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Ein kalter Hauch von Rezession

04.08.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die Aktivität in den Kernbranchen der deutschen Wirtschaft schwächt sich ab - und das ist mehr als nur ein vages Alarmsignal.

Im Juni 2019 gingen die Neuzulassungen im deutschen Automarkt um 4,7% gegenüber dem Vorjahr zurück, teilte das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) mit. Zum Beispiel fielen die Zulassungen bei Audi um 13,2% gegenüber dem Vorjahresmonat, bei Mercedes um 15,2%, bei Opel um 7,3% und bei VW um 6,1%. Die PKW-Produktion in Deutschland erreichte im Juni 347.700 Autos, ein Rückgang von 24 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Nun sind allerdings die Jahresvergleiche mitunter recht schwankungsanfällig - und deshalb sollte man Monatszahlen nicht alarmistisch interpretieren.

Dennoch ist unübersehbar: Der Produktionstrend in der deutschen Automobilindustrie schwächt sich merklich ab. Die im laufenden Jahr geschätzte Produktionszahl von 4,7 Millionen Autos wird um ungefähr 20% niedriger sein als der Rekordwert von 5,9 Millionen in 2011. Gleichzeitig gibt auch der deutsche Maschinen- und Anlagebau Alarmzeichen: Dem Verband VDMA zufolge sind von März bis Mai die Bestellungen um 9 Prozent gegenüber dem Vorjahr gefallen, vor allem die Auslandsnachfrage hat nachgegeben. Wie zu hören ist, streichen bereits einige Unternehmen Stellen, andere denken über Kurzarbeit nach.

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Quelle: Thomson Financial; Graphik Degussa.


Was sind die Gründe? Sie sind in einer Abschwächung der Weltkonjunktur zu finden, insbesondere aber auch in strukturellen Veränderungen und hausgemachten Problemen. Stichworte sind hier: Handelskonflikte, Brexit, Umstieg auf neue Antriebstechniken, verändertes Konsumverhalten ("Car sharing"), aber auch die sich im internationalen Wettbewerb verschlechternden Investitionsbedingungen in Deutschland spielen eine wichtige Rolle für das Erlahmen der Wirtschaft.

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Quelle: Thomson Financial; Berechnungen Degussa.


Noch ist die Wirtschaftsabschwächung am Anfang, und der Arbeitsmarkt ist nach wie vor in recht guter Verfassung: Die deutsche Arbeitslosenquote lag im Juni 2019 bei 5,0% (saisonbereinigt), und die Erwerbstätigkeit erreichte im Mai 2019 einen Rekordwert von 45,28 Millionen Menschen. Allerdings zeigen sich auch hier schon unübersehbar erste konjunkturelle "Bremsspuren": Die Kurzarbeit steigt seit Ende 2018 wieder an.

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Nach vorläufigen hochgerechneten Daten der Bundesagentur für Arbeit wurde im April an 44.000 Arbeitnehmer konjunkturelles Kurzarbeitergeld gezahlt, nach 41.000 im Vormonat und 13.000 im Vorjahr. (Mittels Zahlung von Kurzarbeitergeld soll es Betrieben erleichtert werden, eingearbeitete Mitarbeiter zu halten und bei verschlechterter Konjunkturlage sie nicht in die Arbeitslosigkeit schicken zu müssen.)

Die Nachfrage nach neuen Mitarbeitern bewegt sich zwar bisher noch auf hohem Niveau. Aber auch hier zeigen sich Abschwächungssignale. So unterschritt jüngst der Bestand der gemeldeten Stellen das Vorjahresniveau: Nicht saisonbereinigt belief sich der Bestand im Juni auf 798.000 Arbeitsstellen. Das waren 8.000 oder 1 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.

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Eine Prognose für das Wirtschaftswachstum zu erstellen, kommt bekanntlich einer (mit wissenschaftlichen Maßstäben betrachtet) höchst unwissenschaftlichen Spekulation gleich - sie ist auch aus diesem Grund besonders fehleranfällig. Eine solche Zukunftseinschätzung kann nicht mehr sein als eine mehr oder weniger "informierte" Einschätzung.

Mit der gebotenen Vorsicht und den handelsüblichen "Warnhinweisen" sei sie an dieser Stelle gewagt: Nach einem Wachstum von 1,4% J/J in 2018 (2017: 2,2% J/J) dürfte die Jahreszuwachsrate des deutschen Bruttoinlandsproduktes in 2019 nur noch ganz leicht über der Nulllinie liegen, bei ungefähr 0,1%. Mit Blick auf das Jahr 2020 steigt die Wahrscheinlichkeit allerdings an, dass die deutsche Wirtschaft erstmalig seit 2009 wieder schrumpft könnte.

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Quelle: Thomson Financial: Berechnungen Degussa.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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