EZB-Zins steigt auf 3,0% - und im März wird das Zinshoch vermutlich erreicht sein
02.02.2023 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den Leitzins um 0,50 Prozentpunkte auf 3,0 Prozent angehoben (wirksam ab 8. Februar). Die Bank will zudem ihren Leitzins um weitere 0,50 Prozentpunkte am 16. März anheben, dann pausieren und die Wirkungen der bisherigen Zinsanhebungen bewerten.
Um ihre Bilanzsumme abzubauen, wird die EZB Schuldpapiere aus ihrem Portfolio ab März verkaufen (monatlich 15 Mrd. Euro bis Juni 2023) – und dadurch Zentralbankgeld aus dem Bankensektor abziehen.
Wie ist die Entscheidung zu bewerten? Die Politik der Zinserhöhungen ist zweifelsohne richtig – aber auch folgenreich. Die (offiziell gemessene) Inflation im Euroraum ist nach wie vor viel zu hoch – sie lag im vergangenen Monat bei 8,5%. Das heißt, der reale, also inflationsbereinigte, EZB-Leitzins liegt damit immer noch sehr tief im negativen Bereich (bei derzeit ungefähr –5,5%).
Zwar kann die offizielle Inflation in den kommenden Monaten noch etwas abnehmen (vor allem bei nachgebenden Energiepreisen). Aber ungeachtet dessen ist zu beachten, dass der "Geldmengenüberhang“ im Euroraum nach wie vor beträchtlich ist.
Und der damit verbundene unterliegende Inflationsdruck macht es recht unwahrscheinlich, dass die Inflation im Euroraum auf absehbare Zeit wieder auf die 2-Prozentmarke zurückfindet. So gesehen gibt es Grund für weitere Zinserhöhungen.
Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass die Hochinflation die Kaufkraft von Konsumenten und Produzenten bereits empfindlich eingeschränkt hat. Der damit verbundene "konjunkturelle Bremseffekt“ wird dadurch verstärkt, dass das Wachstum der Geldmenge merklich nachgelassen hat (siehe nachstehende Graphik und den Aufsatz [*]).
Auch die jüngsten Tendenzen im Euro-Kreditmarkt (Banken verschärfen ihre Kreditanforderungen, die Kreditnachfrage geht stark zurück) deuten auf Konjunkturverlangsamung beziehungsweise rezessive Tendenzen.
In der Pressekonferenz betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unmissverständlich, dass der Monat März nicht notwendigerweise das Ende der Zinserhöhungen sein wird, dass die EZB auch bereit sei, bei Bedarf die Kreditkosten noch weiter anzuheben.
Wir vermuten jedoch, dass sehr wahrscheinlich der Monat März das Zinshoch in diesem Zinszyklus markieren wird. Die EZB unterschätzt vermutlich die Abschwungkräfte, die im Euroraum bereits im Gange sind, und die wachsenden Probleme für die Staatsfinanzen vieler Euro-Länder.
So gesehen wird es geldpolitisch in den kommenden Monaten wohl auf eine Art Kompromisslösung hinauslaufen: Die EZB-Zinsen steigen weniger stark als eigentlich notwendig wäre, und die Inflation fällt für länger höher aus, als es wünschenswert wäre.
Dass das Ende des Zinserhöhungszyklus nahe ist, zeigen auch die Kapitalmärkte (siehe die nachstehende Graphik): Der Langfristzins liegt deutlich unter dem Kurzfristzins; und der Kurzfristzins liegt deutlich unter dem EZB-Leitzins. Beides signalisiert: Die Märkte gehen von künftig wieder nachgebenden Leitzinsen aus; beziehungsweise sie deuten an, dass der Leitzins nicht lange auf dem erhöhten Niveau verbleiben wird. Wir denken, die Märkte haben sich richtig positioniert.
Was bedeutet das für den Anleger?
Anhaltend negative Realzinsen im Euroraum machen das Halten von physischem Gold und Silber weiterhin attraktiv für die Anleger. Das Halten dieser Edelmetalle in physischer Form stellt eine Möglichkeit dar, langfristig gesehen die Kaufkraft der Ersparnisse zu erhalten.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH
Um ihre Bilanzsumme abzubauen, wird die EZB Schuldpapiere aus ihrem Portfolio ab März verkaufen (monatlich 15 Mrd. Euro bis Juni 2023) – und dadurch Zentralbankgeld aus dem Bankensektor abziehen.
Wie ist die Entscheidung zu bewerten? Die Politik der Zinserhöhungen ist zweifelsohne richtig – aber auch folgenreich. Die (offiziell gemessene) Inflation im Euroraum ist nach wie vor viel zu hoch – sie lag im vergangenen Monat bei 8,5%. Das heißt, der reale, also inflationsbereinigte, EZB-Leitzins liegt damit immer noch sehr tief im negativen Bereich (bei derzeit ungefähr –5,5%).
Zwar kann die offizielle Inflation in den kommenden Monaten noch etwas abnehmen (vor allem bei nachgebenden Energiepreisen). Aber ungeachtet dessen ist zu beachten, dass der "Geldmengenüberhang“ im Euroraum nach wie vor beträchtlich ist.
Und der damit verbundene unterliegende Inflationsdruck macht es recht unwahrscheinlich, dass die Inflation im Euroraum auf absehbare Zeit wieder auf die 2-Prozentmarke zurückfindet. So gesehen gibt es Grund für weitere Zinserhöhungen.
Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass die Hochinflation die Kaufkraft von Konsumenten und Produzenten bereits empfindlich eingeschränkt hat. Der damit verbundene "konjunkturelle Bremseffekt“ wird dadurch verstärkt, dass das Wachstum der Geldmenge merklich nachgelassen hat (siehe nachstehende Graphik und den Aufsatz [*]).
Auch die jüngsten Tendenzen im Euro-Kreditmarkt (Banken verschärfen ihre Kreditanforderungen, die Kreditnachfrage geht stark zurück) deuten auf Konjunkturverlangsamung beziehungsweise rezessive Tendenzen.
In der Pressekonferenz betonte EZB-Präsidentin Christine Lagarde unmissverständlich, dass der Monat März nicht notwendigerweise das Ende der Zinserhöhungen sein wird, dass die EZB auch bereit sei, bei Bedarf die Kreditkosten noch weiter anzuheben.
Wir vermuten jedoch, dass sehr wahrscheinlich der Monat März das Zinshoch in diesem Zinszyklus markieren wird. Die EZB unterschätzt vermutlich die Abschwungkräfte, die im Euroraum bereits im Gange sind, und die wachsenden Probleme für die Staatsfinanzen vieler Euro-Länder.
So gesehen wird es geldpolitisch in den kommenden Monaten wohl auf eine Art Kompromisslösung hinauslaufen: Die EZB-Zinsen steigen weniger stark als eigentlich notwendig wäre, und die Inflation fällt für länger höher aus, als es wünschenswert wäre.
Dass das Ende des Zinserhöhungszyklus nahe ist, zeigen auch die Kapitalmärkte (siehe die nachstehende Graphik): Der Langfristzins liegt deutlich unter dem Kurzfristzins; und der Kurzfristzins liegt deutlich unter dem EZB-Leitzins. Beides signalisiert: Die Märkte gehen von künftig wieder nachgebenden Leitzinsen aus; beziehungsweise sie deuten an, dass der Leitzins nicht lange auf dem erhöhten Niveau verbleiben wird. Wir denken, die Märkte haben sich richtig positioniert.
Was bedeutet das für den Anleger?
Anhaltend negative Realzinsen im Euroraum machen das Halten von physischem Gold und Silber weiterhin attraktiv für die Anleger. Das Halten dieser Edelmetalle in physischer Form stellt eine Möglichkeit dar, langfristig gesehen die Kaufkraft der Ersparnisse zu erhalten.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH