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Märkte: Zuversicht dominiert – D: China-Papier – EZB-Protokoll – Prekärer US-Haushalt

14.07.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,1226 (06.00 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1131 im europäischen Geschäft markiert wurde: Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 137,43. In der Folge notiert EUR-JPY bei 154,44. EUR-CHF oszilliert bei 0,9634.


Märkte: Zuversicht dominiert zum Wochenausklang

Die Finanzmärkte signalisierten in den letzten 24 Handelsstunden weit überwiegend eine positive und/oder zuversichtliche Haltung.

Negative Wirtschaftsdaten aus der Eurozone und aus Großbritannien entfalteten keine dauerhafte Marktwirkung (siehe Datenpotpourri). Dagegen wirkte sich die Veröffentlichung der US-Erzeugerpreise, die geringfügig niedriger als erwartet ausfielen (Jahresvergleich mit geringstem Anstieg seit 08/2020), an den Finanzmärkten unterstützend aus.

Der Chef der Federal Reserve des Bezirks St. Louis Bullard ("Falke") tritt mit sofortiger Wirkung zurück und wechselt im August zur Purdue Universität (West Lafayette, Indiana). Es ist damit ein "Falke" weniger im Offenmarktausschuss. Zum jetzigen Zeitpunkt erscheint es unangebracht zu sein, zu viel in den Personalwechsel hineinzuinterpretieren. Dennoch ist die Abruptheit, der sofortige Rücktritt, bemerkenswert.

Das Strategie-Papier der deutschen Bundesregierung lieferte eine Manifestation in Form und Schrift der jüngeren China-Politik der Regierung und forciert zunächst keine weiteren Belastungen im Austauschverhältnis zwischen Deutschland und China.

Aktienmärkte konnten in der Folge zumeist an Boden gewinnen oder die erhöhten Niveaus konsolidieren.

Am Rentenmarkt kam es zu Entspannungen, die sich unterstützend auf die Aktienmärkte auswirkten (Aspekt Diskontierungsfaktor). 10-jährige Bundesanleihen rentieren heute früh mit 2,44% nach 2,54% gestern. US-Staatsanleihen mit 10-jähriger Laufzeit werfen heute früh eine Rendite in Höhe von 3,78% ab. Gestern früh lag die Rendite noch bei 3,86%. Damit haben sich die Renditen von den Wochenhöchstständen ein gutes Stück entfernt (Bundesanleihen 2,67%, US-Treasuries 4,08%).

Der USD stand weiter unter Druck. Heute früh markierte der EUR in Fernost mit 1.1242 den höchsten Stand seit Februar 2022. Der Devisenmarkt goutiert damit "ungesunde" Inflation, die Stressmaßnahmen der EZB-Zinspolitik forciert, bei rezessiver Grundentwicklung der Ökonomie. Mein Urteil: Interessant! Gold konsolidierte gegenüber dem USD, Silber legte weiter zu.


Kabinett verabschiedet China-Strategie-Papier

Das Bundeskabinett verabschiedete gestern die China-Strategie. China wird zugleich als Partner, Wettbewerber und systemischer Rivale definiert. Angestrebt ist Diversifikation weg von China, um zu starken Abhängigkeiten entgegenzuwirken, ohne die Kontakte zu dem größten Handelspartner Deutschlands abzubrechen. Zudem wird die Zusammenarbeit auf Feldern wie der Klimapolitik betont. Vorgaben für die Firmen, die zu einer Diversifizierung und Investitionen auch in anderen asiatischen Staaten angehalten werden, sind allgemein gehalten.

Kommentar: Das Strategiepapier liefert wenig neue Erkenntnisse. Es klingt wie die Zusammenfassung der jüngeren China-Politik ex Baerbock Auftreten in China. Die Industrieverbände begrüßen das Papier. Mehr konnten Freunde des Freihandels unter den aktuellen geopolitischen Bedingungen, die von den USA forciert werden, nicht erwarten.

Es ist grundsätzlich richtig, dass sich die Regierung um zu große Abhängigkeiten und unsere Souveränität bezüglich Chinas Sorgen macht, obwohl China meiner Kenntnis nach bisher nicht in unsere Innenpolitik eingegriffen hat oder versuchte, uns wirtschaftlich zu erpressen. Wo gibt es noch große oder sogar größere Abhängigkeiten? Welche Länder haben nachweislich in unsere Souveränität eingegriffen? Gibt es diesbezüglich auch Strategiepapiere oder ist die Frage nicht "politisch korrekt"? Asymmetrie in der Politik ist Grundlage von Fehlsteuerungen.



EZB-Protokoll: Nur alte Erkenntnisse


Das EZB-Protokoll lieferte keine neuen Erkenntnisse.

• Es sei noch eine Wegstrecke bei den Zinserhöhungen zu gehen.

Kommentar: Ja, das ist bekannt, Im Juli wird mindestens noch einmal geliefert.

• Die Inflation würde voraussichtlich zu lange zu hoch bleiben.

Kommentar: Europa hat bezüglich des Inflationsdrucks im Vergleich zu Nordamerika und Asien die schlechtesten Karten (Energie, Löhne). Dem trägt diese Äußerung Rechnung.

• Die Aufwärtsrevision der Inflationsdaten sollte Marktteilnehmer überraschen.

Kommentar: Das nehmen wir "Marktteilnehmer" zur Kenntnis. War die Ermittlung der Inflationsprognosen politisch gefärbt?

• Man legte sich im Vorwege fest, dass es im Juni und im Juli zu Zinserhöhungen kommen würde.

Kommentar: Die "Falken" hatten zuletzt noch einmal aufgetrumpft. Seitdem melden sich immer mehr Verantwortliche der EZB mit milden Tönen "taubenhaft" zu Wort. Eine perspektivische Neuausrichtung der EZB-Politik zeichnet sich ab.


US-Haushalt: Es ist prekär!

Das Federal Budget als maßgebliche Teilmenge der gesamten öffentlichen US-Verschuldung wies per Juni ein Defizit in Höhe von 228 Mrd. USD aus. Die Prognose lag bei "nur" -175 Mrd. USD. Der Vorjahreswert per Juni 2022 stellte sich auf "lediglich"-89 Mrd. USD.

Der Blick auf Einzelheiten im Haushalt per Juni offenbart das kritischer werdende Umfeld. Die Ausgaben nahmen im Jahresvergleich um 15% auf 646 Mrd. USD zu, während die Steuereinnahmen um 9,2% von 461 Mrd. USD auf 418 Mrd. USD sanken. Die Gesamteinnahmen des Staates fielen um 7,3%. Das war der größte Einbruch seit Juni 2020.

Kommentar: Die Daten belegen, dass es in den USA kein selbsttragendes Wachstum gibt. Es ist ein durch Staatsdefizite getragenes Wachstum. Bisher hat der Leitwährungsstatus des USD die Folgen einer solchen Politik erlaubt. Nur der Leitwährungsstatus erodiert latent bei zunehmender Dynamik wegen der US-Geopolitik. Es ist prekär und wird prekärer!


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:


Eurozone: Daten weisen abwärts

Die Industrieproduktion verzeichnete per Mai im Monatsvergleich einen Anstieg um 0,2% (Prognose 0,3%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 2,2% (Prognose -1,2%) nach zuvor +0,2%.

Deutschland: Der von Refinitiv und IPSOS ermittelte Sentiment Index für den Sektor des privaten Verbrauchs stellte sich per Juli auf 46,86 nach zuvor 47,03 Zählern (zuletzt China 77,32, Indien 56,82, Saudi-Arabien 72,03). Es war der schwächste Wert seit Dezember 2022.


UK: Daten weisen abwärts

Das BIP sank per Mai im Jahresvergleich um 0,4% (Prognose -0,7%) nach zuvor +0,5%. Die Industrieproduktion fiel per Mai im Jahresvergleich um 2,3% (Prognose -2,3%) nach -1,6% (revidiert von -1,9%). Die Handelsbilanz wies per Mai einen Fehlbetrag in Höhe von 18,72 Mrd. GBP (Prognose -14,7 Mrd. GBP) nach zuvor -14,63 Mrd. GBP aus.


USD: PPI geringer als erwartet

Die Erzeugerpreise legten per Berichtsmonat Juni im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose 0,2%) nach zuvor -0,4% (revidiert von -0,3%) zu. Im Jahresvergleich kam es zu einer Zunahme um 0,1% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,9% (revidiert von 1,1%). Es war der geringste Anstieg seit 08/2020.

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Die Arbeitslosenerstanträge lagen per 8. Juli bei 237.000 (Prognose 250.000) nach zuvor 249.000 (revidiert von 248.000).


Russland: Devisenreserven wenig verändert

Die Devisenreserven lagen per 7. Juli 2023 bei 583,1 Mrd. USD nach zuvor 582,4 Mrd. USD.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützung bei 1,0820 – 1,0850 negiert dieses Szenario.

Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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