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Der Inflationsboom. Verführerich, betrügerisch, zerstörerisch

21.06.2021  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Einmalige Zielverfehlung, dauerhafter Schaden

Heutzutage versprechen Zentralbanken der Öffentlichkeit, die Inflation der Güterpreise bei etwa 2 Prozent pro Jahr zu halten. Das wird zwar als "Preisstabilität" verkauft, ist aber natürlich inflationär. Es läuft darauf hinaus, die Kaufkraft des Geldes pro Jahr um 2 Prozent herabzusetzen. Aber es ist noch etwas anderes, das problematisch ist an dem Versprechen, die Inflation niedrig und nicht die Güterpreise stabil zu halten. Denn einmalige Zielverfehlungen führen in der Praxis zu dauerhaften Einbußen der Kaufkraft des Geldes. Dazu ein kleines Beispiel. Nehmen wir an, die Preisinflation beträgt 2 Prozent pro Jahr. Unter dieser Bedingung steigt das Preisniveau über die Zeit an (Abb. a). Die Inflation bleibt annahmegemäß konstant (Abb. b).

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Quelle: Graphik Degussa.


Nun treibt die Zentralbank im Jahr drei die Inflation einmalig auf, sagen wir, 6 Prozent pro Jahr, und danach senkt sie sie wieder auf 2 Prozent pro Jahr. Während die Inflation nur einen einmaligen Ausreißer nach oben zeigt (Abb. d), verbirgt sich dahinter ein dauerhafter Anstieg der Güterpreise (Abb. c), also ein dauerhafter Rückgang der Kaufkraft des Geldes - weil üblicherweise keine Anstalten unternommen werden, die Zielüberschreitung nachfolgend durch niedrigere Inflation ungeschehen zu machen. Einmalige Zielverfehlungen bei der Inflation sind daher nicht auf die leichte Schulter zu nehmen.

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Quelle: Graphik Degussa.


In einem Inflationsregime gewinnen die Informierten und Gewieften auf Kosten der weniger gut informierten. Beispiel: In der Regel gibt es Personen, die besser unterrichtet sind als andere, in welcher Art und Weise sich die Preisinflation zeigen wird. Diese Personen sind in der Lage, ihr Geld frühzeitig in solche Güter zu tauschen, deren Preise noch steigen werden. Auf diese Weise entgehen sie dem Geldwertverlust, den andere erleiden werden. Die damit verbundene Umverteilung von Einkommen und Vermögen schafft Enttäuschung und Verbitterung bei denen, die durch die Inflation geschädigt werden, die ihren bisher hart und ehrlich erarbeiteten finanziellen Status verlieren.

Wer Zugang zu Bankkrediten hat, ist in Inflationszeiten klar im Vorteil. Er gelangt an neues Geld, mit dem sich beispielsweise Häuser, Grundstücke und Unternehmensanteile kaufen lassen. Inflationieren deren Preise im Zeitablauf, erhöhen sich seine Beleihungswerte, und damit verbessert sich seine Möglichkeiten, an neue Kredite zu gelangen. Diejenigen, die über kein Kapital beziehungsweise beleihbare Vermögenswerte verfügen, haben das Nachsehen. Das Geldmengenvermehren per Kreditvergabe ist das eigentlich betrügerische. Es ist ökonomisch gesehen gleichbedeutend mit Geldfälscherei. Die zerstörerischen Folgen sollen im Folgenden näher betrachtet werden.


Zerstörerisch

Ein "Boom" wird häufig verstanden als ein übersteigerter, ein "zu starker" Konjunkturaufschwung. Doch das trifft nicht den Kern der Sache. Ein Boom steht für eine problematische, eine schädliche Verzerrung der volkswirtschaftlichen Produktionsstruktur: Er zeichnet sich dadurch aus, dass Investitionen getätigt werden, für deren Fertigstellung nicht genügend Ersparnisse vorhanden sind. Ein Boom ist nicht "durchhaltbar": Unternehmen werden scheitern, nicht alle Arbeitsplätze bleiben bestehen. Zudem wird im Boom nicht das produziert, was die Konsumenten am dringendsten wünschen. Die Volkswirtschaft bleibt daher hinter ihren Möglichkeiten zurück.


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