Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Gold, Bitcoin - und das Geheimnis des Geldes

26.04.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
- Seite 2 -
Mittler für Geld

Zwar verstößt es gegen die "Philosophie" des Bitcoin, den Geldverkehr und die Geldhaltung unter Hinzunahme von Intermediären (Bitcoin-Lagerstätten) zu organisieren, aber technisch-praktisch gesehen wäre das durchaus möglich - wie die Angebote der Krypto-Börsen ja nur zu deutlich zeigen. Allerdings wäre der Bitcoin dann - wie die offiziellen Währungen auch - staatlicher Regulierung ausgesetzt. Der Vorteil der Anonymität der am Geldverkehr Teilnehmenden ginge verloren, und die Wettbewerbsfähigkeit von zum Beispiel Sachgeld wie Gold und Silber würde sich gegenüber dem Bitcoin verbessern. Als "Vorteil" bliebe allerdings die mengenmäßige Begrenzung der Bitcoins bestehen.

Wenn alle Bitcoins geschürft sind, bleibt fortan die Bitcoin-Menge konstant, denn die Menge der Bitcoins ist durch das (aktuelle) Protokoll auf 21 Millionen Stück begrenzt. Zudem gibt es Schätzungen, die davon ausgehen, dass bereits rund 3,7 Millionen Bitcoins verloren gegangen sein könnten. Ist die "Bitcoin-Knappheit" ein Problem? Nein, eine Volkswirtschaft kann wachsen, auch wenn die Geldmenge unverändert bleibt. Es gäbe dann Preisdeflation, die aber der volkswirtschaftlichen Wohlstandsmehrung nicht entgegenstehen würde (wenngleich keynesianisch gesinnte Ökonomen das Gegenteil behaupten mögen.) (1)

Eine Intermediationsfähigkeit des Geldes ist notwendig, weil eine moderne Volkswirtschaft ohne funktionierenden Kreditmarkt nicht auskommt. Es haben sich zwar Märkte herausgebildet, in denen Kryptoeinheiten als Sicherheit für Kredite in anderen Kryptoeinheiten sowie auch in offiziellen Währungen dienen. Erforderlich ist aber eine sehr hohe Besicherung, die viele Transaktionen unwirtschaftlich macht. Ein Kreditmarkt ausschließlich in Kryptoeinheiten, der keine Voll- oder gar Überbesicherung erfordert, ist ohne "Klarnamen" der Marktparteien schwer vorstellbar. Vor allem aber bedarf ein leistungsfähiger Kreditmarkt die Mitarbeit von Kreditvermittlern.

Kreditvermittler sind in der Lage, Kreditrisiken vergleichsweise besser einzuschätzen als das breite Publikum. Sie haben Erfahrung, wie Kreditrisiken zu besichern und wie man angemessene Kreditzinsen berechnen kann. Wenn also Intermediationsdienste nachgefragt werden - ob nun im Einlagen- oder Kreditmarktgeschäft -, dann braucht man "Mittelsmänner"; die Peer-to-Peer-Lösung allein ist nicht ausreichend. Lässt man Intermediäre (wie zum Beispiel Kreditvermittler) zu, werden die Kreditmarktteilnehmer um die Offenlegung ihrer Identität wohl nicht umhinkommen.

Eine (vollständige) Anonymität der Handelnden ist nicht mehr möglich, und ein großer Vorteil des Bitcoin, vor den Blicken und Übergriffen des Staates verborgen zu sein, ist nicht mehr gegeben. In einem Geldwesen mit Intermediation würde der Bitcoin, der den Geldverwendern derzeit Anonymität in Aussicht stellt, in dieser Hinsicht Konkurrenz bekommen, beispielsweise von einem digitalisierten Gold- oder Silbergeld.


Praxistest

Das weltweite Bitcoin-Netzwerk wickelt in der Spitze etwa 350.000 Transaktionen pro Tag ab und ist damit derzeit weitgehend ausgelastet. Das ist jedoch ein relativ geringer "Durchsatz". Zum Vergleich: In Deutschland werden im Durchschnitt arbeitstäglich mehr als 75 Millionen Transaktionen abgewickelt. Um das Problem zu lösen, ist 2015 das "Lightning-Network" entwickelt worden.

Es erlaubt, Zahlungskanäle zwischen den Bitcoin-Benutzern zu eröffnen und Bitcoin zu überweisen, wobei nur der finale Zahlungssaldo auf der Blockchain gespeichert wird. Das erhöht den Durchsatz ganz erheblich und entlastet die Blockchain. Allerdings ist auch hier letztlich natürlich die Inanspruchnahme von knapper Blockchain-Kapazität erforderlich.

Zudem ist noch nicht abschließend geklärt, ob das Lightning-Network so sicher ist, wie es sich die mit Bitcoin Zahlenden wünschen. So gibt es offensichtlich eine Reihe von "Verwundbarkeiten". (2) Da ist das "Griefing": Die im Lightning-Network deponierten Bitcoin könnten "eingefroren" werden, indem der Zahlungskanal mit Mikrozahlungen "überschwemmt" wird. Da ist zudem das "Flood and Loot", ein Vorgang, durch den Bitcoin gestohlen werden könnten. Und da ist das "Time-Dilation Eclipse": Auch hier könnte durch Kontrolle von vielen "Nodes" Bitcoin gestohlen werden. Wie gesagt, ob diese Sicherheitsgefahren relevant werden und gegebenenfalls geheilt werden können, lässt sich noch nicht abschließend beantworten.

Die Kosten des Zahlens sind bedeutsam für den Geldverwender. Wer zum Bitcoin gegen US-Dollar oder Euro bei einer Kryptobörse handelt (also kauft oder verkauft), der muss Gebühren zahlen. Die Handelsplattform stellt dem Kunden für Kauf und Verkauf zum einen Kosten in Rechnung, die sich aus dem Tausch von Kryptoeinheiten in offizielle Währungen ergeben. Zum anderen werden Gebühren fällig, die sich meist errechnen als Prozentsatz auf den Transaktionsbetrag, wobei der Prozentsatz meist umso kleiner wird, je größer der Betrag ist.

Bei beispielsweise PayPal liegen sie derzeit für Beträge von 1 bis 24,99 US-Dollar bei 0,50 US-Dollar, für 25 bis 100 US-Dollar bei 2,3 Prozent, für 100,01 bis 200 USDollar bei 2,0 Prozent, für 200,01 bis 1000 US-Dollar bei 1,8 Prozent und für 1000,01 US-Dollar und größer bei 1,50 Prozent. (3)

Wer Bitcoin-Zahlungen auf der Blockchain durchführt, der muss ebenfalls eine Transaktionsgebühr entrichten. Sie ergeben sich in Abhängigkeit von der Abwicklungsgeschwindigkeit, die wiederum vom Auslastungsgrad des Bitcoin-Networks abhängt. Richtigerweise sollte der Preis in Satoshis ausgewiesen werden.

Mitte April 2021 kostete eine Transaktion 50 US-Dollar. Im Jahr 2018 lag die Gebühr durchschnittlich bei weniger als 10 US-Dollar, Ende 2017/Anfang 2018 erreichte sie 891 US-Dollar ("6 Blocks Fee") und 965 US-Dollar ("Next Block Fee"). In dieser Zeit war die Nachfrage nach Bitcoin sehr groß (weil der Bitcoin-Preis stark angestiegen war), gleichzeitig gab es aufgrund von Stromengpässen in China Kapazitätsknappheit.

Die Transaktionskosten im "Lightning Network" bestehen aus 1) einer Basisgebühr ("Base fee") und 2) einer Liquiditäts-Gebühr ("Liquidity Provider Fee"). Die Basisgebühr ("Flat fee") ist der Preis (in Satoshis), die eine einzelne Person für eine Durchleitung von Zahlungen durch seine Nodes fordert. Die Liquiditäts-Gebühr hängt davon ab, wie viele Bitcoins durch die Nodes, die ein Teilnehmer im Bitcoin-Network hat, abgewickelt werden. Wenn zum Beispiel die Gebühr 0,01 Satoshis beträgt für jeden Satoshi, der durchgeleitet wird, muss jemand, der 1.000 Satoshis überweist, 10 Satoshis zahlen.


Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!




Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"