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Die Hochinflation ist Folge der exzessiven Geldmengenausweitung

07.08.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
In diesem Aufsatz wird erklärt, warum und wie ein Ansteigen der Geldmenge die Kaufkraft der Geldeinheit absenkt, sprich: für Güterpreisinflation sorgt; und ein paar Ratschläge werden gegeben, was man in Zeiten der Hochinflation angelagetechnisch noch tun kann. Die Inflation - damit ist das fortgesetzte Ansteigen der Güterpreise auf breiter Front gemeint - ist eine üble Sache für die meisten Menschen.

Die Inflation setzt die Kaufkraft des Geldes und der Ersparnisse herab, macht die Menschen ärmer. Obwohl man fleißig und gewissenhaft arbeitet, schwindet die Kaufkraft des Geldes, das man für seine Mühen erhält. Die Inflation fügt - wenn sie sehr hoch ausfällt - einer Volkswirtschaft ganz besonders schweren Schaden zu, kann sie sogar ruinieren. Die Währungsgeschichte ist voll von Beispielen.

Was ist die Ursache der Inflation? Die Antwort auf diese Frage wird von vielen Politikern, Bürokraten, Zentralbankräten und die ihnen zuarbeitenden Hauptstrom-Ökonomen gern um Unklaren gelassen, ja nicht selten umgangen, wie der Teufel das Weihwasser scheut.

Ökonomisch gesehen fällt die Antwort allerdings eindeutig aus: Inflation ist immer und überall ein monetäres Phänomen. Sie hat also etwas mit Geld zu tun. In einer reinen Tauschwirtschaft, in der es kein Geld verwendet wird, gibt es so etwas wie Inflation nicht. Dass Inflation - verstanden als das fortgesetzte Ansteigen der Güterpreise auf breiter Front - immer und überall ein monetäres Phänomen ist, ist nicht schwer zu verstehen.

Dazu muss man nur drei Dinge wissen. Erstens: Geld ist ein Gut wie jedes andere Gut auch. Was es auszeichnet, ist, dass es das marktfähigste, das liquideste Gut von allen ist. Geld lässt sich besser als andere Güter gegen alle anderen Güter eintauschen.

Zweitens: Geld ist kein Konsumgut, und es ist auch kein Produktionsgut, es ist vielmehr das Tauschgut. Geld hat dabei übrigens nur eine Funktion: die Tauschmittelfunktion. Wertaufbewahrungs- und Recheneinheitsfunktion sind lediglich Unterfunktionen der Tauschmittelfunktion. Drittens - und das ist ganz wichtig -: Die Wertbestimmung eines Gutes unterliegt dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Was besagt es?

Das Gesetz vom abnehmenden Grenznutzen besagt zweierlei. Zum einen besagt es, dass der Mensch einen größeren Gütervorrat einem kleineren vorzieht. Denn ein größerer Gütervorrat erlaubt es ihm, mehr Ziele zu erreichen als ein kleinerer Gütervorrat.

Zum anderen besagt das Gesetz des abnehmenden Grenznutzen, dass der Nutzen der zusätzlich erhaltenen Gütereinheit (das ist der Grenznutzen) abnimmt. Das ist handlungslogisch erklärbar: Die erste Gütereinheit, die eine Person erhält, wird eingesetzt, um das dringlichste Bedürfnis zu stillen. Die zweite Gütereinheit, die eine Person erhält, wird dafür eingesetzt, um das noch verbliebene Bedürfnis zu stillen, das weniger dringlich ist, als das mit der zuvor erhaltenen Gütereinheit gestillte Bedürfnis.

Die dritte Gütereinheit, die eine Person erhält, dient entsprechend zur Stillung des verbliebenen Bedürfnisses - das weniger dringlich ist, als das mit der zweiten Gütereinheit gestillte Bedürfnis, und das wiederum weniger dringlich ist als das mit der ersten Gütereinheit gestillte Bedürfnis.

Mit anderen Worten: Der Grenznutzen, den eine Person einem Gut zuweist, sinkt mit wachsender Verfügbarkeit des Gutes. Und es ist der Grenznutzen, das sei hier betont, der den Wert eines Gutes aus Sicht der handelnden Person bestimmt.

Wie bereits gesagt - Geld ist ein Gut wie jedes andere Gut auch. Und daher fällt seine Wertbestimmung natürlich auch unter das Gesetz des abnehmenden Grenznutzens. Mit dieser Erklärung wird nun auch klar, was passiert, wenn die Geldmenge in der Volkswirtschaft ausgeweitet wird - indem beispielsweise die Zentralbank neues Geld ausgibt.

Wenn eine Person neues Geld erhält, kommt es zu einer Veränderung in seiner bisher vorherrschenden Werteskala. Der Grenznutzen der zusätzlich erhaltenen Geldeinheit nimmt ab - und entsprechend steigt der Grenznutzen der Gütereinheiten, die man mit Geld kaufen kann.

Man kann zwar nicht sagen, wann, in welchem Zeitpunkt eine Person auf die Geldmengenerhöhung reagiert (die den Grenznutzen des Geldes verringert), wann also genau sie Geld gegen Güter beginnt einzutauschen. Man kann auch nicht genau vorhersagen, welche Güter im Preis steigen, und um wieviel sie in die Höhe klettern.

Aber zweifellos kann man sagen, dass, wenn die Geldmenge steigt, sich die Menschen (ceteris paribus) früher oder später daranmachen, um mehr Güter und weniger Geld im Portfolio zu halten. Diese qualitative Aussage folgt unmittelbar aus dem Gesetz des abnehmenden Grenznutzens, das die Wert- und damit letztlich auch die Preisbestimmung des Geldes erklärt.

Wenn das neue Geld gegen Güter (Nahrungsmittel, Energie, Häuser, Aktien etc.) angeboten wird, dann steigen die Geldpreise dieser Güter, es müssen also mehr Geldeinheiten gezahlt werden, um ein Gut kaufen zu können. Der Anstieg der Güterpreise kann dabei absolut sein (also ein Apfel verteuert sich von einem Euro pro Stück auf 2 Euro pro Stück) oder relativ sein, in jedem Falle werden die Güterpreise höher ausfallen im Vergleich zu einer Situation, in der die Geldmenge nicht ausgeweitet worden wäre.

Man erkennt: Das Ansteigen der Geldmenge in den Händen der Marktakteure bewirkt eine Wertveränderung des Geldes - genauer: Der Grenznutzen des Geldes, sein Wert nimmt ab, und zwar relativ zu anderen Güter, die man für sein Geld kaufen kann.

Als Ergebnis des Ganzen zeigt sich in der Realität, dass eine steigende Geldmenge meist einhergeht mit steigenden Güterpreisen. Die steigenden Güterpreise sind das Symptom einer Ursache, und die Ursache ist die Geldmengenausweitung. Dass also weltweit die Inflation in den letzten Monaten so stark angestiegen ist, liegt nicht etwa an zum Beispiel den steigenden Energiekosten oder an der Güterverknappung, die durch die politisch diktierten Lockdown-Krisen ausgelöst wurde.

Solche Kostenschub-Effekte können zwar kurzfristig die Preise dieser und jener Gütergruppen in die Höhe befördern. Aber ohne eine entsprechende Ausweitung der Geldmenge werden sie sich nicht in einen dauerhaften Anstieg der Güterpreise auf breiter Front übersetzen können.

Die US-Zentralbank hat die Geldmenge M2 seit Ende 2019 bis heute um etwa 43 Prozent erhöht, die Europäische Zentralbank die Geldmenge M3 um gut 20 Prozent. Dadurch ist ein gewaltiger Geldmengenüberhang entstanden, der sich nun vor allem im Zuge steigender Güterpreise abbauen wird.

Der aufgelaufene Geldmengenüberhang dies- und jenseits des Atlantiks wird die Kaufkraft des US-Dollar und des Euro weiter herabsetzen. Und weil die Zentralbanken die Zinsen nach wie vor künstlich niedrig halten, und die laufende Inflation dabei die Zinsen übersteigt, ist der Realzins negativ. Das Halten von US-Dollar und Euro bleibt ein Verlustgeschäft, nicht nur in 2022, sondern weit darüber hinaus.

Dass die Zentralbanken die Inflation in die Höhe treiben, ist nicht zufällig. Die damit verbundene Geldentwertung soll helfen, die Überschuldungssituation der Staaten abzubauen, die Staaten zu entschulden auf Kosten der Geldhalter. Die Inflation, für die die Zentralbanken sorgen, ist letztlich natürlich auch ein Mittel, um eine zusehends anti-marktwirtschaftliche Wirtschafts- und Gesellschaftspolitik zu befördern - wie sie unter der Überschrift “Great Reset” weltweit vorangetrieben wird.

Was sollte man als Anleger tun? Man sollte so wenig wie möglich US-Dollar, Euro & Co im Portfolio halten. Also Kassenhaltung minimieren. Geldbeträge, die über die laufenden Ausgaben und eine kleine Vorsichtskasse hinausgehen, schichtet man am besten um. Zum einen bietet es sich an, ein Teil der liquiden Mittel in physischem Gold und Silber zu halten.

Zum anderen sollte man ein weltweit diversifiziertes Aktienmarkt-ETF oder-Indexzertifikat erwerben. Mit physischem Gold und Silber sowie einem Investment in den Weltaktienmarkt hat man zwar keine Garantie, aber zumindest recht gute Chancen, der fortgesetzten Geldentwertung oder auch einer schweren Weltwährungskrise die Stirn bieten zu können.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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