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Das Währungsprojekt der BRICS

11.06.2023  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Die BRICS wollen ihre US-Dollar-Abhängigkeit verringern. Ein Vorschlag ist, eine neue Recheneinheit zur Abwicklung von internationalen Handels- und Finanztransaktionen zu schaffen.

Am 2. Juni 2023 haben sich die Außenminister der BRICS-Staaten (Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika) sowie Repräsentanten aus mehr als 12 Ländern in Cape Town, Südafrika, getroffen (also am "Kap der guten Hoffnung"). Die BRICS repräsentieren etwa 3,2 Milliarden Menschen, also etwa 40 Prozent der Weltbevölkerung mit einer gemeinsamen Wirtschaftsleistung, deren Größenordnung der US-amerikanischen entspricht. Es ging um die Aufnahme weiterer Länder (Saudi Arabien, Vereinigte Arabische Emirate, Ägypten und Kasachstan), vor allem aber auch um die Frage, wie man die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit vom US-Dollar reduzieren kann.

Ein Vorschlag lautet, eine neue internationale Währung für Handels- und Finanztransaktionen zu schaffen. Wie könnte das geschehen? Denkbar ist die Schaffung eines Währungskorbes, ähnlich den Sonderziehungsrechten des Internationalen Währungsfonds, in dem die BRICS-Teilnehmerwährungen anteilig vertreten sind. Die Qualität dieser Korbwährung wäre jedoch abhängig von der Qualität der zugrundeliegenden Währungen – und gegenwärtig wären es nationale Fiatwährungen, die quasi zu einer Einheits-Fiatwährung zusammengeführt würden.

Erfahrungsgemäß ist solch ein Arrangement jedoch fehler- und störanfällig – insbesondere weil Fiatwährungen immer wieder Finanz- und Wirtschaftskrisen auslösen. Zudem müssen sich alle Beteiligten darauf einigen, eine bestimmte Inflation anzustreben und dazu ihre nationale Wirtschafts- und Finanzpolitik dieser Zielsetzung unterzuordnen. Und nicht zuletzt muss die neue Korbwährung internationale Akzeptanz gewinnen, damit sie für die Geldverwender hinreichend attraktiv ist, ein Prozess, der vermutlich (viele) Jahre dauern wird.

Eine andere Option bestünde darin, Gold als Geld beziehungsweise Recheneinheit zu verwenden. So könnten Handelstransaktionen in Goldgramm gepreist und abgewickelt werden. Die neue Goldwährung (vielleicht mit dem Namen "B-Gold") müsste dabei nicht physisch ausgeprägt werden, sondern könnte eine rein buchhalterische Größe sein. Die Exporteure aus den BRICS-Staaten und weitere Mitglieder müssten bereit sein, ihre Güter gegen Gold anstelle von US-Dollar & Co zu verkaufen; und die Importeure aus den westlichen Ländern müssten bereit und in der Lage sein, ihre Rechnungen in Gold zu bezahlen.

Um an B-Gold zu gelangen, muss der B-Gold-Nachfrager physisches Gold in eine dafür vorgesehene Lagerstelle einbringen, deren Gewichtseinheit ihm dann auf seinem Konto gutgeschrieben wird. Bei Bezahlung wird das B-Gold-Guthaben des Güterimporteurs dem Konto des Güterexporteurs gutgeschrieben.

Allerdings wäre die Verwendung des Goldes als internationale Handels- und Transaktionswährung mit überaus weitreichenden Folgen verbunden. Sie würde die Goldnachfrage ansteigen lassen und den Goldpreis (gemessen in US-Dollar, Euro & Co, aber auch in den Währungen der BRICS) vermutlich kräftig in die Höhe treiben. Entsprechend nimmt die Kaufkraft der offiziellen Währungen gegenüber dem Gold ab. Die Güterpreise würden sich, gemessen in den offiziellen Währungen, verteuern. Die BRICS würden – soweit sie Handelsüberschüsse haben beziehungsweise weiterhin erzielen – Goldreserven aufbauen. Sie wären vermutlich die Gewinner der Währungsumstellung, der Westen hätte das Nachsehen.

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Quelle: World Gold Council; Graphik Degussa. Die offiziellen Goldreserven der BRICS beliefen sich im ersten Quartal 2023 auf 5452,7 Tonnen (Marktwert derzeit etwa 350 Mrd. US-Dollar).


Die Regierungen, einschließlich die der BRICS, würden ihre Hoheit über das Geld verlieren und dadurch gewaltig an Macht einbüßen. Doch wird man dazu bereit sein? Die wenigen Überlegungen zeigen bereits deutlich, wie schwergewichtig das Thema "Schaffung einer neuen internationalen Handelswährung" tatsächlich ist. Ein Voranschreiten der BRICS mit diesem Projekt könnte in der Tat erdrutschartige Veränderungen in der weltweiten Wirtschafts- und Finanzstruktur verursachen. Das Thema verdient daher große Aufmerksamkeit von Seiten der Investoren.


© Prof. Dr. Thorsten Polleit
Auszug aus dem Marktreport der Degussa Goldhandel GmbH


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