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Inflation mit Rezession

27.11.2022  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Hochinflation bald auch noch von einer Rezession begleitet wird.

"Die Folgen unsrer Handlungen fassen uns am Schopfe, sehr gleichgültig dagegen, daß wir uns inzwischen gebessert haben", so schreibt Friedrich Nietzsche (1844-1900). Wie treffend sind doch diese Worte für die Folgen der Geldpolitik. Nach vielen, vielen Jahren der Null- oder gar Negativzinsen erhöhen die Zentralbanken nun die Kreditkosten. Zwar sind sie dies- und jenseits des Atlantiks historisch gesehen immer noch relativ niedrig - und nach Abzug der laufenden Güterpreisinflation immer noch weit unter der Nulllinie. Aber der Zinsanstieg der letzten Monate erfolgte extrem schnell, und er hat die Zinsausgaben der Schuldner gewaltig verteuert.

Beispielsweise konnte der US-Staat Anfang 2022 noch zweijährige Kredite für 0,6 Prozent aufnehmen, mittlerweile muss er 4,7 Prozent dafür zahlen. Die Verteuerung der Zinskosten trifft natürlich auch Konsumenten und Unternehmen hart. Neukredite werden teuer. Wehe allen, die darauf gesetzt haben, fällige Kredite nicht zurückzuzahlen, sondern durch Anschlusskredite zu refinanzieren.

Die steigenden Zinsen lassen die Preise der Vermögensbestände wie Aktien, Anleihen, Häuser, Grundstücke, Kunst, Edelmetalle und Kryptoeinheiten fallen. Die Bilanzen der Marktakteure geraten unter Druck: Bei gegeben Verbindlichkeiten schrumpft ihr Eigenkapital, und die Kreditqualität der Schuldner verschlechtert sich. Banken treten auf die Bremse bei der Vergabe neuer Darlehen. Die Konjunktur, bislang durch einen nicht enden wollenden Zustrom von neuem Kredit und Geld angetrieben, schwächt sich ab, bricht ein. Die Schuldgeldblase platzt, wenn die Zinsen weiter anziehen.

Trotz vieler Kassandrarufe wurde das weltweite Fiatgeldsystem in den jüngsten Notlagen der Jahre 2000/2001 (Ende des "New Economy Booms"), 2008/2009 (globale Finanz- und Wirtschaftskrise) und 2020/2021 (politisch diktierte Lockdowns) von den Zentralbanken "gerettet": Die Zinsen wurden gesenkt, die Geldmenge ausgeweitet, Zahlungsausfälle in großem Stil verhindert. Wird es, sollten die Zinssteigerungen die Kreditpyramide wanken lassen, wieder ein glimpfliches Davonkommen geben?

Gegenüber den Vorjahren haben sich vor allem zwei Dinge verändert: Es herrscht Hochinflation, die die breite Bevölkerung tagtäglich spürt. Und die weltweite Verschuldung ist so hoch wie nie: Mitte 2022 300 Billionen US-Dollar beziehungsweise 350 Prozent der globalen Wirtschaftsleistung.

Wenn die Zentralbanken die Zinsen nicht im erforderlichen Maße anziehen, weil die Schuldner und die Wirtschaft über Wasser gehalten werden sollen, dann wird die Hochinflation sehr wahrscheinlich aus dem Ruder laufen, wenn nicht gar in Hyperinflation münden.

Machen die Zentralbanken hingegen ernst, und versuchen sie, die von ihnen verursachte Güterpreisinflation mit weiteren Zinssteigerungen zu verringern, wird der Schuldenturm zu Babel sehr wahrscheinlich kollabieren, und eine Rezession-Depression kommt in Gang, die alles bisher Dagewesene übersteigt.

Die Zentralbanken werden daher vermutlich versuchen, einen Mittelweg zu beschreiten: Die Zinsen noch etwas weiter anheben, aber nicht so stark, dass Schuldner der Reihe nach umfallen; zinspolitisch den Eindruck erwecken, man werde die Inflation eindämmen, sie aber tatsächlich nicht wieder auf die 2-Prozentmarke absenken.

Doch es wäre ein geradezu bemerkenswerter Zufall, sollte ein solcher inflationspolitischer Drahtseilakt gelingen. Denn der Mix aus Hochinflation und Hochverschuldung ist geradezu zu toxisch für ein hochverschuldetes Fiatgeldsystem, führt zu Pest und Cholera zugleich.

Dass Regierende und Regierte in den westlichen Wohlfahrtsstaaten die schlechteste aller Lösungen wählen werden - Hochinflation und Rezession -, ist nicht von der Hand zu weisen. Denn selbst wenn sie sich inzwischen "gebessert" haben sollten - was leider nicht sehr wahrscheinlich ist -, dann werden die Folgen ihrer Handlungen sie dennoch noch am Schopfe greifen - wie es Nietzsche ausdrückte.

Die Verlockung, eskalierenden wirtschaftlichen und sozialen Problemen mit immer mehr neu geschaffenem Geld zu entkommen zu versuchen, ist zu groß, ist schlichtweg unwiderstehlich für die sogenannten "Wohlfahrtsstaaten". Und die Hochinflation ist für das "politische Establishment" und die Sonderinteressengruppen, die es für ihre Zwecke einzuspannen wünschen, ein höchst wirksames Mittel, um die wenigen verbliebenen Elemente der freien Wirtschaft und Gesellschaft des Westens auch noch aus dem Wege zu räumen, wie es ja den "Great Reset"-Eiferern vorschwebt.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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