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Biden liefert - Powell zerstört Zinsnarrativ - Trumps Handelspolitik fatal

15.01.2021  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2145 (06:07 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2111 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 103,78. In der Folge notiert EUR-JPY bei 126,04. EUR-CHF oszilliert bei 1,0792.

Die Märkte mäandern weiter. Momentum ist unausgeprägt, obwohl die Fed und Biden vollständig geliefert haben. Der designierte Präsident Biden stellte gestern sein Corona-Hilfspaket in einen Größenordnung von 1,9 Billionen USD (circa 9% des BIP) vor. Allein die privaten Haushalte sollen mit 1 Billion USD subventioniert werden (gut 4,5% des BIP). Nachfolgend einige geplante Einzelmaßnahmen:
  • 160 Mrd. USD sind für ein Impfprogramm, Schnelltests, den Ausbau von Testlabors und für kommunale Impfzentren vorgesehen.

  • 170 Mrd. USD sind für Schulen und Universitäten geplant.

  • Amerikaner sollen Konjunkturschecks in Höhe von 1.400 USD pro Kopf erhalten.

  • Verlängert werden soll die zusätzliche Arbeitslosenunterstützung bis September. Die Zahlung soll von bislang 300 auf 400 USD pro Woche angehoben werden.

  • Die Moratorien für Zwangsräumungen von Mietern und Zwangsvollstreckungen sollen bis September verlängert werden.

  • Einkommensschwachen Familien soll mit einer Erhöhung der Leistungen um 15% unter die Arme gegriffen werden.

  • Vorgesehen ist eine Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar pro Stunde.

Währenddessen sieht Herr Altmaier in seiner Funktion als Wirtschaftsminister keinen Anlass für ein vergleichbares weiteres Paket. Hier wird der Unterschied zwischen der Eurozone und den USA deutlich (= strukturelle US-Schwäche).

Das US-Haushaltsdefizit wird 2021 voraussichtlich in Richtung 15% des BIP nach circa 21.5% per 2020 tendieren (IWF Prognosen: 2020 -18,7%, 2021 -8,7% des BIP). Sind das belastbare Voraussetzungen für den Erhalt des Leitwährungsstatus?


Fed-Chef Powell zerstört Zins-Narrativ

US-Notenbankchef Powell rechnet nach Ende der Corona-Krise noch lange nicht mit Vollbeschäftigung. Trotz des erwarteten Aufschwungs in der 2. Jahreshälfte, sei es noch ein weiter Weg zu diesem Ziel, sagte er in einem Online-Gespräch der Universität Princeton. Mit Zinserhöhungen sei vor diesem Hintergrund in absehbarer Zeit nicht zu rechnen. Eine Beendigung der stimulierenden Geldpolitik sei nicht realistisch, bevor die Arbeit „gut und wirklich" erledigt sei. Powells Bekräftigung dieser langfristig gestalteten Niedrigzinspolitik der Fed steht im Widerspruch zu dem vom Markt entwickelten Narrativ einer schnelleren Zinswende, die den USD temporär unterstützte.

Die aggressive Defizitpolitik Donalds Trumps und jetzt Bidens macht ein Niedrigzinsregime erforderlich, um politische US-Gestaltungsfähigkeit nicht zu verlieren, da die US-Wirtschaft unausgeprägte selbsttragende Kräfte hat (siehe u.a. 2019 6,5% Haushaltsdefizit für gut 2% Wachstum). Ergo ist bezüglich des normativ Faktischen verstärkte und nicht verringerte finanzielle Repression erforderlich.

Die Nivellierung der Standards für die Inflationsmessung (jetzt Durchschnitts-betrachtung) bezüglich der Notenbankpolitik ist ein Baustein der US-Notenbank, genau diese Politik zu ermöglichen. Das Thema Kontrolle der Zinskurve, besser gesagt die Bestimmung des Niveaus des langfristigen Zinses, wird die US-Notenbank/US-Politik nicht solitär den Märkten überlassen, denn hier geht es um nationales US-Interesse. Auch wenn man anders als in Australien und Japan diese Politik nicht explizit als verankert kommunizieren wird, wird sie mit höchster Wahrscheinlichkeit dennoch implizit verfolgt. Alles andere wäre vor dem Hintergrund der Politik der Entmündigung der Märkte seit 2008 im höchsten Maße erstaunlich.

Es ist vor diesem Hintergrund nur logisch, dass Fed-Chef Powell vorerst keine erhöhten Inflationsgefahren auf die USA zukommen sieht. Ja, es könne laut Powell sein, dass sich die Verbraucher auf kurze Sicht beim Abklingen der Corona-Bedrohung in einen Kaufrausch stürzten. Das würde jedoch wahrscheinlich nicht zu einem nachhaltigen Ansteigen des zugrundeliegenden Inflationsdrucks führen. Genau diese Einlassung passt in das Bild der Vollkaskoversicherung der Fed für die Handlungsfähigkeit des Staats und das Ziel von Stabilität an den Finanzmärkten (vorrangig Aktien).

Die Narrative von schnelleren Zinswenden dienen dazu, den USD nicht zu sehr unter Verkaufsdruck kommen zu lassen, um die Vorteile des Leitwährungsstatus zu gewährleisten.


Trumps Handelspolitik fatal

Der von Präsident Trump ausgelöste Handelskrieg mit China hat laut Studie von Oxford Economics, die vom Handelsverband U.S. China Business Council in Auftrag gegeben wurde, zum Verlust von bis zu 245.000 Arbeitsplätzen in den USA geführt.

Ich weise darauf hin, dass auch das Ziel einer Gesundung der Handelsbilanz vollständig verfehlt wurde. Diese Disruption ohne internationale Rechtsgrundlagen hat darüber hinaus zu einer politischen Isolierung der USA beigetragen. Das war schon eine gute Portion politischen und ökonomischen Masochismus. Macht es Biden besser?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Deutsches BIP 2020 nicht ganz so schlecht

Deutschlands BIP sank im letzten Jahr 2020 um 5,0% (Prognose -5,1%) nach +0,6% per 2019.


China: Verbraucher gut gelaunt

Die Wohnimmobilienpreise verzeichneten per Dezember im Jahresvergleich einen Anstieg um 3,8% nach zuvor 4,0%. Chinas Verbraucher-sentiment-Index stieg per Januar von zuvor 71,23 auf 77,74 Punkte und nähert sich damit dem Dunstkreis der historischen Höchstmarken (bisher 78,83 per Juli 2019).


Russland: Reserven entwickeln sich positiv

Die Devisenreserven stellten sich per Berichtswoche 28. Dezember auf 597,4 Mrd. USD nach zuvor 592,4 Mrd. USD.


Japan: Seit Juni Seitwärtstendenz unter Schwankungen

Der Index für den Dienstleistungssektor sank per November im Monatsvergleich um 1,2%. Der Wert für den Vormonat wurde von -0,1% auf +0,4% revidiert.


USA: Arbeitsmarkt mit Schwäche

Die Arbeitslosenerstanträge stellten sich in der Berichtswoche per 9. Januar auf 965.000 (Prognose 795.000) nach zuvor 784.000 (revidiert von 787.000). US-Importpreise legten per Dezember im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose 0,7%) nach zuvor 0,2% (revidiert von 0,1%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 0,3% nach zuvor -1,0%. Exportpreise stiegen im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,7% (revidiert von 0,6%).


Großbritannien: Quantitativ und qualitativ nicht überzeugend

Das BIP sank per November im Monatsvergleich um 2,6% nach zuvor +0,6%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 8,9% nach zuvor -6,8%. Das Handelsbilanzdefizit stellte sich per November auf -16,01 (Prognose -10,18 Mrd.) nach zuvor -13,29 Mrd. GBP (revidiert von -11,99 Mrd.). Es war das größte Defizit in der uns vorliegenden Historie, die bis 2003 zurückgeht.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.2020 - 1.2050 negiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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