Gold und Bitcoin werden nicht vor Tyrannei schützen, jedes Geld ist politisch – Yanis Varoufakis
Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler erklärt in dem Interview, dass Bitcoin und Gold keinen Schutz vor geopolitischen Unruhen böten. Freiheit außerhalb der Regierung zu finden, sei eine gefährliche Fantasie. "Ich glaube nicht, dass eine 'oligarchische' Kryptowährung wie Bitcoin jemals [konventionelle Währungen] ersetzen wird", so Varoufakis. "Sie sollte es nicht, sie kann es nicht, und es wäre ein Albtraum, wenn sie es täte."
Allerdings dürfte die Blockchain-Technologie für die Zentralbanken nützlich sein, glaubt er: "Die chinesische Zentralbank setzt bereits eine digitale kryptoähnliche Währung ein, um die Hindernisse zu umgehen, die dem Fiat-Geld von den Geschäftsbanken in den Weg gelegt werden, die eine Quelle der finanziellen Instabilität sind und die eigentlich eine Pufferzone schaffen, die die Menschen von ihrem Geld trennt."
Varoufakis selbst befürwortet seit langem eine digitale Währung der Europäischen Zentralbank (CBDC). Auf die Frage, ob solche CBDCs die staatliche Tyrannei verstärken könnten, reagiert er wie folgt: "Das ist eine ernsthafte Sorge. Geballte Macht ist nie ein gutes Zeichen für die Freiheit. Ich stimme also zu, aber gleichzeitig verneine ich, weil es kein unpolitisches Geld geben kann... Das Einzige, was dem Geld einen Wert verleiht, ist die Fähigkeit des Geldes, Steuern zu tilgen. In dem Maße, wie wir in Staaten leben, die Dinge für uns tun, in unserem Namen, manchmal gegen uns, aber dennoch sind wir wie Fische, die nicht außerhalb des Wassers leben können. Wir sind Bürger von Staaten... wir brauchen diese Staaten."
Gold und Bitcoin seien keine Absicherungen gegen staatliche Unruhen, so Varoufakis: "Das ist reiner Blödsinn... Man muss das Geldangebot kontrollieren. Die Idee, dass das Geldangebot unabhängig von der Politik und der Regierung sein sollte, ist sehr gefährlich."
Die Annahme, eine lockere Geldpolitik könne zu Inflation führen, bezeichnet er indes als "finanziellen Analphabetismus: "Der Grund, warum wir jetzt Inflation haben, liegt nicht an QE. Es gibt zwei Gründe. Erstens, die Unterbrechung der Lieferketten. Der zweite Grund ist, dass es eine Periode gab, in der der Anstieg der Nachfrage nach Gütern mit einer Verknappung des Angebots aufgrund der Unterbrechung der Lieferketten zusammenfiel. Und das setzte die Inflationsspirale in Gang."
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