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Das gefährliche Spiel mit der Verschuldung

07.12.2019  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die weltweite Verschuldung steigt und steigt. Die zentrale Gefahr, dass die Schuldenpyramide zusammenbricht, ist eine erneute Konjunkturkrise, die durch die Zinspolitik der Zentralbanken vermutlich nicht mehr abgewendet werden könnte.

Seit Jahrzehnten schreitet sie ungebremst voran: die weltweite Schuldenwirtschaft. Konsumenten, Unternehmen und Staaten wirtschaften chronisch auf Pump. Das zeigt sich darin, dass die Gesamtverschuldung der Volkswirtschaften relativ zur Wirtschaftsleistung immer weiter angestiegen ist. Möglich wurde das, weil die großen Zentralbanken der Welt die Kreditzinsen nach und nach immer weiter absenkt haben.

Der im Trend sinkende Kreditzins hat dabei zweierlei bewirkt: Zum einen wurde es Schuldnern möglich, fällige Schulden durch neue Schulden, die einen niedrigeren Zins tragen, zu refinanzieren; so gesehen wurde zur "Wechselreiterei" ermuntert. Zum anderen hat der absinkende Zins die Schuldentragfähigkeit der Kreditnehmer vergrößert. Das heißt, sie konnten nicht nur fällige Kredite problemlos durch neue Kredite ersetzen (brauchten also ihre Kredite nicht zurückzuzahlen), sie konnten zudem auch noch ihre Verschuldung ausweiten.

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Quelle: CNBC, 15. November 2019.


Dem International Institute of Finance (IIF) zufolge hat die weltweite Verschuldung im ersten Halbjahr 2019 250,9 Billionen US-Dollar erreicht, für das Ende 2019 wird sie auf rund 255 Billionen US-Dollar geschätzt. Diese Zahlen implizieren eine Verschuldungsquote von ungefähr 300 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsproduktes.

Das Anwachsen der Verschuldung relativ zum Einkommen ist eine Entwicklung, die dauerhaft nicht durchhaltbar ist: Sie führt dazu, dass irgendwann die Zinszahlungen auf die Schulden die Einkommen und Vermögen der Schuldner übersteigen; und selbst in dem Fall, in dem der Kreditzins auf null Prozent abgesenkt worden ist, würde der Kreditmarkt schließen, weil es niemanden mehr gäbe, der sein Geld freiwillig zu null Prozent verleiht. In einer solchen Extremsituation gibt es dann nur noch einen Kreditgeber: die Zentralbanken. Das damit verbundene Monetisieren der Schulden wäre jedoch mit einer extrem hohen Geldentwertung verbunden.

"Doch so weit ist es noch nicht, noch geht es" - das mögen sich die Investoren gegenseitig ermutigend zuflüstern: Schließlich sind die Zinsen ja niedrig. Die zentrale Bedrohung, dass die Schuldenpyramide kippt, besteht jedoch nicht allein darin, dass der Zins wieder steigen könnte. (Was derzeit nicht absehbar ist, weil die machtvollen Zentralbanken alles daransetzen, die Zinsen zu kontrollieren: nicht nur die Zinsen für Staatskredite, sondern auch die Zinsen für Konsumenten- und Unternehmenskredite.) Die zentrale Bedrohung für die Schuldenpyramide ist vielmehr eine einbrechende Konjunkturund Beschäftigungslage.

Denn angesichts der mittlerweile sehr hohen Verschuldung geraten Kreditnehmer dann wirklich in Bedrängnis: Viele von ihnen können ihren Schuldendienst nicht mehr leisten. Wer beispielsweise arbeitslos wird, kann wohlmöglich seinen Schuldendienst nicht mehr wie geplant bedienen.

Ähnliches gilt für Unternehmen: Machen sie keinen Gewinn mehr, fehlt ihnen das Geld, um ihre Zins- und Tilgungszahlungen zu leisten. (Die wenigsten Schuldner werden den Schuldendienst aus ihrem vorhandenen Finanzvermögen abstottern können.)

Aus diesem Grund setzen die Zentralbanken auch alles daran, die Konjunkturen durch eine Politik des niedrigen Zinses - einschließlich niedriger Risikokosten - in Gang zu halten. Die ernüchternde Einsicht lautet daher: Die Geldpolitiken, die im Grunde ursächlich waren für die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008/2009, werden heute noch aggressiver fortgeführt.

Dass das kein gutes Ende nehmen kann, liegt auf der Hand. (Und man wird den Eindruck nicht los, dass das tatsächlich Irrsinn ist: Denn Irrsinn besteht bekanntlich darin, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.)


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Quelle: Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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