit Blick auf eine anhaltende Null- und Negativzinspolitik lässt ein Festhalten an Euro-Bankguthaben und Euro denominierten Schuldpapieren kein gutes Investitionsergebnis erwarten. Eine Möglichkeit ist, Termin- und Spareinlagen, soweit sie für längerfristige Zwecke gehalten werden, in physisches Gold zu tauschen. Gold - anders als Bankguthaben und kurzlaufende Schuldverschreibungen - verliert durch die Null- und Negativzinspolitik seine Kaufkraft nicht - und auch dann nicht, wenn die Güterpreise steigen. Zusätzlich zum Kapitalerhalt stellt das Gold für langfristig ausgerichtete Anleger eine Wertsteigerung in Aussicht.

(3) Mit Blick auf die längerfristigen Kapitalanlagen sollte der Anleger auch über den Einstieg in die Aktienmärkte nachdenken. Mit Blick auf die kommenden (fünf bis zehn) Jahre gibt es gute Gründe zu erwarten, dass Aktien bessere Resultate erbringen als festverzinsliche Wertpapiere. Man bedenke nur: Wer heute eine 10-jährige deutsche Bundesanleihe kauft, erzielt eine durchschnittliche Jahresrendite von minus 0,09 Prozent, mit einer 5-jährigen Anleihe minus 0,51 Prozent - und zwar vor Abzug der Inflation. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Situation bessert, ist gering.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


(1) [Anmerkung: Die EZB hatte bereits 2011 langlaufende Kredite an Euro-Banken mit dreijähriger Laufzeit ("LTROs") gewährt. In 2014 vergab sie weitere derartige Kredite ("TLTROs-I" und "TLTROs-II") mit Laufzeiten von bis zu vier Jahren - zu Kreditzinsen zwischen -0,4 und 0%. Das Kreditvolumen der TLTROs-II beläuft sich derzeit auf etwa 739 Mrd. Euro. Mit derartigen Krediten ersetzt die EZB vor allem die Kapitalmarktfinanzierung der Banken.


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