Die EZB zieht Leitzins an – doch ihr Eifer lässt nach
04.05.2023 | Prof. Dr. Thorsten Polleit
Der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) hat den Leitzins (zum 10. Mai ’23) um 0,25 Prozentpunkte auf 3,75 Prozent angehoben, der Einlagenzins wird bei 3,50 Prozent liegen, der Spitzenrefinanzierungszins bei 4,0 Prozent.
Im März 2023 hatte die EZB den Zins noch um 0,5 Prozentpunkte angehoben – der Eifer, die Hochinflation in den Griff zu bekommen, lässt also bereits nach.
Die EZB wird ihr APP-Portfolio zurückführen, und sie wird die Re-Investition der Tilgungsbeträge ab Juli 2023 einstellen. Die Tilgungen, die der EZB auf ihrem PEPP-Portfolio zugehen, werden jedoch bis Ende 2024 weiter reinvestiert.
Die kleine Zinserhöhung am 4. Mai wird mit der anhaltenden Hochinflation begründet. Gleichzeitig aber erkennt der EZB-Rat auch (erhebliche) Risiken für die Euro-Konjunktur an.
EZB-Präsident Christine Lagarde zufolge wird die Bank fortan den Zins "datenabhängig" setzten. Das wiederum sollte die Aussichten auf weitere Zinserhöhungen zumindest trüben.
Zwar sollte man sich nicht nur auf einen Indikator verlassen, aber die Entwicklung der realen (d.h. inflationsbereinigten) Geldmenge M1 sollte aufhorchen lassen: Die reale Geldmenge hat einen Vorlauf von etwa vier Quartalen vor der Konjunkturlage im Euroraum.
Wie die obige Graphik zeigt, deutet die monetäre Entwicklung auf einen ganz erheblichen Abschwung hin. Die Zinserhöhungen, mit denen die Inflation in die Knie gezwungen werden soll, wird also wahrscheinlich die Wirtschaft abschwächen, wenn nicht gar in eine (scharfe) Rezession führen.
Frau Lagarde signalisierte in der Pressekonferenz zwar, dass die EZB ihre Serie der Zinserhöhungen als noch nicht als beendet ansieht (“We have more ground to cover and we are not pausing“ … “That’s extremely clear.”)
Jedoch ist unsere Einschätzung, dass die wirtschaftlichen Umstände im Euroraum in den kommenden Monaten die Wahrscheinlichkeit für weitere Zinserhöhungen stark absenken; vermutlich gibt es wohl nur noch (wenn überhaupt) im Juni eine Möglichkeit für einen kleinen weiteren Zinsschritt.
Empfehlung: auf physisches Gold & Silber setzen
Angesichts der zunehmenden Risiken im Wirtschafts- und Finanzsystem, aber natürlich auch für die Kaufkraft des Euro, ist das Halten von physischem Gold und Silber weiterhin attraktiv. Die Edelmetalle haben merkliches Aufwertungspotential, die sich im Falle von Finanzsystemproblemen sehr wahrscheinlich noch vergrößern werden.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH
Im März 2023 hatte die EZB den Zins noch um 0,5 Prozentpunkte angehoben – der Eifer, die Hochinflation in den Griff zu bekommen, lässt also bereits nach.
Die EZB wird ihr APP-Portfolio zurückführen, und sie wird die Re-Investition der Tilgungsbeträge ab Juli 2023 einstellen. Die Tilgungen, die der EZB auf ihrem PEPP-Portfolio zugehen, werden jedoch bis Ende 2024 weiter reinvestiert.
Die kleine Zinserhöhung am 4. Mai wird mit der anhaltenden Hochinflation begründet. Gleichzeitig aber erkennt der EZB-Rat auch (erhebliche) Risiken für die Euro-Konjunktur an.
EZB-Präsident Christine Lagarde zufolge wird die Bank fortan den Zins "datenabhängig" setzten. Das wiederum sollte die Aussichten auf weitere Zinserhöhungen zumindest trüben.
Zwar sollte man sich nicht nur auf einen Indikator verlassen, aber die Entwicklung der realen (d.h. inflationsbereinigten) Geldmenge M1 sollte aufhorchen lassen: Die reale Geldmenge hat einen Vorlauf von etwa vier Quartalen vor der Konjunkturlage im Euroraum.
Wie die obige Graphik zeigt, deutet die monetäre Entwicklung auf einen ganz erheblichen Abschwung hin. Die Zinserhöhungen, mit denen die Inflation in die Knie gezwungen werden soll, wird also wahrscheinlich die Wirtschaft abschwächen, wenn nicht gar in eine (scharfe) Rezession führen.
Frau Lagarde signalisierte in der Pressekonferenz zwar, dass die EZB ihre Serie der Zinserhöhungen als noch nicht als beendet ansieht (“We have more ground to cover and we are not pausing“ … “That’s extremely clear.”)
Jedoch ist unsere Einschätzung, dass die wirtschaftlichen Umstände im Euroraum in den kommenden Monaten die Wahrscheinlichkeit für weitere Zinserhöhungen stark absenken; vermutlich gibt es wohl nur noch (wenn überhaupt) im Juni eine Möglichkeit für einen kleinen weiteren Zinsschritt.
Empfehlung: auf physisches Gold & Silber setzen
Angesichts der zunehmenden Risiken im Wirtschafts- und Finanzsystem, aber natürlich auch für die Kaufkraft des Euro, ist das Halten von physischem Gold und Silber weiterhin attraktiv. Die Edelmetalle haben merkliches Aufwertungspotential, die sich im Falle von Finanzsystemproblemen sehr wahrscheinlich noch vergrößern werden.
© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Chefvolkswirt der Degussa Goldhandel GmbH