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Fed mit ruhiger Hand und klarer Ansage!

11.06.2020  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1345 (06:27 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1321 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 106,96. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121,35. EUR-CHF oszilliert bei 1,0718.

Nach starkem Wochenbeginn zeigen sich die Märkte den Risikoaktiva gegenüber weniger zugetan. Im Wochenverlauf legten der JPY und CHF ("sichere Häfen") nach vorhergehender Schwäche zu.

Zu Wochenbeginn starke Aktienmärkte verloren sukzessive an Boden. Es kam zu Gewinnmitnahmen. Bisher handelt es sich hier um Korrekturen nach fulminanten Gewinnen der Risikoaktiva in der Vorwoche. Gestern ergab sich nach der US-Zinsentscheidung zunächst eine positive Lesart pro Risikoaktiva, die dann aber im weiteren Handelsverlauf konterkariert wurde. War die initiale Aufwärtsbewegung oder die dann folgende Abwärtsbewegung unter mittel- und langfristigen Gesichtspunkten sachlich angemessen?

Erwartungsgemäß hat der Offenmarktausschuss der Federal Reserve das Leitzinsniveau unverändert belassen (Fed Funds Rate 0,00-0,25%, Anlagezins 0,10%). Das war erwartet worden und ist damit als neutral einzustufen. Der Status Quo nach der aggressiven Senkung zuvor wird derzeit fortgeschrieben.

Es gab faktisch eine Festlegung darauf, die aktuelle Politik bis 2022 fortzuführen. Das ist eine qualitative Aussage mit einem quantitativen Kontext. Diese Form der Vorfestlegung in der Null- oder Niedrigzinspolitik war unerwartet und spricht mittel- und langfristig klar für Risikoaktiva, aber auch für Gold (u.a. Anlagenotstand).

Die Tatsache, dass Jerome Powell ausdrücklich sagte, dass die Fokussierung der US-Notenbank auf angemessenem Wachstum der Realwirtschaft und der Preisentwicklung (2% Zielzone bei Inflation) im Rahmen des dualen Mandats der Federal Reserve liegt und Bewertungen an Aktienmärkten von daher nicht im Fokus der Notenbank stehen, spricht mittel- und langfristig für Allokation in Risikoaktiva.

Die Anleiheankäufe sollen sich monatlich auf 120 Mrd. USD stellen (80 Mrd. Staatsanleihen und 40 Mrd. Hypothekenpapiere). Das ist ein klares Signal. Mehr noch betonte die Fed, dass man mit den Größenordnungen flexibel umgehen könne. Auch hier ist kein Malus für mittel- und langfristige Asset-Allokation in Risikoaktiva gegeben, ganz im Gegenteil.

Zudem optimiert die US-Notenbank bei Bedarf ihre Stützungsprogramme. So hat die Fed die Bedingungen ihres Kreditprogramms für mittlere Firmen diese Woche gelockert. Der als Main Street Lending Facility bekannte Fonds mit einem Volumen von 600 Mrd. USD soll Firmen mit bis zu 15.000 Mitarbeitern helfen.

Auch werde die Fed sich mit dem Thema der Kontrolle der Zinskurve beschäftigen. Laut Powell sei die Effektivität solcher Maßnahmen noch offen. Japan und Australien sind hier bereits aktiv. Dass sich die Fed mit dem Thema auseinandersetzt, ist bezüglich der US-Haushaltslage mehr als verständlich und impliziert perspektivisch mindestens eine weiche Form der Umsetzung (Neuverschuldung 2020 circa 2.800 Mrd. USD per 9. Juni).

Neben den Maßnahmen der Federal Reserve darf der Verweis auf die Programme der US-Regierung nicht fehlen, die gleichfalls massiv sind.


Was den Markt angeblich störte, waren die BIP-Prognosen und Fed-Verbalakrobatik:

Die Makro-Prognosen hoben sich nicht wesentlich von den verfügbaren Prognosen für die USA ab. Die US-Notenbank unterstellt, dass die Wirtschaftsleistung per 2020 um 6,5% sinken und 2021 um 5,0% steigen wird (IWF 2020 -5,9%, 2021 +4,7%). Damit beschreibt die Federal Reserve ein temporäres Problem, das sich zeitlich nah und absehbar in das Gegenteil verkehrt.

Jerome Powell sagte zudem, vor der Wirtschaft läge ein sehr unsicherer Weg. Erst in den nächsten Monaten würde sich herausstellen, wohin die Reise wirklich ginge. Diese Einlassung goutierte der Markt weniger.

Wir halten inne. Eine derartige Einwertung ist seitens der Fed zwingend erforderlich, da die Federal Reserve ansonsten gar nicht die verfügten Extremmaßnahmen rechtfertigen könnte. Jedes Statement, das eine zu positive Tonalität inkludierte, würde zwingend die Notwendigkeit einer Exit-Strategie erforderlich machen. Das Gegenteil davon, nämlich die Ausweitung der Null- oder Niedrigzinspolitik bis 2022, wurde aber geliefert. Das Marktverhalten erinnert bisweilen an den Titel der Schlagersängerin Gitte: "Ich will alles, ich will alles und zwar sofort!" Das ist nicht wirklich smart …

Die Federal Reserve hat mit der gestrigen Entscheidung und den Einlassungen ein implizites "whatever it takes" geliefert. Mehr konnte und mehr kann nicht erwartet werden. Märkte mögen reif für eine Korrektur gewesen sein. Die Fed lieferte mittel- und langfristig klare Signale. "Food for thought!"


Aktuelle Corona-Lage gemäß der Johns-Hopkins-Universität:

Wir weisen darauf hin, dass die Darstellung der Johns-Hopkins-Universität lediglich eine Annäherung an die reale Lage liefert. Die Datenqualität ist erodiert. Grundaussagen lassen sich dennoch grob ableiten.

Das Thema der Exit-Strategien aus den Extremmaßnahmen bestimmt das Bild. Das gilt vor allen für die Länder, in denen sich Entspannungen ergeben. Es gilt aber auch für Länder, die noch von Verspannung geprägt sind. Zwischen den Zeilen wird daran deutlich, dass das Risikopotential von Covid-19 seitens der Politik als weniger dramatisch eingestuft wird.

In Asien setzt sich die Entspannung (und die wirtschaftliche Erholung) fort. In China liegen 115 akute Infektionen vor. In Südkorea stellt sich die Zahl auf 1.017. In Japan liegt sie bei 1.007. In Singapur sind es 12.408.

In Kontinentaleuropa ist die Lage stabil. Einige Länder liefern keine aktuellen Genesungszahlen laut Johns-Hopkins, so dass wir uns hier nur auf die Länder fokussieren, die ihren Aufgaben nachkommen. In Deutschland liegt die Zahl der akuten Infektionen bei 7.140. Österreich liegt bei 422 Fällen. Die Schweiz bringt es auf 375. In Italien sind es noch 31.170. Irritierend sind die Genesungszahlen aus den Niederlanden (181!), Belgien, Spanien, Frankreich und Schweden (0!).

Die Problemländer sind weiter die USA (1.354.036), das UK (249.106), Brasilien (318.820) und Russland (234.378). Deren Genesungszahlen sind übrigens plausibel …


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Die international verfügbaren Daten implizieren in ihrer Gesamtheit und Komplexität, dass der Tiefpunkt der administrierten Rezession im April markiert wurde.


Eurozone:

In Frankreich sank die Industrieproduktion per April im Monatsvergleich um 20,1% (Prognose -20,0%) nach zuvor -16,2%.


USA:

Die US-Verbraucherpreise fielen per Berichtsmonat Mai im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose 0,0%) nach zuvor -0,8%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 0,1% (Prognose 0,2%) nach zuvor 0,3%. Die Kernrate der Verbraucherpreise ging im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose 0,0%) zurück. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 1,2% (Prognose 1,3%) nach zuvor 1,4% ein.

Das Federal Budget wies per Berichtsmonat Mai ein Defizit in Höhe von 399,0 Mrd. USD (Prognose -625 Mrd. USD) nach zuvor -738 Mrd. USD aus. Wir weisen darauf hin, dass sich das öffentliche Gesamtdefizit per Mai auf 772 Mrd. USD oder circa 3,5% des BIP summierte (Daten der US-Treasury).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0620 - 50 neutralisiert den positiven Bias des Euros.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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