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Es bleibt nervös - Fed: Solide Mehrheit für kleineren Zinsschritt - G 20: Keine Homogenität

23.02.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0619 (05:20 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0600 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 134,81. In der Folge notiert EUR-JPY bei 143,17. EUR-CHF oszilliert bei 0,9871.


Finanzmärkte: Nervöses Grundmuster bleibt

Die internationalen Finanzmärkte sind weiter von Nervosität geprägt, ohne bisher jedoch starke Schäden zu erleiden.

So sank der DAX gestern im Tagesgeschäft zunächst bis auf 15.248 Punkte, um dann bei 15.399,89 mit marginalem Plus zu schließen. Es bleibt dabei, dass US-Märkte derzeit anfälliger sind. Das ist eine bemerkenswerte Anomalie. Auch die fernöstlichen Märkte stehen heute früh zunächst unter leichtem Druck.

Gestern gab es bei den Stimmungsindikatoren in Europa (Deutschland, Frankreich, Schweiz, siehe Datenpotpourri) eine Fortsetzung bei der aufgehellten Stimmung. Diese Daten hatten jedoch kaum Traktion an den Finanzmärkten. Zu positive Daten bargen und bergen sogar das Risiko, am Aktienmarkt zu belasten, da damit gleichzeitig Zinsängste geschürt wurden und werden.

Die Geopolitik ist derzeit für den Finanzmarkt ein Belastungsfaktor mit zunehmender Tendenz. Der Ukraine-Konflikt nimmt an Intensität zu. Hoffnungswerte hinsichtlich eines Erfolgs der im Raum stehenden Friedensinitiative Chinas sind unausgeprägt. Die sich weiter fortsetzende Spaltung der Welt mindert die Effizienz in der Weltwirtschaft. Sie erhöht Kosten, sie reduziert Investitionsbereitschaft, sie schürt Ängste. In diesem Kontext sind die laufenden und kommenden G 20 Veranstaltungen, die in diesem Jahr von Indien ausgerichtet werden, von hoher Signifikanz (siehe unten).

Am Rentenmarkt ergab sich gestern eine zarte, aber insignifikante Entspannung. 10-jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,52% (Vortag 2,55%), während es US-Staatsanleihen auf derzeit 3,92% bringen (Vortag 3,95%).

Der USD konnte gestern gegenüber dem EUR zulegen. In der Spitze sank der EUR im US-Handel bis auf 1,0600.

Im Zuge der freundlichen USD-Verfassung standen die edlen Metalle unter Druck. Sie können derzeit nicht von den geopolitischen Spannungen profitieren. Das Zinsthema belastet diesen Sektor und die Markttechnik wirkt negativ.


Fed-Protokoll: Solide Mehrheit für kleineren Zinsschritt

Eine solide Mehrheit innerhalb des US-Offenmarktausschusses der Fed entschied sich auf der letzten Sitzung, das Tempo der Zinserhöhungen auf 0,25% abzuschwächen.

Man war sich andererseits einig, dass die Gefahren einer hohen Inflation weiterhin ein Schlüsselfaktor für die Ausrichtung der Geldpolitik seien. Die Leitzinsen müssten daher weiter angehoben und auf hohem Niveau gehalten werden, bis die Inflation sich klar auf einem Pfad in Richtung des Notenbankziels von 2% befände.

Der aktuelle Zinsschritt versetze die Fed besser in die Lage, den Umfang künftiger Anhebungen festzulegen.

Kommentar: Das Protokoll impliziert, dass sich die Fed sukzessive einem Endpunkt des Zinserhöhungskurses annähert. Es gebe laut Protokoll Anzeichen, dass die Zinsmedizin an der Inflationsfront ihre Wirkung entfalte. Erkennbar ist das auch in zinssensitiven Sektoren der US-Wirtschaft, die unter erheblichen Druck stehen. Ich verweise auf den MBA-Hypothekenmarktindex im heutigen Datenpotpourri.

Aus dem Protokoll geht hervor, dass man das Risiko erkennt, unter Umständen in der Zinspolitik mehr tun zu müssen. Die jüngsten Einlassungen diverser Vertreter der US-Notenbank wiesen in diese Richtung. Das Protokoll eröffnet Erkenntnisse aus derVergangenheit. Die aktuellen Einlassungen bedienen die Realität. Ergo: Es bleibt offen!



G-20: Keine homogene Veranstaltung

Hintergrund: Heute beginnt das Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs des G-20 Formats in Indien (Bangalore). Die letzten G 20 Treffen in Indonesien lieferten keine Homogenität seitens dieses Formats in geopolitischen Fragen. Im Gegenteil mutierte das G 20 Format zu einer G 13 und G 7 Struktur unter einem Dach.

Zur aktuellen Lage: Diese Tendenz setzt sich fort. Der G 20-Gastgeber Indien will laut diversen Vertretern der indischen Regierung in diesem Format nicht über zusätzliche Sanktionen gegen Russland sprechen. Laut japanischen Angaben sind dagegen am Rande des G 20 Treffens G7-Beratungen über weitere Maßnahmen gegen Moskau geplant.

Dagegen würden laut Insidern (Quelle Reuters) die wirtschaftlichen Konsequenzen des Krieges thematisiert, nicht aber politischen Konsequenzen. Die bestehenden Sanktionen gegen Russland hätten negative Auswirkungen auf die Welt gehabt, sagte einer der indischen Regierungsvertreter. So sei die Inflation rund um den Globus deutlich angestiegen, vor allem die Preise für Energie und Lebensmittel. Das träfe viele arme Länder überdurchschnittlich stark. So hätten beispielsweise Sri Lanka, Pakistan und Bangladesch in der Folge Kredithilfen beim IWF beantragen müssen.

Kommentar: Außerhalb der westlichen Hemisphäre im sogenannten "Globalen Süden" sind die Schnittmengen mit der politischen Positionierung des G 7 Formats überschaubar, auch weil das G 7 Format die Sekundärfolgen für den "Globalen Süden" weitgehend ignoriert. Je größer die negativen Konsequenzen aus dem Ukraine-Konflikt für diese Länder sind, desto größer wird der Graben innerhalb des G 20 Formats. Die eingesetzte Fragmentierung der internationalen Wirtschaft basiert auf der Fragmentierung in der Geopolitik.

Ultimativ stellt sich die Frage, wer am Ende des Konflikts isoliert ist, denn der "Globale Süden" steht für circa 66% des Welt-BIP bei zunehmender Tendenz (1980 nur 20%, Basis Kaufkraftparität), mehr noch dominiert der "Globale Süden" bei Rohstoffvorkommen, die in der westlichen Welt unverzichtbar sind. Trägt unsere Politik diesen Abhängigkeiten Rechnung?



Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Stimmung in Frankreich und Deutschland aufgehellt

Deutschland: der IFO-Geschäftsklimaindex stieg per Februar von zuvor 90,1 (revidiert von 90,2) auf 91,1 Punkte (Prognose 91,2) und erreichte den höchsten Indexwert seit Juni 2022. Der Lageindex verlor von 94,1 auf 93,9 Zähler (Prognose 95,0), während der Erwartungsindex von zuvor 86,4 auf 88,5 Punkte zulegte (Prognose 88,4).

Deutschland: Gemäß finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per Januar erwartungsgemäß im Monatsvergleich um 1,0% und im Jahresvergleich um 8,7% zu. Diese Ergebnisse entsprachen den vorläufigen Werten.

Frankreich: Der Geschäftsklimaindex für die Gesamtwirtschaft legte per Februar von 102 auf 103 Punkte zu. Der Index für das Verarbeitende Gewerbe verzeichnete einen Anstieg von 103 auf 104 Zähler (Prognose 103).


Schweiz: Investoren bester Laune seit 02/2022

Der "Investor Sentiment Index" nahm per Berichtsmonat Februar von -40,0 auf -12,3 Punkte zu. Das markierte den höchsten Indexstand seit Februar 2022.


USA: Hypothekenmarkt sackt ab

Der MBA Hypothekenmarktindex sackte per Berichtswoche 17. Februar 2023 von zuvor 230,4 auf 199,8 Punkte. Der aktuelle Renditeanstieg an den US-Märkten wirkte sich erkennbar belastend aus. Das aktuelle Indexniveau liegt tiefer als in der US Immobilienmarktkrise

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© Reuters


Russland: Deflation bei Erzeugerpreisen, Industrieproduktion besser als erwartet

Die Industrieproduktion sank per Januar im Jahresvergleich um 2,4% (Prognose -3,7%) nach zuvor -4,3%. Die Erzeugerpreise fielen per Januar im Jahresvergleich um 4,6% nach zuvor -3,3% (Monatsvergleich -0,9% nach -0,8%).

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den USD gegenüber dem EUR favorisiert. Ein Überwinden der bisherigen Höchstkurse bei 1,1000 - 1.1020 negiert das Szenario.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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