Suche
 
Folgen Sie uns auf:

Märkte weiter stabil – US-Federal Budget – Deutschland/USA/China: Ein Blick auf Inflation

11.05.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0975 (05:32 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0942 im US-Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 134,15. In der Folge notiert EUR-JPY bei 147,23. EUR-CHF oszilliert bei 0,9772.


Märkte: Weiter stabil!

Die Finanzmärkte bleiben nervös, aber zeichnen sich unverändert grundsätzlich durch Stabilität aus. Geringfügig entspanntere Inflationsdaten aus Deutschland und den USA bestimmten gestern zunächst den Diskurs. Die heute früh veröffentlichten Preisdaten aus China eröffnen für China den Themenkomplex Deflationsrisiken.

Fazit: Die von den USA forcierte Teilung der Welt, von der EU, dem UK, Kanada, Japan, Australien und Neuseeland flankiert, zeigt aus westlicher Sicht ungewollte Wirkungen (siehe unten). Die am Aktienmarkt positive Primärreaktion auf marginal entspanntere US-Verbraucherpreisdaten, wurde gestern flugs durch Abverkäufe konterkariert. Im weiteren Verlauf wurde dann der zwischenzeitlich verlorene Boden weitgehend gutgemacht.

Am Kapitalmarkt ergaben sich als Konsequenz der etwas entspannteren Inflationslage in den USA und in Deutschland Renditerückgänge. 10 jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,29% (Vortag 2,36%), während 10 jährige US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 3,44% (Vortag 3,52%) abwerfen.

Der EUR zeichnet sich weiter gegenüber dem USD durch Stabilität auf dem erhöhten Niveau aus und mäandert um die Marke von 1,10. Gold hat die Niveaus gegenüber dem USD gehalten, während Silber im Tagesvergleich circa 1% verlor.


US-Federal Budget: Kritische Einnahmeentwicklung

Das Federal Budget (maßgebliche Teilmenge des gesamten öffentlichen US-Haushalts) wies per April, einem bedeutenden Steuerzahlungsmonat, einen Überschuss in Höhe von 176 Mrd. USD aus (Vormonat -378 Mrd. USD). Die Prognose lag bei 235 Mrd. USD. Im Vorjahr stellte sich der Überschuss auf 308 Mrd. USD.

Kommentar: Hinsichtlich der Frage des US-Schuldenlimits ist die US-Haushaltssituation kritisch. Das US-Haushaltsbild ist darüber hinaus prekär. Erkennbar ist, dass sich die Konjunkturschwäche bei den Einnahmen belastend auswirkt. Gleichzeitig erodiert der Leitwährungsstatus des USD als Folge der US-Außenpolitik durch verstärkten erzicht auf den USD als Transaktionswährung im Handel des Globalen Südens. Dieser Mix hat an den Devisenmärkten bisher noch keine nachhaltige Diskontierung erfahren. Das kann sich ändern.


Deutschland/USA/China: Ein Blick auf Inflation

Deutschland: Langsamer steigende Lebensmittelpreise haben die Inflationsrate im April (7,2% nach zuvor 7,4%) auf den niedrigsten Stand seit August 2022 gedrückt. Von März auf April sanken die Lebensmittelpreise um 0,8% erstmalig seit rund zwei Jahren.

Das Bild bei Lebensmitteln bleibt losgelöst von der Entspannung im Monatsvergleich jedoch kritisch. Diese verteuerten sich um 17,2% zum Vorjahresmonat, nach 22,3% per März. Hoch war die Zunahme bei Molkereiprodukten (+34,8%), Brot und Getreideerzeugnissen (+21,3%), Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchten (+19,7%) als auch bei Süßwaren (+19,6%).

Energie verteuerte sich mit 6,8% im Vergleich zur Gesamtrate von 7,2% unterdurchschnittlich, aber stärker als per März mit 3,5%. Haushaltsenergie kostete 21,1% mehr als ein Jahr zuvor. Überdurchschnittlich erhöhten sich die Preise für Erdgas (+33,8%) sowie für Brennholz, Holzpellets oder andere feste Brennstoffe (+29,8%). Bei Strom lag der Anstieg bei 15,4% und bei Fernwärme bei 12,3%. Leichtes Heizöl verbilligte sich um 21,8%, Kraftstoffe um 9,4%. Dienstleistungen kosteten 4,7% mehr als im Vorjahr. Wohnungsmieten legten um 2% zu.

Kommentar: Die Gesamtrate der Inflation ist kritisch. Es eröffnet sich perspektivisch Potential in Richtung 5%. Das wäre weiter kritisch hinsichtlich des EZB-Ziels und der Historie. Die USA bieten bezüglich der Verbraucherpreise ein entspannteres Bild. Dort liegt die Gesamtrate mittlerweile bei 4,9%. Aber auch dieses Niveau ist weit von den Zielen der US-Notenbank entfernt (2% wie auch die EZB).

China hebt sich vom Westen massiv ab. Die jüngsten Preisentwicklungen in China forcieren eine Debatte über Deflationsrisiken. Die Verbraucherpreise verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 0,1% (Prognose 0,4%, aktuell niedrigster Wert seit 02/2021) nach zuvor 0,7%. Die Erzeugerpreise sanken per Berichtsmonat April im Jahresvergleich um 3,6% (Prognose -3,2%, aktuell niedrigster Wert seit Mai 2020) nach zuvor -2,5%.

Kommentar: Anders als in den USA ergibt sich für China und große Teile des Globalen Südens ein entspanntes Inflationsbild, weil der Globale Süden nicht an den westlichen Sanktionen und Spaltungsversuchen der USA samt Anhang teilnimmt, sondern im Gegenteil davon profitiert (Terms of Trade). Dort ergibt sich auch ein deutlich positiveres Wachstumsbild. Daraus folgt für den Globalen Süden ein verbessertes Wohlstandsbild.

Das jetzt auch von der EU aufgenommene Thema der Sekundärsanktionen (= Eingriff in nationale Souveränität von Drittstaaten, nicht WTO-konform, Verletzung Artikel 2 UN-Charta?) kann diese Problematik der divergenten Entwicklungen für westliche Länder verschärfen und die Glaubwürdigkeit der EU stärker schädigen. Wer ist am Ende isoliert?

Zur Visualisierung des Status Quo ist nachfolgende Tabelle hilfreich. Die BIP-Prognosen stammen aus dem World Economic Outlook (04/2023) des IWF.


Open in new window

Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: Griechenland CPI 3,0% versus Deutschland 7,2% ...

Deutschland: Laut finaler Berechnung nahmen die Verbraucherpreise per April im Monatsvergleich um 0,4% und im Jahresvergleich um 7,2% zu (Vormonat 7,4%). Beides entsprach sowohl den vorläufigen Werten als auch den Prognosen.

Griechenland: Die Verbraucherpreise stiegen per Berichtsmonat April im Jahresvergleich um 3,0% nach zuvor 4,6%. Es war der geringste Anstieg seit September 2021 (2,2%). Der Unterschied zu Deutschland ist bemerkenswert.

Italien: Die Industrieproduktion sank per März im Monatsvergleich um 0,7% (Prognose -0,3%) nach zuvor -0,2%. Im Jahresvergleich ergab sich per März ein Rückgang um 3,2% (-1,7%) nach zuvor -2,3%.


China: Deflationsrisiken in China!

Die Verbraucherpreise verzeichneten per April im Jahresvergleich einen Anstieg um 0,1% (Prognose 0,4%, niedrigster Wert seit 02/2021) nach zuvor 0,7%. Die Erzeugerpreise sanken per April im Jahresvergleich um 3,6% (Prognose -3,2%, niedrigster Wert seit Mai 2020) nach zuvor -2,5%.


USA: CPI etwas entspannter

Die US-Verbraucherpreise nahmen per April im Monatsvergleich 0.4% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,1% und im Jahresvergleich um 4,9% (Prognose 5,0%) nach zuvor 5,0% zu. Die Kernrate stieg im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose und Vormonat 0,4%) und im Jahresvergleich um 5,5% (Prognose 5,5%) nach zuvor 5,6%.

Der MBA-Hypothekenmarktindex stellte sich per Berichtswoche 5. Mai 2023 auf 227,8 nach zuvor 214,4 Punkten. Seit März bewegt sich der Index zwischen circa 190 – 230 Punkten und damit auf den niedrigsten Niveaus seit 1997.


Japan: "Economy Watcher‘s Poll" auf höchstem Stand seit 12/2021

Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat März ein Defizit in Höhe von 971 Mrd. JPY (circa 6,6 Mrd. EUR) nach zuvor -1.090 Mrd. JPY aus. Der Index "Economy Watcher‘s Poll" verzeichnete per April einen Anstieg von 53,3 auf 54,6 Punkte und verzeichnete den höchsten Stand seit Dezember 2021.


Philippinen: Starkes BIP-Wachstum – Asien ex Taiwan läuft!

Das BIP legte per 1. Quartal 2023 im Jahresvergleich um 6,4% (Prognose 6,1%) nach 7,2% zu.

Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den EUR gegenüber dem USD favorisiert. Ein Unterschreiten des Unterstützungsniveaus bei 1.0700 – 1.0730 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



Hinweis: Der Hellmeyer Report ist eine unverbindliche Marketingmitteilung der Netfonds AG, die sich ausschließlich an in Deutschland ansässige Empfänger richtet. Er stellt weder eine konkrete Anlageempfehlung dar noch kommt durch seine Ausgabe oder Entgegennahme ein Auskunfts- oder Beratungsvertrag gleich welcher Art zwischen der Netfonds AG und dem jeweiligen Empfänger zustande.

Die im Hellmeyer Report wiedergegebenen Informationen stammen aus Quellen, die wir für zuverlässig halten, für deren Richtigkeit, Vollständigkeit und Aktualität wir jedoch keine Gewähr oder Haftung übernehmen können. Soweit auf Basis solcher Informationen im Hellmeyer Report Einschätzungen, Statements, Meinungen oder Prognosen abgegeben werden, handelt es sich jeweils lediglich um die persönliche und unverbindliche Auffassung der Verfasser des Hellmeyer Reports, die in dem Hellmeyer Report als Ansprechpartner benannt werden.

Die im Hellmeyer Report genannten Kennzahlen und Entwicklungen der Vergangenheit sind keine verlässlichen Indikatoren für zukünftige Entwicklungen, sodass sich insbesondere darauf gestützte Prognosen im Nachhinein als unzutreffend erweisen können. Der Hellmeyer Report kann zudem naturgemäß die individuellen Anlagemöglichkeiten, -strategien und -ziele seiner Empfänger nicht berücksichtigen und enthält dementsprechend keine Aussagen darüber, wie sein Inhalt in Bezug auf die persönliche Situation des jeweiligen Empfängers zu würdigen ist. Soweit im Hellmeyer Report Angaben zu oder in Fremdwährungen gemacht werden, ist bei der Würdigung solcher Angaben durch den Empfänger zudem stets auch das Wechselkursrisiko zu beachten.



Bewerten 
A A A
PDF Versenden Drucken

Für den Inhalt des Beitrages ist allein der Autor verantwortlich bzw. die aufgeführte Quelle. Bild- oder Filmrechte liegen beim Autor/Quelle bzw. bei der vom ihm benannten Quelle. Bei Übersetzungen können Fehler nicht ausgeschlossen werden. Der vertretene Standpunkt eines Autors spiegelt generell nicht die Meinung des Webseiten-Betreibers wieder. Mittels der Veröffentlichung will dieser lediglich ein pluralistisches Meinungsbild darstellen. Direkte oder indirekte Aussagen in einem Beitrag stellen keinerlei Aufforderung zum Kauf-/Verkauf von Wertpapieren dar. Wir wehren uns gegen jede Form von Hass, Diskriminierung und Verletzung der Menschenwürde. Beachten Sie bitte auch unsere AGB/Disclaimer!



Alle Angaben ohne Gewähr! Copyright © by GoldSeiten.de 1999-2024.
Die Reproduktion, Modifikation oder Verwendung der Inhalte ganz oder teilweise ohne schriftliche Genehmigung ist untersagt!

"Wir weisen Sie ausdrücklich auf unser virtuelles Hausrecht hin!"