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Staat und Krieg

20.03.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Dass aber der Staat auf Zwang und Gewalt beruht, das hat der deutsche Soziologe, Arzt und Ökonom Franz Oppenheimer (der übrigens der Doktorvater von Ludwig Erhard war, dem Vater der sozialen Marktwirtschaft und dem zweiten Kanzler der Bundesrepublik Deutschland) unmissverständlich formuliert. Oppenheimer schreibt: Der Staat "ist seiner Entstehung nach ganz und seinem Wesen nach … eine gesellschaftliche Einrichtung, die von einer siegreichen Menschengruppe einer besiegten Menschengruppe aufgezwungen wurde mit dem einzigen Zwecke, die Herrschaft der ersten über die letzte zu regeln und gegen innere Aufstände und äußere Angriffe zu sichern.

Und die Herrschaft hatte keinerlei andere Endabsicht als die ökonomische Ausbeutung der Besiegten durch die Sieger."

Der Staat, wie ihn Rothbard und Oppenheimer definieren, ist eine aggressive Institution. Er ist aggressiv nach innen. Gegenüber den Regierten ist der Staat bestrebt, seine Macht nicht nur zu erhalten, sondern auch auszuweiten - durch mehr Ge- und Verbote, durch mehr Regularien und Gesetze, höhere Steuern und anderes mehr.

Der Grund dafür liegt auf der Hand: Wenn der Staat das territoriale Machtmonopol zur Letztentscheidung über alle Konflikte auf seinem Gebiet innehat, wenn er auch die Macht besitzt, Steuern zu erheben (einschließlich der Inflationssteuer), dann wird er (beziehungsweise die Personen, die die Staatsmacht ausüben) selbstverständlich immer stärker davon Gebrauch machen.

Vereinfacht gesagt: Der Staat (wie wir ihn heute kennen) wird im Zeitablauf immer größer und mächtiger, und die Bürger und Unternehmer, über die er befehligen kann, werden immer mehr in ihren Freiheitsspielräumen beschnitten und herumkommandiert. Der Staat wird aber nicht nur "nach innen" größer und mächtiger, sondern vor allem auch nach außen, sobald sich ihm dazu eine passende Gelegenheit bietet. Staaten, die sich ideologisch miteinander verbunden fühlen, haben einen Anreiz, sich zu einem Kartell zusammenzuschließen, den Wettbewerb zwischen ihnen auszuschalten.

Ein Beispiel für solch ein Staatenkartell ist die Europäische Union. Wenn Staaten aber unterschiedliche Interessen verfolgen, unterschiedlichen Ideologien anhängen, dann haben sie einen Anreiz, ihre Macht auch aggressiv-kriegerisch aufund auszubauen. Die Weltgeschichte ist voll von solcherart motivierten Kriegen zwischen Staaten.

Große Staaten sind natürlich besonders aggressiv nach außen, weil es relativ einfach ist für sie, sich die für eine aggressive Außenpolitik erforderlichen Mittel - Geld, Waffen, Soldaten - zu beschaffen. Wenn große Staaten unterschiedlichen Ideologien anhängen, ist die Kriegsgefahr zwischen ihnen sehr groß. Ein Beispiel hierfür sind die militärischen Konflikte, einschließlich der vielen Stellvertreterkriege, die zwischen den USA und der Sowjetunion ausgetragen wurden.

Aus ökonomischer Sicht erkennt man: Der Staat (wie wir ihn heute kennen) ist aggressiv. Kriegerische Auseinandersetzungen zwischen Staaten sind daher auch kein tragischer Zufallsfehler, sie sind vielmehr ein logisches Ergebnis.

Das ist übrigens eine grundlegende Einsicht, die der preußische General Carl von Clausewitz bereits vor langer Zeit, im Jahr 1832, formuliert hat. Er schrieb: "Der Krieg ist eine bloße Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln."

Wer also Krieg wirkungsvoll verhindern will, der muss, so sagte es bereits Ludwig von Mises, den Staat und mit ihm Politik und Politiker auf das Stärkste einzuschränken versuchen; und der muss auch den freien Markt befürworten; denn der ist Garant für Frieden und Wohlstand der Menschen auf dem Planeten, und nicht der Staat (wie wir ihn heute kennen).

An dieser Stelle sei noch einmal ausdrücklich daran erinnert: Es gibt nur zwei Formen der menschlichen Kooperation: Freiwilligkeit oder Zwang und Gewalt. Der freie Markt steht für freiwillige Kooperation. Zwang und Gewalt sind die Mittel des Staates (wie wir ihn heute kennen).

Ich will an dieser Stelle nur ganz kurz erwähnen: Selbstverständlich sind Recht und Sicherheit unverzichtbar, wenn Menschen friedvoll und produktiv miteinander in einer Gemeinschaft zurechtkommen wollen. Doch die Güter Recht und Sicherheit können selbstverständlich auch im System der freien Märkte bereitgestellt werden. Dazu braucht es keinen Staatsmonopolisten.

Die ökonomische Lehre kann viel dazu beitragen, die Welt friedvoller und damit ethisch-moralisch besser zu machen. Wer lernt, wie ein System der freien Märkte funktioniert, was es leistet, der wird keinen Grund dafür haben, dem Staat (wie wir ihn heute kennen) das Wort zu reden. Er wird auch verstehen, warum kleine Staaten, kleine politische Einheiten friedvoller und wohlhabender sind als große Staaten, große politische Einheiten; und dass es kein Zufall ist, dass die Menschen, die auf das System der freien Märkte setzen, und sich in kleinen Einheiten organisieren, friedvoll sind, und dabei auch die höchsten Pro-Kopf-Einkommen erzielen.

Man denke hier nur einmal an die Schweiz, Lichtenstein, Monaco, Singapur und Hong Kong.

Wer angesichts des Ukraine-Russland-Konflikts meint, die Lösung des Kriegsproblems liege in der weiteren Aufrüstung der Staaten, in Sanktionen, im Beenden der grenzüberschreitenden Arbeitsteilung, des Handels, der unterliegt einem schweren Irrtum. Das Kriegsproblem ist nicht gelöst, wenn der Aggressor besiegt ist, sondern nur dann, wenn die Ideologien, die zu Krieg führen, vollständig diskreditiert sind, bei den Menschen keinen Zuspruch mehr finden. Der Königsberger Philosoph der Aufklärung, Immanuel Kant, schrieb: "Der Friede muß gestiftet werden, er kommt nicht von selbst."

Ich füge hinzu: Der Friede stellt sich ein, wenn die Menschen freiwillig in freien Märkten miteinander kooperieren. Der Friede wird nicht vom Staat gestiftet. Vielmehr ist das Gegenteil der Fall.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH



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