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Bank von England: Eine "Rettung" in letzter Sekunde?

29.09.2022  |  Andreas Hoose
Mit ihrer Entscheidung, die Anleihekäufe wieder aufzunehmen, hat die Bank von England in dieser Woche das genaue Gegenteil von dem getan, was angesichts galoppierender Inflationsraten, explosionsartig steigender Zinsen und einer taumelnden britischen Währung zu erwarten gewesen wäre: Sie hat die Geldschleusen wieder geöffnet. Der denkwürdige Schritt könnte auch mit den Kongress-Wahlen in den USA am 8. November zusammenhängen…

Meine persönliche Vermutung ist, dass die durch den Kongress ermächtigte US-Notenbank nicht zulassen wird, dass die Demokratische Partei des Wallstreet-Günstlings Joe Biden, die Midterm-Wahlen am 8. November krachend verliert. Genau das aber wäre zu erwarten, sollten die US-Börsen vor den Wahlen zusammenbrechen - und genau danach hatte es zuletzt ausgesehen…

Doch weil die Umfragewerte insbesondere für US-Präsident Joe Biden katastrophal sind, und auch die komfortable Mehrheit der Demokraten im US-Kongress auf der Kippe steht, könnte die Entscheidung der Bank von England, die Anleihekäufe wieder aufzunehmen nur ein erster Schritt der internationalen Notenbanken gewesen sein, wieder für "Normalität" in den Börsensälen zu sorgen.

Und dieser vermeintliche "Normalzustand" sieht vor, dass Probleme, die durch zu viel Geld entstanden sind, durch noch mehr Geld gelöst werden (sollen). Das jedenfalls ist das Narrativ, das in den Köpfen der Anleger offenbar sehr erfolgreich verankert wurde. So erfolgreich immerhin, dass sie sich zu völlig unlogischen Entscheidungen hinreißen lassen.

Denn hätte ein Land wie die Türkei oder Venezuela einen Schritt verkündet, wie die Bank von England in dieser Woche, hätten die Anleger in Scharen das Weite gesucht. Stattdessen wurde gefeiert. Der DAX, die US-Futures und auch der Goldpreis machten sofort einen Satz nach oben, als die Entscheidung aus London durchsickerte.

Eigentlich ist das vollkommen unsinnig, denn ökonomisch betrachtet, macht die Maßnahme der Bank von England überhaupt keinen Sinn. Eine kollabierende Währung und einen aus dem Ruder laufenden Anleihemarkt rettet man nicht, indem man Benzin ins Feuer schüttet und das Geldangebot ausweitet. Aus ökonomischer Sicht wäre das genaue Gegenteil richtig. So jedenfalls steht es in den Lehrbüchern …

Betrachtet man die Sache jedoch aus einem anderen Blickwinkel, ergeben sich völlig andere Schlussfolgerungen: Politisch betrachtet macht der Schritt nämlich durchaus Sinn. Unvergessen ist, wie die hohe Inflation im Wahljahr 1980 den damaligen demokratischen US-Präsidenten Jimmy Carter hinwegfegte. Ein ähnliches Szenario wäre auch heute denkbar.

Sollte sich die Fed dem Vorbild der Bank von England jedoch anschließen und die Geldzügel ebenfalls wieder lockern, könnte dies einen möglichen Kollaps des US-Aktienmarktes nicht nur verhindern, sondern im Gegenteil eine Art Kaufpanik auslösen.

Dies könnte die Demokratische Partei in letzter Sekunde davor bewahren, bei den Wahlen am 8. November eine historische Niederlage einzufahren. Und Joe Biden könnte "durchregieren", wohingegen er bei einer krachenden Niederlage der Demokraten vollständig zu einem zahnlosen Tiger verkommen würde.

Doch genau diese Demokraten mit ihrem schwachen Präsidenten an der Spitze werden mit ihren traditionellen Ausgabenprogrammen in der aktuellen Situation eines erkennbar kippenden Finanzsystems so dringend wie noch nie zuvor benötigt, um das Spiel einer immer weiter ausufernden Geldmengenausweitung weiter auf die Spitze zu treiben …


Fazit:

Die eigentlich völlig "unlogische" und aus ökonomischer Sicht unsinnige Entscheidung der Bank von England, die Geldschleusen ganz unerwartet wieder zu öffnen, ist ein erstes Indiz für unsere These, wonach die Zentralbanken wenige Wochen vor den Kongress-Wahlen in den USA die Aktienmärkte nicht "absaufen" lassen werden.

Sollte die US-Notenbank Fed dem Vorbild der (wesentlich älteren) Bank von England folgen, und die Geldzügel ebenfalls lockern, könnte nach den starken Verlusten bei Aktien, Anleihen und Rohstoffen schon bald eine Art Kaufpanik einsetzen.

Dies könnte den regierenden Demokraten rechtzeitig vor der Abstimmung am 8. November gewaltigen Rückenwind verschaffen – und gleichzeitig den Auftakt bilden zu einer Jahresendrallye.

Und am Rande notiert: Besonders interessant an all dem ist die Tatsache, dass ein solches Szenario beim derzeit grassierenden Pessimismus so gut wie niemand auf der Rechnung hat: Der Angst- und Gier-Indikator des Börsensenders CNN nähert sich mit Sieben-Meilen-Stiefeln seiner unteren Extremzone. Die folgende Grafik zeigt das. Aus antizyklischer Sicht ist das sehr erfreulich, denn an den Börsen geschieht bevorzugt das genaue Gegenteil von dem, was alle erwarten …

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© Andreas Hoose
www.antizyklischer-boersenbrief.de




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