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Märkte stabilisiert - Yellen mit Klartext - Peter Praet zum Exit

19.01.2021  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2096 (06:17 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2054 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 104,00. In der Folge notiert EUR-JPY bei 125,79. EUR-CHF oszilliert bei 1,0775.

Heute zeigen sich die Finanzmärkte den so genannten Risikopositionen mehr zugetan. Der europäische Aktienmarkt wird eine freundliche Eröffnung hinlegen. Die Lust auf USD-Long-Positionen ist eher unausgeprägt. Edle Metalle und der Euro gewinnen leicht an Boden.

Einmal mehr spielt Asien eine profunde Rolle. Neben erfrischenden Daten aus China kommt auch aus der Rohstoffbranche anekdotische Evidenz nicht nur einer regionalen asiatischen, sondern tendenziell weltweiten Erholung. Der bedeutende australische Bergbaukonzern Rio Tinto berichtet über kräftige Eisenerz-Nachfrage insbesondere aus China. Im 4. Quartal stiegen die Auslieferungen um 2,4%. Auch die Nachfrage aus Japan, Korea, Taiwan und Europa erhole sich.

Zusätzlich lieferte die designierte US-Finanzministerin Janet Yellen Klartext. Sie betonte, dass der Staat in der Krise „groß handeln“ müsse, um die Corona-Pandemie zu überwinden. Das sei umso mehr geboten, da das Zinsumfeld günstig sei.

Anders ausgedrückt werden die Unterstützungsprogramme des Teams Biden (Präsident), Yellen (Finanzministerin) und Powell (Federal Reserve) nichts zu wünschen übriglassen.

Da verwundert es nicht, dass gestern auch aus Brüssel Klartext in die identische Stoßrichtung geliefert wird. Die Finanzminister der Eurozone bekannten sich gestern zu weiteren Wirtschaftshilfen während der anhaltenden Krise.


Ex-EZB-Chefökonom - Ausstieg aus ultralockerem Kurs wird schwierig

Peter Praets Anmerkungen zum Ausstieg aus der Niedrigzinspolitik verdienen Aufmerksamkeit. Unsere Einlassungen erkennen Sie an der Kursivschrift.

Zum Status Quo: Die EZB hält den Leitzins seit circa fünf Jahren auf dem Rekordtief bei 0,0%. Seit März 2015 kauft die EZB mit Unterbrechungen Staatsanleihen und andere Wertpapiere, um die Ökonomie zu stützen. Im Zuge der akuten Corona-Pandemie legte sie 2020 das zusätzliche Notfall-Programm PEPP für Anleihen-Käufe auf, das zweimal ausgeweitet wurde. Das Volumen stellt sich mittlerweile auf 1,85 Billionen Euro.

Der ehemalige Chefvolkswirt der EZB Peter Praet (2011-2019) rechnet mit einem komplizierten Abschied aus der Krisenpolitik der EZB. Es sei nicht einfach, die Zinsen in einem Umfeld mit hoher Verschuldung zu erhöhen, wenn jeder erwartet, dass die Zinsen dauerhaft niedrig blieben. Damit Geldpolitik glaubwürdig bliebe, müsse sie mögliche Zinserhöhungen vorbereiten und kommunizieren.

Wir stimmen zu, da diese Politik langfristig verankert war und noch ist. Gleichwohl weisen wir darauf hin, dass Staatschulden langfristig finanziert sind. So liegt die durchschnittliche Laufzeit bei 7-8 Jahren. Ergo unterlägen nur die Neuverschuldung und jeweilige Refinanzierung fällig gewordener Anleihen einem erhöhten Zins. Da der erhöhte Zins mit einer erhöhten Inflation einherginge, ergäbe sich weiter über die Inflation auf mehrere Jahre eine Tilgungsfunktion. Ergo: Es ist möglich!

Seiner Ansicht nach könnte sich das im Jahr 2023 zeigen.

Das schließen wir nicht aus. Bisher waren solche Gedankenspiele über Exit-Zeitpunkte jedoch nicht von Erfolg gekrönt.

Man müsse darauf früh genug vorbereiten.

Diese Form der Vollkaskopolitik seitens der Zentralbanken ist mittlerweile tief verwurzelt. Das war vor 1995 in dieser Form nicht der Fall. Seinerzeit führte ein gewisses Maß an Unsicherheit über die Zentralbankpolitik zu einer gesunden Risikoaversion an den Finanzmärkten, was systemisch unterstützend war. Absehbar lässt sich dieser Zustand jedoch nicht herstellen (höheres Marktvolumen, Psychologie).

Praet betonte, dass er der Überzeugung ist, dass die EZB bisher alles richtig gemacht habe. Die Zukunft bereite ihm Sorgen. Regierungen und Finanzmärkte müssten sich zeitig auf steigende Zinsen einstellen, auch wenn die Wahrscheinlichkeit gering sei. Nach einer langen Zeit sehr niedriger Zinssätze könnten die Vermögenspreise überhöht und die Schulden zu hoch sein.

Das Risikocluster ist korrekt beschrieben. Peter Praet lässt einen wichtigen Aspekt aus. Notenbankpolitik ist theoretisch national bestimmt. Durch die globale Vernetzung von Wirtschaft und Kapitalmärkten ergeben sich aber Wirkungszusammenhänge, die Handlungsspielräume einengen. Sollte beispielsweise die US-Notenbank wegen der nicht adressierten strukturellen Probleme länger an der Niedrigzinspolitik festhalten, wären die Spielräume für die EZB begrenzt, da ansonsten über eine höhere Bewertung des Euros nicht unerhebliche ökonomische Kollateralschäden drohten.

Es ist weise, sich über den Exit Gedanken zu machen. Die einmalige Repression, die wir erleben, gefällt den politischen Eliten, da sie ihnen weiter Handlungsspielräume schafft. Entscheidend ist, ob am Ende Notenbanken oder so genannte politische Eliten den Kurs bestimmen (Thema „US-Working Group on Financial Markets“).


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Starke deutsche Kfz-Daten!

In Deutschland verzeichneten die Verbraucherpreise per Berichtsmonat Dezember laut finaler Berechnung erwartungsgemäß einen Anstieg um 0,5% im Monatsvergleich. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 0,3% (Prognose -0,3%, VM -0,3%). In Deutschland stiegen die KFZ-Zulassungen per Dezember im Monatsvergleich um 7,3% nach zuvor 5,3%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Plus in Höhe von 9,9% nach zuvor -3,0%.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.2020 - 1.2050 negiert den positiven Bias.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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