Der narkotisierte Fluchtinstinkt
03.07.2021 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Man wird wohl noch leidvoll erkennen: Ungedecktes Papiergeld in den Händen des Staates ist vermutlich die größte Torheit in der Menschheitsgeschichte.
Dass die Preisinflation anzieht, dass die Güter auf breiter Front teurer werden, pfeifen die Spatzen längst vom Dach. Viele Gründe werden zur Erklärung angeführt: Lockdown-Krise, Engpässe durch die Störung der Lieferketten, Ölpreisanstieg etc. Doch der eigentliche Grund bleibt meist ungenannt: Die fahrlässige Vermehrung der Geldmengen durch die Zentralbanken. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Geldmenge M2 seit Anfang 2020 bis heute um 32 Prozent angeschwollen, im Euroraum um 14 Prozent. Dass das die Konsumgüterund/ oder Vermögenspreise inflationiert, ist absehbar.
Doch keine Angst! Der Preisanstieg sei nur vorübergehend, so beschwichtigen eifrig Zentralbankräte, Politiker und systemtreue Ökonomen. Schon bald werde sich die Güterpreisinflation wieder mäßigen. Wenig tröstlich für alle, die auf US-Dollar, Euro & Co setzen: Selbst ein einmaliges Ansteigen der Preisinflation setzt die Kaufkraft des Geldes dauerhaft herab. Man sollte sich also nicht vom Gerede der Geldpolitiker und ihrer Gefolgschaft ins Bockshorn jagen zu lassen. Denn genau darum geht es ihnen: Die Öffentlichkeit über die inflationären Verhältnisse hinwegzutäuschen.
Keine Frage: Das ungedeckte Geld ist inflationär. Und selbst eine Teuerungsrate von zwei Prozent pro Jahr bedeutet nicht, anders als die Zentralbankräte behaupten, "Preisstabilität", sondern vielmehr Kaufkraftverlust von zwei Prozent pro Jahr; es handelt sich hierbei um eine Steuer auf das Geld. Zudem unterzeichnen die offiziellen Preisstatistiken das wahre Ausmaß der Preisinflation: Sie unterschlagen die Preisentwicklung für das Bestandsvermögen - Aktien, Grundstücke, Häuser etc. -, das besonders stark inflationiert. Wer vermutet, der tatsächliche Kaufkraftverlust des Geldes liegt höher, als es offizielle Statistiken zeigen, liegt richtig.
Damit die Täuschung nicht auffliegt, setzen die Zentralbankräte alles daran, die Inflationserwartungen eng an die von ihr versprochene Inflation zu binden. Ist die Zentralbank glaubwürdig aus Sicht der Investoren, funktioniert das reibungslos. Doch mittlerweile müssen die Zentralbanken auf den Kapitalmärkten kräftig nachhelfen: Sie haben die Kontrolle über alle wichtigen Anleiherenditen übernommen. Dadurch kann man sich über die "wahre" Inflationserwartung in den Zinsmärkten kein richtiges Bild mehr machen. Das ist so gewollt, denn auf diese Weise kann man den Fluchtinstinkt der Menschen narkotisieren.
Selbst wenn die Preisinflation unangenehm hoch ausfällt, lässt sich durch den Verweis auf weiterhin niedrige Zinsen und damit angeblich niedrige Inflationserwartungen behaupten, die Preisinflation sei nur vorübergehend gestiegen, dass sie bald wieder nachgeben werde - ansonsten wären ja die Inflationserwartung und die Zinsen in den Kreditmärkten viel höher! So bleibt Panik aus, die Flucht aus dem Geld unterbleibt. Anleger nehmen die Verluste leidend hin. Gewerkschaften und Arbeitnehmer klettern nicht sofort auf die Barrikaden und fordern höhere Löhne. Ein scheinbar perfektes selbstreferentielles Täuschungsmanöver.
Der Geldwert wird herabgesetzt, gleichzeitig die Empörung über die Tat mangels Beweis erschwert. Das treibt die Umverteilungswirkungen, die das ungedeckte Geldsystem ohnehin mit sich bringt, ganz erheblich in die Höhe. Spätestens jetzt - im Regime der heruntermanipulierten Zinsen und dem nunmehr gezielt herbeigeführten Anstieg der Güterpreisinflation - werden alle in USDollar, Euro & Co lautenden Forderungen - Bankguthaben, Geld- und Rentenfonds, Anleihen etc. - zum Verlustgeschäft für "Buy-and-Hold"-Anleger. Und die Preisinflation geht weiter.
Zu groß sind die Schuldenlasten, zu abhängig die Produktions-und Beschäftigungsstrukturen geworden, zu gierig die korrupte staatliche Umverteilungsmaschinerie, als dass man noch von der Inflation lassen könnte. Solange die Menschen stillhalten, den Inflationsbetrug nicht erkennen, nicht versuchen ihm auszuweichen, lässt sich die Inflationspolitik fortführen. Fliegt jedoch der Schwindel auf, kann es leicht explosiv werden. Dann richten sich die Menschen auf die Inflation ein; und die Zentralbank wird zu immer höherer "Überraschungsinflation" greifen müssen, damit die Inflation ihr betrügerisches Werk verrichten kann.
Früher oder später kitzelt das jedoch den narkotisierten Fluchtinstinkt der Geldhalter wach - und dann ist das Tor zur Hölle der Hoch- und Hyperinflation auf. Die staatliche Zentralbank und alle, die von der Inflationspolitik profitieren, werden selbstverständlich alle Hebel in Bewegung setzen, um dieses (Extrem-)Szenario zu verhindern. Mit Propaganda ("Die Inflation ist nur vorübergehend"), mit Preiskontrollen (dem Erlass von Höchstpreisen für zum Beispiel Nahrungsmittel, Mieten, Transport und Energie), Zensur (Personen, die die Wahrheit über die Inflationspolitik kundtun, werden mundtot gemacht), Gewalt.
All das kann eine Zeit lang funktionieren, die Inflationspolitik gewisse Zeit andauern lassen. Wenn aber die Menschen ihren Verstand nicht vollends verlieren, dann wird sich die betrügerische Inflationspolitik früher oder später selbst entzaubern. Allein unbekannt ist dabei, wie die Kaufkraft des Geldes herabgesetzt wird: sehr hohe Inflation für ein relativ kurze Zeit oder erhöhte Inflation über eine relativ lange Zeit. Zweiteres ist zweifellos vorteilhafter für die politischen Kräfte, die den Sozialismus in der westlichen Welt errichten wollen; ersteres wird von hitzigen Umstürzler bevorzugt.
Die Inflationierung ist nämlich nicht nur ein Verfahren, mit dem die einen die anderen ausplündern können. Sie treibt auch die Volkswirtschaften dem Sozialismus in die Arme - und zwar durch die Enttäuschung und die Verbitterung und die Nöte, für die sie sorgt. Die breite Bevölkerung steht hilflos da, die durch Inflation aufgestachelte gesellschaftliche Unruhe und politische Radikalisierung reißen die Überreste der bürgerlichen Gesellschaft hinfort. Man wird noch leidvoll erkennen: Ungedecktes Papiergeld in den Händen des Staates ist wohl eine der größten Torheiten in der Menschheitsgeschichte.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH
Dass die Preisinflation anzieht, dass die Güter auf breiter Front teurer werden, pfeifen die Spatzen längst vom Dach. Viele Gründe werden zur Erklärung angeführt: Lockdown-Krise, Engpässe durch die Störung der Lieferketten, Ölpreisanstieg etc. Doch der eigentliche Grund bleibt meist ungenannt: Die fahrlässige Vermehrung der Geldmengen durch die Zentralbanken. In den Vereinigten Staaten von Amerika ist die Geldmenge M2 seit Anfang 2020 bis heute um 32 Prozent angeschwollen, im Euroraum um 14 Prozent. Dass das die Konsumgüterund/ oder Vermögenspreise inflationiert, ist absehbar.
Doch keine Angst! Der Preisanstieg sei nur vorübergehend, so beschwichtigen eifrig Zentralbankräte, Politiker und systemtreue Ökonomen. Schon bald werde sich die Güterpreisinflation wieder mäßigen. Wenig tröstlich für alle, die auf US-Dollar, Euro & Co setzen: Selbst ein einmaliges Ansteigen der Preisinflation setzt die Kaufkraft des Geldes dauerhaft herab. Man sollte sich also nicht vom Gerede der Geldpolitiker und ihrer Gefolgschaft ins Bockshorn jagen zu lassen. Denn genau darum geht es ihnen: Die Öffentlichkeit über die inflationären Verhältnisse hinwegzutäuschen.
Keine Frage: Das ungedeckte Geld ist inflationär. Und selbst eine Teuerungsrate von zwei Prozent pro Jahr bedeutet nicht, anders als die Zentralbankräte behaupten, "Preisstabilität", sondern vielmehr Kaufkraftverlust von zwei Prozent pro Jahr; es handelt sich hierbei um eine Steuer auf das Geld. Zudem unterzeichnen die offiziellen Preisstatistiken das wahre Ausmaß der Preisinflation: Sie unterschlagen die Preisentwicklung für das Bestandsvermögen - Aktien, Grundstücke, Häuser etc. -, das besonders stark inflationiert. Wer vermutet, der tatsächliche Kaufkraftverlust des Geldes liegt höher, als es offizielle Statistiken zeigen, liegt richtig.
Damit die Täuschung nicht auffliegt, setzen die Zentralbankräte alles daran, die Inflationserwartungen eng an die von ihr versprochene Inflation zu binden. Ist die Zentralbank glaubwürdig aus Sicht der Investoren, funktioniert das reibungslos. Doch mittlerweile müssen die Zentralbanken auf den Kapitalmärkten kräftig nachhelfen: Sie haben die Kontrolle über alle wichtigen Anleiherenditen übernommen. Dadurch kann man sich über die "wahre" Inflationserwartung in den Zinsmärkten kein richtiges Bild mehr machen. Das ist so gewollt, denn auf diese Weise kann man den Fluchtinstinkt der Menschen narkotisieren.
Selbst wenn die Preisinflation unangenehm hoch ausfällt, lässt sich durch den Verweis auf weiterhin niedrige Zinsen und damit angeblich niedrige Inflationserwartungen behaupten, die Preisinflation sei nur vorübergehend gestiegen, dass sie bald wieder nachgeben werde - ansonsten wären ja die Inflationserwartung und die Zinsen in den Kreditmärkten viel höher! So bleibt Panik aus, die Flucht aus dem Geld unterbleibt. Anleger nehmen die Verluste leidend hin. Gewerkschaften und Arbeitnehmer klettern nicht sofort auf die Barrikaden und fordern höhere Löhne. Ein scheinbar perfektes selbstreferentielles Täuschungsmanöver.
Der Geldwert wird herabgesetzt, gleichzeitig die Empörung über die Tat mangels Beweis erschwert. Das treibt die Umverteilungswirkungen, die das ungedeckte Geldsystem ohnehin mit sich bringt, ganz erheblich in die Höhe. Spätestens jetzt - im Regime der heruntermanipulierten Zinsen und dem nunmehr gezielt herbeigeführten Anstieg der Güterpreisinflation - werden alle in USDollar, Euro & Co lautenden Forderungen - Bankguthaben, Geld- und Rentenfonds, Anleihen etc. - zum Verlustgeschäft für "Buy-and-Hold"-Anleger. Und die Preisinflation geht weiter.
Zu groß sind die Schuldenlasten, zu abhängig die Produktions-und Beschäftigungsstrukturen geworden, zu gierig die korrupte staatliche Umverteilungsmaschinerie, als dass man noch von der Inflation lassen könnte. Solange die Menschen stillhalten, den Inflationsbetrug nicht erkennen, nicht versuchen ihm auszuweichen, lässt sich die Inflationspolitik fortführen. Fliegt jedoch der Schwindel auf, kann es leicht explosiv werden. Dann richten sich die Menschen auf die Inflation ein; und die Zentralbank wird zu immer höherer "Überraschungsinflation" greifen müssen, damit die Inflation ihr betrügerisches Werk verrichten kann.
Früher oder später kitzelt das jedoch den narkotisierten Fluchtinstinkt der Geldhalter wach - und dann ist das Tor zur Hölle der Hoch- und Hyperinflation auf. Die staatliche Zentralbank und alle, die von der Inflationspolitik profitieren, werden selbstverständlich alle Hebel in Bewegung setzen, um dieses (Extrem-)Szenario zu verhindern. Mit Propaganda ("Die Inflation ist nur vorübergehend"), mit Preiskontrollen (dem Erlass von Höchstpreisen für zum Beispiel Nahrungsmittel, Mieten, Transport und Energie), Zensur (Personen, die die Wahrheit über die Inflationspolitik kundtun, werden mundtot gemacht), Gewalt.
All das kann eine Zeit lang funktionieren, die Inflationspolitik gewisse Zeit andauern lassen. Wenn aber die Menschen ihren Verstand nicht vollends verlieren, dann wird sich die betrügerische Inflationspolitik früher oder später selbst entzaubern. Allein unbekannt ist dabei, wie die Kaufkraft des Geldes herabgesetzt wird: sehr hohe Inflation für ein relativ kurze Zeit oder erhöhte Inflation über eine relativ lange Zeit. Zweiteres ist zweifellos vorteilhafter für die politischen Kräfte, die den Sozialismus in der westlichen Welt errichten wollen; ersteres wird von hitzigen Umstürzler bevorzugt.
Die Inflationierung ist nämlich nicht nur ein Verfahren, mit dem die einen die anderen ausplündern können. Sie treibt auch die Volkswirtschaften dem Sozialismus in die Arme - und zwar durch die Enttäuschung und die Verbitterung und die Nöte, für die sie sorgt. Die breite Bevölkerung steht hilflos da, die durch Inflation aufgestachelte gesellschaftliche Unruhe und politische Radikalisierung reißen die Überreste der bürgerlichen Gesellschaft hinfort. Man wird noch leidvoll erkennen: Ungedecktes Papiergeld in den Händen des Staates ist wohl eine der größten Torheiten in der Menschheitsgeschichte.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH