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Das für viele überraschende Ableben von Goldlöckchen

22.09.2007  |  Claus Vogt
- Seite 6 -
Ein weiterer wichtiger fundamentalanalytischer Aspekt betrifft die Gewinnmargen der Unternehmen, die sich auf Rekordniveau befinden. Gewinnmargen sind "mean reverting", das heißt sie schwanken um einen stabilen Mittelwert. Folglich kann man nicht davon ausgehen, dass die Gewinnmargen dauerhaft hoch bleiben werden. Anders ausgedrückt: Wenn sich die Gewinnmargen auf einem durchschnittlichen Niveau befinden würden, dann wäre die Überbewertung der Aktienmärkte noch deutlicher ausgeprägt. Statt 17,5 betrüge das KGV dann 25.

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Bei den monetären Indikatoren haben die Finanzmarktturbulenzen und die Reaktionen der internationalen Notenbankergemeinde zu deutlichen Veränderungen geführt. Beispielsweise ist die US-Zinsstrukturkurve jetzt nicht mehr invers. Wie Sie der Grafik entnehmen können, sind wir aber noch weit entfernt von einer wirklich steilen Zinsstruktur. Die Rezessionswarnung der über viele Monate hin inversen Zinsstruktur ist damit aber noch lange nicht aufgehoben, denn die zeitliche Verzögerung, mit der geldpolitische Manipulationen die Wirtschaft treffen, beträgt gewöhnlich sechs bis 18 Monate.

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Das US-Geldmengenwachstum zeigt ein sehr uneinheitliches Bild. Die sehr eng gefasste Geldmenge MZM wurde in den vergangenen zwölf Monaten um stattliche 9,7% ausgeweitet, die annualisierte Wachstumsrate der letzten drei Monate beträgt sogar 10,3%. Die breiteren Geldmengenaggregate zeigen ein ganz anderes Bild. M-2 wurde im Jahresvergleich um 6,2% ausgeweitet; die annualisierte Dreimonatsveränderung beträgt aberlediglich 4,5%. M-1 schließlich schrumpfte im Jahresvergleich um 0,4%, während die annualisierte Dreimonatsveränderung sogar minus 1,1% beträgt. Speziell die M-1-Zahlen passen bestens zu einer sich anbahnenden Rezession.

Die Zinsdifferenzen zwischen als sicher angenommenen USStaatsanleihen und riskanterer Schuldner sind in den vergangenen Wochen deutlich größer geworden, aber noch weit entfernt von Hochpunkten früherer Zyklen, die normalerweise erst während einer Rezession erreicht werden. Interessanterweise haben die massiven Liquiditätshilfen der Notenbanken bisher keinen Rückgang der Spreads bewirken können. Der Stress im Finanzsystem wurde also nicht beseitigt, weitere negative Überraschungen
an den Kreditmärkten sind sehr wahrscheinlich.

Die langfristigen Sentimentindikatoren zeigen weiterhin ein sehr hohes Maß an Börsenoptimismus bzw. Sorglosigkeit an. Beispielsweise befindet sich die Cash-Quote der Investmentfonds mit 3,5% auf dem niedrigsten Niveau aller Zeiten. Und die Höhe der Wertpapierkredite hat ebenfalls einen neuen Rekord aufgestellt. Bei den mittelfristigen Sentimentindikatoren haben die Marktturbulenzen der vergangenen Wochen natürlich Spuren hinterlassen. In ihrer Gesamtheit zeigen sie ein neutrales Bild, stehen einer weiteren Abwärtswelle an den Aktienmärkten also nicht im Wege.


Fazit

Die Zeichen für ein Ende des zyklischen Wirtschaftsaufschwungs lassen sich kaum noch übersehen. In der Vergangenheit gingen Rezessionen immer mit Aktienbaissen einher, deren durchschnittlicher Kursrückgang 36,1% betrug, gemessen am Dow Jones Average.

Aufgrund der Immobilienblasen in großen Teilen der Welt und der damit einhergehenden Hypothekenbooms sind nicht nur die volkswirtschaftlichen Risiken sehr groß, sondern insbesondere auch das Risiko innerhalb des Finanzsektors. Platzende Immobilienblasen führen normalerweise zu erheblichen Problemen im Bankensektor. Die Sparkassenkrise in den USA, die japanische Bankenkrise oder die Schieflagen einiger deutscher Banken nach dem Platzen der Ostimmobilienblase sind gute Beispiele für diesen Zusammenhang. Insofern sind die Entwicklungen bei IKB und Sachsen LB keine wirkliche Überraschung - und markieren mit Sicherheit noch nicht das Ende der noch jungen Immobilienbaisse.


© Claus Vogt
Leiter Research der Berliner Effektenbank



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