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Der US-Dollar, die "Finanzielle Kriegsführung" und das Gold

01.04.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa.


Das wird beispielhaft in Abb. 4 deutlich. Sie zeigt das Verhältnis zwischen dem Marktwert der offiziellen Goldreserve der US-Zentralbank und der ausstehenden US-Geldmenge M2. Im langfristigen Durchschnitt betrug der "Gold-Deckungsgrad" der Geldmenge lediglich 3,17 Prozent. Auf Basis der aktuellen Daten liegt er bei 2,17.

Bei unveränderter Geldmenge M2 müsste der Goldpreis folglich um etwa 46 Prozent zulegen (von gegenwärtig etwa 1.920 USD/oz auf gut 2.800 USD/oz), um die Gold-Deckungsrate auf den langfristigen Durchschnitt zu bringen. Nähert man hingegen den bisherigen Verlauf der Gold-Deckungsrate durch einen polynomischen Trendverlauf an, legt das eine Erhöhung des Goldpreises um 84 Prozent (auf gut 3.500 USD/oz) nahe, um auf den langfristigen Trendverlauf der Gold-Deckungsrate zurückzukehren.

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Quelle: Refinitiv; Graphik Degussa. Periode: Januar 1959 bis Februar 2022. Gestrichelte Linie: Langfristiger Durchschnitt. Gepunktete Linie: polynomischer Trendverlauf. *Dieses Verhältnis lässt sich auch als Gold-Deckungsgrad bezeichnen.


Die voranstehenden Preisabschätzungen sollen jedoch nicht als "exakte Prognosen" verstanden werden. Sie sollen vielmehr aufzeigen, dass der aktuelle Goldpreis nach wie vor recht niedrig zu sein scheint, wenn man sich die in der Vergangenheit beobachtbaren Datenrelation in den USA, die seit 1945 de facto die inoffizielle Weltwährung ausgeben, vor Augen führt. Hinzu kommen drei weitere Aspekte.

Erstens: Eine voranschreitende Ent-Dollarisierung wäre absehbar mit Kaufkraftverlust des Greenbacks und auch der übrigen ungedeckten Währungen verbunden; schon allein deswegen, weil US-Dollarpositionen zusehends verkauft und andere Arten von Währungsreserven - und hierzu dürfte auch das physische Gold zählen - nachgefragt würden.

Zweitens: Die Erosion des US-Dollar-Reservestatus hätte weitreichende Folgen für die Funktionsweise und Schuldentragfähigkeit des bestehenden Geldsystems. Eine hohe Verbreitung und Akzeptanz des US-Dollar senkt tendenziell die Kreditkosten, letztlich nicht nur im Markt für US-Dollar-Kredite, sondern auch in allen anderen Kreditmarktsegmenten.

Der Grund: Die Verwendung einer Leitwährung schafft Transparenz, sorgt für Standardisierung etc. Eine Ent-Dollarisierung würde daher zu einer Verteuerung der Kreditkosten für bereits ausstehende Kredite führen. Das wiederum verschlechtert die Schuldentragfähigkeit vieler Schuldner, allen voran der Staaten. Der politische Anreiz, mittels erhöhter Inflation dieser "Verlegenheit" entgehen zu wollen, wäre natürlich recht hoch.

Drittens: Eine Ent-Dollarisierung sorgt für "Regimeunsicherheit". Die bestehenden wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnisse verschieben sich. Das lässt die weltweiten Investitionen ins Stocken geraten, Konsumenten werden verunsichert und halten sich tendenziell zurück. Wenn im Prozess der Ent-Dollarisierung einzelne (Groß-)Staaten oder Staatsgemeinschaften weiterhin das Monopol der Geldproduktion für sich beanspruchen, dann sind zudem (neue) Spannungen und Konflikte geradezu vorprogrammiert: Die Alternative zum US-Dollar müsste gewissermaßen "durchgeboxt", durch den Erlass von Ge- und Verbote, Regulierungen, Standardisierungs-Vorgaben und andere Zwangsmaßnahmen herbeigeführt werden.

Wenn sich künftig hingegen die Kräfte des freien Marktes durchsetzen, wenn die Menschen die Freiheit bei der Währungswahl einfordern und durchsetzen, dann ist eine geradezu revolutionäre Veränderung des neuzeitlichen Geldwesens denkbar. Denn dann würden die staatlichen Währungen wie US-Dollar, Euro & Co plötzlich konkurrieren mit zum Beispiel Kryptoeinheiten wie Bitcoin und Etherium oder den "Grundgeldarten der Menschheit", also physisches Gold und Silber in digitalisierter Form. Im Grunde wäre das Entstehen eines "freien Marktes für Geld" das (aller-)beste aller denkbaren Szenarien, die aktuelle Fiat-Geldproblematik einer Lösung zuzuführen.

Und warum sollten die Menschen nicht die freie Wahl haben, ob sie US$, €, Schweizer Franken, japanische Yen oder Bitcoin, Ethereum oderGol d und Silber als Geld verwenden wollen? Was spricht dagegen?

Dass die Zukunft Diskontinuitäten bringen wird, und dass dabei die Kaufkraft der offiziellen Währungen (weiter) herabgesetzt wird, spricht dafür, zumindest einen Teil des Portfolios in Form von physischem Gold und Silber zu halten; gerade auch dann, wenn der Anleger das Szenario von monetären Diskontinuitäten als hinreichend wahrscheinlich einstuft.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH




(1) Im Zuge einer finanziellen Kriegsführung kann der Jäger natürlich durch einen Cyber-Angriff selbst zum Gejagten werden. Denkbar ist, dass eine US-Börse (New York Stock Exchange oder NASDAQ) "gehakt" wird, Informationen gestohlen oder verfälscht werden, oder in kurzer Zeit gewaltige Verkaufsorders programmiert werden, die zu einem Kursabsturz führen können.

(2) Krieg bezeichnet einen mit Waffen und Gewalt ausgetragenen Konflikt, und in dem die körperliche Unversehrtheit des Gegners bewusst angreifen und sogar seinen Tod in Kauf nehmen. Finanzielle Sanktionen können zwar ebenfalls furchtbaren Schaden anrichten, sie sind aber nicht eins-zu-eins gleichzusetzen mit Krieg im vorangegangenen Verständnis.


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