EZB: Widerstrebender Abschied von Negativ- und Nullzinsen
09.06.2022 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auf seiner Sitzung hat der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB), wie zu erwarten war, die Leitzinsen unverändert gehalten (Hauptrefinanzierungszins: 0,0%, Einlagenzins: -0,5%).
Immerhin hat die Geldbehörde jetzt aber beschlossen, mit Worten aus der Negativ- und Nullzinspolitik auszusteigen. Der Plan mit Ansage ist wie folgt:
Eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte im Juli, einen zweiten Zinsschritt soll es im September geben (das kann dann möglicherweise ein großer Zinsschritt sein). Danach werden weitere Zinsanhebungen angepeilt.
Die "Falken“ im EZB-Rat scheinen sich also doch erfolgreich Gehör verschafft zu haben, indem sie immerhin die Geldpolitik im Wortlaut auf fortgesetzte Zinsanhebungen verpflichten.
Eine beherzte Geldpolitik, die die Inflation (sie lag zuletzt bei 8,1%) herunterdrücken will, sieht allerdings anders aus.
Das Schuldpapier-Aufkaufprogramm (APP) soll am 1. Juli 2022 enden, wobei die Tilgungsbeträge der fällig werdenden Schuldpapiere weiter im Kapitalmarkt reinvestiert werden. Die Fälligkeiten des Pandemie-Notfallkaufprogramms (PEPP) werden bis mindestens Ende 2024 reinvestiert. Die EZB bleibt also als beeinflussender Akteur im Anleihemarkt tätig.
Es ist kaum zu überhören, wie schwer es den Zentralbankräten fällt, die Negativ- und Nullzinspolitik zu beenden. Ganz offensichtlich hat aber die Hochinflation, für die die EZB maßgeblich mit ihrer Geldmengenvermehrung in den letzten Jahren gesorgt hat, ihnen keine andere Wahl mehr gelassen, als höhere Zinsen in Aussicht zu stellen.
Zumal die EZB mit einem Wirtschaftswachstum von 2,8% im laufenden Jahr rechnet, gefolgt von jeweils 2,1% in den darauf folgenden zwei Jahren.
Die EZB prognostiziert eine Inflation von 6,8% in 2022, 3,5% in 2023 und 2,1% in 2014. Allerdings sind solche Prognosen mit Vorsicht zu genießen – weil sie vor allem auch dazu dienen, die breite Öffentlichkeit zu beruhigen, ihnen den Eindruck zu vermitteln, die Inflation werde sich recht bald wieder zurückbilden.
Anleger haben jedoch gute Gründe, skeptisch zu bleiben, das Versprechen künftig niedriger Inflation in Frage zu stellen. Denn vor allem angesichts der gewaltigen Schuldenberge im Euroraum erscheint eine Rückkehr zu "normalen“ Zinsen, ja schon zu positiven Realzinsen, recht unwahrscheinlich zu sein.
Für die Regierungen ist die Fortsetzung der "finanziellen Repression“ - vor allem in Form negativer Realzinsen (d.h. die Inflation übersteigt den Nominalzins) - äußerst wünschenswert, auch wenn das natürlich nicht öffentlich so gesagt wird.
Die Aussicht auf weiterhin negative Realzinsen im Euroraum, verbunden mit den dadurch verursachten wirtschaftlichen und politischen Problemen, empfiehlt, weiterhin einen Teil des Vermögens in physischem Gold und Silber anzulegen. Siehe hierzu den neuen Degussa Marktreport vom 9. Juni 2022.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH
Immerhin hat die Geldbehörde jetzt aber beschlossen, mit Worten aus der Negativ- und Nullzinspolitik auszusteigen. Der Plan mit Ansage ist wie folgt:
Eine Zinsanhebung um 0,25 Prozentpunkte im Juli, einen zweiten Zinsschritt soll es im September geben (das kann dann möglicherweise ein großer Zinsschritt sein). Danach werden weitere Zinsanhebungen angepeilt.
Die "Falken“ im EZB-Rat scheinen sich also doch erfolgreich Gehör verschafft zu haben, indem sie immerhin die Geldpolitik im Wortlaut auf fortgesetzte Zinsanhebungen verpflichten.
Eine beherzte Geldpolitik, die die Inflation (sie lag zuletzt bei 8,1%) herunterdrücken will, sieht allerdings anders aus.
Das Schuldpapier-Aufkaufprogramm (APP) soll am 1. Juli 2022 enden, wobei die Tilgungsbeträge der fällig werdenden Schuldpapiere weiter im Kapitalmarkt reinvestiert werden. Die Fälligkeiten des Pandemie-Notfallkaufprogramms (PEPP) werden bis mindestens Ende 2024 reinvestiert. Die EZB bleibt also als beeinflussender Akteur im Anleihemarkt tätig.
Es ist kaum zu überhören, wie schwer es den Zentralbankräten fällt, die Negativ- und Nullzinspolitik zu beenden. Ganz offensichtlich hat aber die Hochinflation, für die die EZB maßgeblich mit ihrer Geldmengenvermehrung in den letzten Jahren gesorgt hat, ihnen keine andere Wahl mehr gelassen, als höhere Zinsen in Aussicht zu stellen.
Zumal die EZB mit einem Wirtschaftswachstum von 2,8% im laufenden Jahr rechnet, gefolgt von jeweils 2,1% in den darauf folgenden zwei Jahren.
Die EZB prognostiziert eine Inflation von 6,8% in 2022, 3,5% in 2023 und 2,1% in 2014. Allerdings sind solche Prognosen mit Vorsicht zu genießen – weil sie vor allem auch dazu dienen, die breite Öffentlichkeit zu beruhigen, ihnen den Eindruck zu vermitteln, die Inflation werde sich recht bald wieder zurückbilden.
Anleger haben jedoch gute Gründe, skeptisch zu bleiben, das Versprechen künftig niedriger Inflation in Frage zu stellen. Denn vor allem angesichts der gewaltigen Schuldenberge im Euroraum erscheint eine Rückkehr zu "normalen“ Zinsen, ja schon zu positiven Realzinsen, recht unwahrscheinlich zu sein.
Für die Regierungen ist die Fortsetzung der "finanziellen Repression“ - vor allem in Form negativer Realzinsen (d.h. die Inflation übersteigt den Nominalzins) - äußerst wünschenswert, auch wenn das natürlich nicht öffentlich so gesagt wird.
Die Aussicht auf weiterhin negative Realzinsen im Euroraum, verbunden mit den dadurch verursachten wirtschaftlichen und politischen Problemen, empfiehlt, weiterhin einen Teil des Vermögens in physischem Gold und Silber anzulegen. Siehe hierzu den neuen Degussa Marktreport vom 9. Juni 2022.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH