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Corona und US-Wahlen belasten - EZB: Nächste "Bazooka"

30.10.2020  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1678 (06:18 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1650 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 104,30. In der Folge notiert EUR-JPY bei 121,81. EUR-CHF oszilliert bei 1,0682.

Die Finanzmärkte befinden sich in einer nervösen Grundfassung. An den Aktienmärkten waren gestern Gelüste auf "Bottom-Fishing" dominant. Gut, der Boden von gestern mutierte heute früh zur ersten Widerstandszone. Edelmetalle sahen sich Verkaufsdruck ausgesetzt, der aber nicht dynamisch wurde. Der USD gewinnt gegenüber dem Euro an Boden, da Europa Lockdowns einführt, die das Wirtschaftsleben insbesondere im Dienstleistungssektor in Mitleidenschaft ziehen. Ein zweiter Aspekt der Euro-Schwäche gegenüber den Hauptwährungen ist durch die Erwartungshaltung geprägt, dass die EZB mit ihrer anstehenden Politik die Attraktivität des Euros untergräbt.

Die Corona-Lage unterminiert Zuversicht an den Märkten. Entspannung ist in westlichen Ländern anders als in Asien nicht absehbar hinsichtlich der Kriterien, die in der Politik als relevant definiert werden. In Deutschland wurden in den letzten 24 Stunden 18.681 Personen positiv getestet (neuer Rekordwert). In den USA wurde ein neuer Rekordwert von mehr als 91.000 positiv getesteten Personen gemeldet. Anders als in Europa sind Lockdowns in den USA zumeist verpönt.

Das Thema der US-Präsidentschaftswahl verunsichert ebenso. Wer in den letzten Tagen auf den TV-Qualitätssendern (Arte bevorzugt) Sendungen über die Strukturen (u.a. Super PACs) gesehen hat, weiß dass die demokratische Struktur in den USA unausgeprägt ist und immer stärker wackelt. Das Risiko, dass diese Wahlen manipuliert wurden und werden, ist sehr ausgeprägt.


EZB: Die nächste "Bazooka" kommt

Erwartungsgemäß hat die EZB auf der aktuellen Sitzung weder Zinsen noch quantitative Maßnahmen verändert. So weit, so gut! Die verschärfte Corona-Lage als auch die verfügten Lockdowns haben die EZB jedoch veranlasst, sich auf neue Interventionen vorzubereiten. Frau Lagarde machte deutlich, dass man seitens der EZB alle Mittel, die zur Verfügung stehen, überprüfe und bei Bedarf neu kalibriere, um sie einsetzen zu können.

Die Verbalakrobatik implizierte, dass die EZB-Dezembersitzung (10. Dezember) vor dem Hintergrund dann neuer EZB-Projektionen (BIP, Verbraucherpreise) hinsichtlich neuer Maßnahmen in den Fokus rückt. Aber auch eine außerordentliche Sitzung ist bei stärkeren Verwerfungen nicht auszuschließen.

In dem Zusammenhang verlautete, dass alle Ratsmitglieder sich einig gewesen seien, dass es notwendig sei, zu handeln. Damit ist die Frage des "ob" und des "wann" faktisch beantwortet.


Was dürfen die Märkte erwarten:
  • Die Zinspolitik ist bezüglich des Grenznutzens ausgereizt. Gleichwohl schließen wir einen Schritt um weitere 0,25% nicht aus, auch wenn wir das in unserem Haus SOLVECON nicht favorisieren.

  • Das bisher 1,35 Billionen EUR große Kaufprogramm PEPP stellt einen entscheidenden Ansatzpunkt dar. Hier können quantitative und qualitative Merkmale verändert werden.

  • Denkbar ist eine Ausweitung der langfristigen Kredite an die Banken (TLTRO).

  • Auch können Freibeträge für die bei der EZB geparkte Überschussliquidität der Banken erhöht werden, um die Belastung durch Negativzinsen zu lindern.

Gestern machte Frau Lagarde deutlich, dass die EZB in dem Konzert der europäischen Stabilisierungsinterventionen das volle Gewicht des Potentials der EZB einsetzen wird. Man konnte auch keine andere Gangart der EZB erwarten, nachdem die Führung der EZB bereits das politische Mandat der grünen Wende für das Haus umsetzte. Ob das in das offizielle Mandat einer Notenbank passt, sei dahingestellt. Gewaltenteilung ist eigentlich nicht schlecht.

Die EZB macht mit ihrer Interventionspolitik deutlich, dass der Finanzsektor zu keinem Krisenelement mutieren soll. Diese Politik ist insofern richtig, als dass das Problem der Corona-Krise kein endogenes ökonomisches oder finanzwirtschaftliches Kernproblem darstellt. Es gilt aus Sichtweise der EZB, der wir zustimmen, diese exogen bedingte Krise temporärer Natur nicht zu einer endogenen finanzwirtschaftlichen Krise zu machen. Vor diesem Hintergrund ist es verständlich, dass anders als zuletzt eine einmütige Zustimmung im EZB-Rat hinsichtlich der aktuellen Pläne gegeben war.

In Krisensituationen neigen Zentralbanken eher zur Über- als zur Unterdosis. Wir sind auf die nächste „Bazooka“ gespannt.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Der in Europa weitgehend implementierte „differenzierte Lockdown“ hat zur Folge, dass der produzierende Sektor größtenteils ungeschoren bleibt. Das ist und wird sich tendenziell an den Wirtschaftsindikatoren spiegeln (Resilienz). Der Dienstleistungssektor und die Verbraucher sind primär von diesen Maßnahmen beeinträchtigt. Auch das wird sich in den Indikatoren niederschlagen („Split Economy“). Der Blick auf vergangenheitsbezogene Daten (u.a. BIP 3. Quartal) ist vor dem Hintergrund der aktuellen Krisenlagen in der westlichen Welt (ergo ex Asien) nicht Ziel führend, um sensitive Investmententscheidungen zu treffen.


Eurozone: Anzeichen einer "Split Economy"

Der Economic Sentiment Index der Eurozone verharrte per Oktober bei 90,9 Punkten (Prognose 89,5, Anstieg des "Industrial Sentiment" von -11,4 auf -9,6 Zähler, "Services Sentiment von -11,2 auf -11,8 Punkte).

In Italien stieg der Geschäftsklimaindex für das Verarbeitende Gewerbe per Oktober von zuvor 92,6 (revidiert von 92,1) auf 95,6 Punkte (Prognose 91,7). Der Index des Verbrauchervertrauens Italiens sank per Oktober von zuvor 103,3 (revidiert von 103,4) auf 102,0 (Prognose 102,2) Zähler ("Split Economy").

In Deutschland fiel die saisonal bereinigte Arbeitslosenquote per Oktober von zuvor 6,3% auf 6,2% (Prognose 6,3%). Saisonal bereinigt nahm die Zahl der Arbeitslosen um 35.000 (Prognose -5.000) nach zuvor -10.000 (revidiert von -8.000) ab. Die deutschen Verbraucherpreise verharrten im Jahresverglich unverändert bei -0,2% (Prognose -0,3%, Monatsvergleich +0,1%). Die deutschen Einzelhandelsumsätze sanken per September im Monatsvergleich um 2,2% (Prognose -0,8%) nach zuvor 1,8% (revidiert von 3,1%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 6,5% (Prognose 6,6%) nach zuvor 3,0% (revidiert von 3,7%).

Laut Erstschätzung legte das BIP Frankreichs per 3. Quartal im Quartalsvergleich 2020 um 18,2% (Prognose 15,4%) nach zuvor -13,7% zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 4,3% nach zuvor -18,9%.

In den Niederlanden nahmen die Einzelhandelsumsätze per September im Jahresvergleich um 10,2% nach zuvor 6,4% (revidiert von 6,2%) zu.


USA: Quantitativ grundsätzlich überzeugend

Das BIP stieg laut Erstschätzung per 3. Quartal in der annualisierten Fassung um 33,1% (Prognose 31,0%) nach zuvor -31,4% (Hintergrund auch massive öffentliches Defizit). Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe stellten sich per 24.Oktober auf 751.000 (Prognose 775.000) nach zuvor 791.000 (revidiert von 787.000). Der Index anhängiger Hausverkäufe sank unerwartet im Monatsvergleich um 2,2% (Prognose +3,4%) nach zuvor +8,8%.


Russland: Steigende Reserven

Die Devisenreserven legten per Berichtswoche 23. Oktober von zuvor 585,3 auf 589,8 Mrd. USD zu.


Japan: BoJ mit ruhiger Hand

Die Bank of Japan hat die Leitzinsen erwartungsgemäß unverändert bei -0,10% belassen. Die Arbeitslosenrate stellte sich per September unverändert auf 3,0% (Prognose 3,1%). Die Industrieproduktion nahm per September im Monatsvergleich um 4,0% (Prognose 3,2%) nach zuvor 1,0% zu (Jahresvergleich -11,0% nach -12,3%). Neubaubeginne sanken per September im Jahresvergleich um 9,9% (Prognose -8,6%) nach zuvor -9,1%.


Südkorea: Einfach stark!

Die Industrieproduktion nahm per September im Jahresvergleich um 8,0% (Prognose 1,7%) nach zuvor -2,6% (revidiert von -3,0%) zu (Monatsvergleich +5,4% nach -0,3%). Der Dienstleistungssektor verzeichnete per September im Monatsvergleich eine Zunahme um 0,3% nach zuvor -1,0%. Einzelhandelumsätz6e legten per September im Monatsvergleich um 1,7% nach zuvor 3,0% zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in dem Währungspaar EUR-USD impliziert. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.1850 - 80 eröffnet neues Aufwärtspotential.

Bleiben Sie gesund, viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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