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Das für viele überraschende Ableben von Goldlöckchen

22.09.2007  |  Claus Vogt
- Seite 3 -
Auf dem Weg vom Maestro zum Verlierer

Wie Sie wissen, gehöre ich zu den ganz wenigen radikalen Kritikern der Notenbanken. Mit meinem gemeinsam mit Roland Leuschel verfassten Buch „Das Greenspan Dossier“ habe ich Greenspans Geldpolitik einer kritischen Analyse unterzogen und die Prognose aufgestellt, dass Greenspan letztlich als einer der schlechtesten Notenbanker aller Zeiten in die Finanzmarktgeschichte eingehen wird. Er genoss damals bekanntlich den Ruf eines unfehlbaren Wirtschaftsgenies, die leider extrem unkritischen und staatstragenden Massenmedien feierten ihn auf erstaunlich naive Weise wie einen Popstar, und der damalige US-Finanzminister O’Neill eroberte sich am 17. September 2001 mit folgender absurden Aussage einen der vordersten Plätze auf der Liste berühmter Dummschwätzer: "Greenspan tut immer das Richtige."

Wird meine damalige Prognose hinsichtlich Greenspans Ruf in Erfüllung gehen? In dem oben genannten Beitrag von Joseph Stiglitz, der den Titel "Amerikas Tag der Abrechnung" trägt, argumentiert der Nobelpreisträger entlang der im "Greenspan Dossier" vorgegebenen Linie - allerdings erst mit dem Jahr 2001 beginnend. Sachlich greift er damit leider viel zu kurz - was aber verständlich wird, wenn man bedenkt, dass er bis 1999 Mitglied im Rat der Wirtschaftsberater von Bill Clinton war. Falls er sich damals kritisch über Greenspans Politik geäußert haben sollte, drang davon jedenfalls nichts an die Öffentlichkeit.

Jetzt aber scheint für diese Art von Ökonomen die Zeit für eine kritische Stellungnahme zu Greenspans Wirken gekommen zu sein. Schließlich bekleidet er in den USA kein einflussreiches Amt mehr und berät sogar deutsche Finanzdienstleister. Stiglitz’ Fazit, das ich natürlich in vollem Umfang teile, lautet: "Es gibt ein altes Sprichwort, wonach die Fehler eines Menschen noch lange nach dessen Abgang weiterwirken. Auf Greenspan trifft das sicher zu."

Ich betrachte den Beitrag von Stiglitz und dessen Aufnahme in die Pressemappe der Deutschen Bundesbank als einen wichtigen Meilenstein im Ringen um die richtige Beurteilung der Greenspan’schen Geldpolitik. Die Ratten verlassen das sinkende Schiff.

Ich habe immer wieder darauf hingewiesen, dass Greenspans von "Moral Hazard" geprägte Politik der bewusst in Kauf genommenen Spekulationsblasen als ein groß angelegtes und höchst riskantes Experiment angesehen werden muss, von dessen bösem Ausgang ich überzeugt war und bin. Dabei habe ich deutlich gemacht, dass das Ersetzen der Aktienblase durch die Immobilienblase keine Problemlösung darstellte, sondern ganz im Gegenteil die uns in Zukunft einholenden Probleme deutlich vergrößert hat. Langsam, aber sicher nähern wir uns dem Tag der Abrechnung, genauer: den Jahren der Abrechnung. Denn die Folgen von Immobilienblasen und überschuldeten Volkswirtschaften sind gewöhnlich viele Jahre lang auf sehr unangenehme Weise zu spüren.


Neues von der Immobilienblase

Es gibt einen guten Frühindikator für den US-Immobilienmarkt, den "Pendig Home Sales Index". Er misst die Anzahl der vertraglich vereinbarten Immobilienkäufe, die noch nicht abgewickelt wurden. Dieser Indikator hat im Vergleich zu den tatsächlichen Verkäufen einen Vorlauf von etwa zwei Monaten. Er ging im Juli im Vergleich zum Vormonat um 12,2% zurück. Das ist der stärkste Rückgang seit die Berechnung dieses Indikators im Jahr 2001 begonnen wurde. Wie Sie wissen, befand sich damals die US-Wirtschaft in einer Rezession.

Stehen wir damit in der Nähe des Tiefpunkts der Immobilienbaisse? Leider nein. Laut dem von der Notenbank veröffentlichten "Beige Book" wurden die Kreditvergabestandards im August weiter deutlich verschärft. Damit ist ein weiterer Rückgang der Umsätze am Immobilienmarkt vorprogrammiert. Das gilt umso mehr, da alle vier Regionen Amerikas deutliche Rückgänge aufweisen: Westen -20,8%, Süden -6,6%, Nordosten -12,2% und Mittlerer Westen -13,1%. An dieser Stelle kann ich mir den Hinweis nicht verkneifen, dass Greenspan in der Hochphase der Immobilienblase die Möglichkeit einer das ganze Land betreffenden Immobilienbaisse kategorisch ausgeschlossen hatte.

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Neues von den Auswirkungen der platzenden Immobilienblase

Eine herbe Enttäuschung für die große Bullenherde, die keine negativen Auswirkungen der platzenden Immobilienblase auf die Gesamtwirtschaft erkennen will, war eine Meldung der Einzelhandelskette Costco. Der Umsatz dieses sehr gut geführten Unternehmens stieg im abgelaufenen Quartal nur um 2%. Analysten hatten 5,3% erwartet. Die starke Abhängigkeit des US-Konsums von der Immobilienblase habe ich Ihnen in den vergangenen Monaten umfänglich dargestellt. Die angeblich so überraschende Abschwächung der Einzelhandelsumsätze dürfte Sie also nicht verwundern.




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