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Nervosität am Finanzmarkt - Fed-Chef Powell mit klarer Ansage

24.02.2021  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,2148 (06:08 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,2136 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 105,50. In der Folge notiert EUR-JPY bei 128,16. EUR-CHF oszilliert bei 1,1015.


Die Nervosität an den Finanzmärkten ist ausgeprägt

Man freut sich an Aktienmärkten nicht ungetrübt über positive Konjunkturdaten oder überraschend positive Quartalsberichte der Unternehmen, die seit Wochen deutlich dominieren. Nein, diese Daten könnten perspektivisch zu einer Lockerung der Repressionspolitik der Zentralbanken führen. Auf die möchte man nicht verzichten. Die Verbalakrobatik der Zentralbanken, die keinen schnellen Lastwechsel in der Politik impliziert, zuletzt Fed-Chef Powell (siehe unten), reicht auch nicht vollständig aus, um der leicht zugenommenen Risikoaversion Herr zu werden.

Man ist auch nicht bereit, die Wurzeln der Preisinflation genauer zu betrachten. Die Tatsache, dass zu einem erheblichen Teil exogene Effekte (Basiseffekte, Rohstoffe) für den Preisanstieg verantwortlich zeichnen, scheint die Marktteilnehmer intellektuell zu überfordern. An Finanzmärkten mag man laute und bunte Schlagzeilen. Da ficht man lieber mit den Säbeln, nicht mit den Floretts.

Heute früh setzte die erste detaillierte Berechnung des deutschen BIP einen unerwarteten positiven Akzent. Das BIP stieg im Quartalsverglich um 0,3%. Die Erstschätzung als auch die Prognose lag bei 0,1%. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang 2,7% auf realer Basis und um 3,7% auf Basis der kalenderbereinigter Fassung. Investitionstätigkeit war der entscheidende Treiber.

Der deutsche Staatshaushalt hatte 2020 lediglich ein Defizit in Höhe von 139,6 Mrd. Euro (Schätzung 158,2 Mrd.). Das sind 4,2% des BIP (USA mehr als 21% des BIP).

Müssen wie deswegen jetzt stehenden Fußes DAX-Aktien verkaufen (Ironie)?


Fed-Chef Powell mit klarer Ansage

Die US-Wirtschaft ist nach Einschätzung des US-Notenbankchefs Powell weiter auf Hilfen der Währungshüter angewiesen. Die Aussichten seien perspektivisch für den weiteren Jahresverlauf positiv, aber hochgradig unsicher. Die konjunkturelle Erholung sei uneinheitlich und längst nicht abgeschlossen.

Die Beschreibung ist unter quantitativen Gesichtspunkten korrekt. Unter Einbeziehung der qualitativen Merkmale ist das Erfordernis der Hilfen noch weitaus ausgeprägter, denn selbstragende Wachstumsmerkmale waren schon vor der Krise nicht gegeben (circa 6% US-Haushaltsdefizit für circa 2% BIP-Wachstum per 2019).

Es würde dauern, bevor die Fed erwägen würde, ihre Geldpolitik zu verändern. Man werde die Zinsen nahe Null halten, bis Vollbeschäftigung erreicht sei und Inflation auf 2% stiege.

Das ist eine unmissverständliche Ansage, die mindestens einen mittelfristigen Charakter hat.

Man sei auch tolerant, wenn das Inflationsziel temporär moderat übertroffen würde. Eine Straffung der Politik würde nicht allein wegen eines starken Arbeitsmarkts erfolgen. Auf dem US-Arbeitsmarkt fehlen derzeit circa 10 Millionen Arbeitsplätze im Vergleich zum Niveau vor der Krise.

Mit dieser Einlassung will sich die Fed in ihrer Zins- und Geldpolitik losgelöst von den genannten Makro-Marken zusätzlich Freiräume schaffen, die Zins- und Geldpolitik nicht anzupassen. Das impliziert zwei Motivationen. Einerseits kann man es als Bewusstsein der qualitativen Mängel der US-Wirtschaft interpretieren, andererseits darf es auch als Ausdruck einer gewollten Entwertung der massiven Schuldsummen ob staatlich oder privat verstanden werden (Debasierung).

Die Inflation würde nicht auf beunruhigende Niveaus steigen. Der Anstieg der Renditen der Staatsanleihen sei Folge der Erwartung höherer Inflations- und Wachstumsraten. Hier liefert Powell eine beruhigende Einschätzung und Erklärung mit dem Ziel, den Finanzmärkten als auch der Realwirtschaft zu suggerieren, dass die US-Notenbank Herr der Lage ist.

Jetzt sei nicht die Zeit, über Haushaltsdefizite nachzudenken.

Die Einlassung ist hinsichtlich der Aufgaben der Fed verständlich. Über ein Haushaltsdefizit von mehr als 21% per 2020 nicht nachzudenken, ist dennoch gewagt. Das gilt umso mehr, als dass 2021 sich erneut ein Defizit von weit mehr als 10% des BIP abzeichnet. Kein westliches Land außer Großbritannien weist kritischere Daten aus.

Man würde jedwede Veränderung der Anleiheankäufe weit im Voraus kommunizieren, die sich derzeit auf 120 Mrd. USD pro Monat stellen. Sie seien laut Powell maßgeblich für die gelockerten Finanzierungsbedingungen, die die Wirtschaft unterstützten.

Hier wird der Vollkaskoschutz für Realwirtschaft und Finanzmärkte seitens Powell noch einmal hervorgehoben. Überraschungen gibt es nur bei Lockerungen!

Fazit: Fed-Chef Powell lieferte bei der Senatsanhörung das Maximum dessen, was in seiner Position machbar war. Die Marktreaktion war/ist jedoch überschaubar.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Preise wie erwartet, Italien mit guten Daten

Die Verbraucherpreise der Eurozone stiegen per Januar gemäß finaler Berechnung im Monatsvergleich um 0,2% (Prognose 0,2%). Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 0,9% (Prognose 0,9%). Die Kernrate der Verbraucherpreise der Eurozone sank im Monatsvergleich um 0,5% (Prognose -0,5%) und stieg im Jahresvergleich um 1,4% (Prognose 1,4%).

In Italien legte der Auftragseingang der Industrie im Monatsvergleich um 1,7% nach zuvor -1,4% (revidiert von -1,3%) zu. Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 7,0% nach zuvor 5,0% (revidiert von 5,3%). Der Absatz der Industrie Italiens verzeichnete eine Zunahme um 1,0% nach zuvor -2,0% im Monatsvergleich und einen Rückgang um 0,5% nach zuvor -4,6% im Jahresvergleich.


UK: Einzelhandel: Besser, aber schlechter als erwartet

Der Index des CBI für den Einzelhandel (Distributive Trades) legte per Berichtsmonat Februar von -50 auf -45 Punkte zu (Prognose -38). Der Index bewegt sich weiter auf den historisch tiefsten Niveaus (Historie bis 1984).

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© Reuters


USA: Quantitativ gute Daten

Der Case/Shiller Hauspreisindex stieg per Dezember um 1,3% (Prognose 1,3%) im Monatsvergleich und um 10,1% (Prognose 9,9%) im Jahresvergleich. Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart des Conference Board stieg per Februar von zuvor 88,9 (revidiert von 89,3) auf 91,3 Punkte (Prognose 90,0). Der Richmond Fed Composite Index verharrte per Februar bei 14 Punkten.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Positionierung EUR/USD favorisiert. Ein Ausbruch aus der Bandbreite 1.2200 - 1.1910 eröffnet neue Opportunitäten.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Solvecon Invest GmbH



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