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Märkte: Zuversicht dominant – Grimm auf unseren Spuren – Jackson Hole: Klare Botschaft

28.08.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute gegenüber dem USD bei 1,0809 (05:54 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0767 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 146,47. In der Folge notiert EUR-JPY bei 158,32. EUR-CHF oszilliert bei 0,9549.


Blick auf den Markt: Zuversicht am Ende dominant

An den Finanzmärkten setzte sich am Freitag nach den Erkenntnissen des Notenbanktreffens in Jackson Hole Zuversicht durch. Überbordende Zinsängste sind gebändigt. Ambivalenz bezüglich der weiteren Zinspolitiken der westlichen Notenbanken ex Japan steht im Raum (siehe unten). Aktienmärkte konnten im Späthandel am Freitag und heute früh In Fernost in der Folge an Boden gewinnen. Die Senkung der Stempelsteuer um 50% lieferte für die Märkte Chinas einen zusätzlichen positiven Impuls.

Die Rentenmärkte oszillieren weiter auf den erhöhten Niveaus. Im Wochenvergleich kam es zu leichten Renditerückgängen. So rentiert die 10 jährige Bundesanleihe heute früh mit 2,55% nach 2,62% letzten Montag. Die Rendite der 10 jährigen US-Staatsanleihe bringt aktuell einen Zins in Höhe von 4,23% nach 4,30% Anfang letzter Woche.

Der Euro zeigt sich fortgesetzt widerstandsfähig. Im Hinblick auf die strukturelle Divergenz der Standortbedingungen und der Konjunkturlage zu den USA und Japan als auch der Zinsdifferenz insbesondere zu den USA ist das "bemerkenswert". Zwar wurden gegenüber dem USD im Wochenverlauf Tiefstkurse bei 1,0767 markiert, aber die Dynamik ist sehr überschaubar. Wirtschaftsweise Grimm auf unseren Spuren.

Die Wirtschaftsweise Grimm beklagt die hohen Energiepreise in Deutschland. Sie konstatierte, dass es Wachstum erst wieder gäbe, wenn von den Investoren künftig gute Standortbedingungen erwartet würden. Die Energiepreise seien dafür weiterhin zu hoch.

Kommentar: Exakt, es ist ein strukturelles Problem. Die Umfragen belegen die massivste Skepsis der Unternehmen.

Sie führte aus, es gelte, so schnell wie möglich Erzeugungs- und Netzkapazitäten auszubauen, damit die Strompreise für alle wieder sänken.

Kommentar: Das ist ein Stellschraube, die aber erst mittel- bis langfristig wirkt. Das Thema Senkung der Stromsteuer und anderer Energiesteuern könnte adhoc massive Abhilfe sowohl für Unternehmen als auch Mitbürger schaffen.


Jackson Hole mit klarer Botschaft: Der Kampf gegen Inflation sei noch nicht beendet

Hintergrund: Das Notenbankertreffen in Jackson Hole lieferte klare Aussagen. Das Thema Inflationsbekämpfung steht zunächst verbal weiter im Vordergrund. Das gilt zumindest für die USA, die Eurozone und das UK.

Japan widersetzte sich diesem Kurs der Zinserhöhungen und hat in der Bekämpfung der Inflation nahezu dasselbe Ergebnis wie die USA erreicht (Aspekt aktuelle Verbraucherpreise). Nachfolgende Tabelle zeigt die unterschiedlichen Herangehensweisen und die sich daraus ergebenden Resultate. In „blau“ ist der Status positiver Realzinsen eingefärbt, in „rot“ der Status „negativer Realzinsen“. Die USA haben mit der erzielten Inflationsreduktion und mit einem massiven positiven Realzins von 2,175% derzeit als einziges Land jede Grundlage, weiteren Zinserhöhungen zu entsagen, auch weil die volle Wirkung der Zinserhöhungen erst mit einem Zeitverzug von mehr als 12 Monaten einsetzt.

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Erkennbar ist, dass der Preisauftrieb vor der Ukraine-Krise in den USA, der Eurozone und dem UK bereits markant höher war, als das in Japan der Fall war. Daraus ergaben sich zwingend unterschiedliche Handlungsmuster seitens der Fed, der EZB und der Bank of England.

Trotz hoher importierter Inflation durch die Abwertung des JPY (USD/JPY -28% seit 01/2022), ist der Inflationsdruck Japans in etwa auf dem Niveau der USA. Die aktuell deutlich bessere Wirtschaftslage Japans (annualisiertes Wachstum bei 6%) liegt auch in der Zentralbankpolitik (Kostenfaktor Kapital) begründet. Ein anderer Aspekt ist das Thema Energieversorgungssicherheit und Preisniveau der eingekauften Energie (Struktur, Kosten, Vorteile für USA und Japan (Sachalin)).

Jerome Powell aktuell: Fed-Präsident Powell hält die Inflation weiter für zu hoch. Zusätzliche Zinserhöhungen lägen auf dem Tisch. Man würde die Kreditkosten hochhalten, bis die Inflation auf einem nachhaltigen Weg in Richtung des Inflationsziels sei. Er sagte, dass die Fed vorsichtig bei Zinsentscheidungen vorgehen würde. Er begrüßte, dass die Inflation seit ihrem Höchststand zurückgegangen sei.

Kommentar: Wir erwarteten keine „taubenhaften“ Äußerungen Powells, aber der Unterton war am Ende tendenziell „falkenhaft“. Die von uns oben dargestellten Fakten zum Erfolg der US-Inflationsreduktion und dem positiven Realzins (von -6,375% auf +2,175%) weisen bei der Zinspolitik auch in Richtung Nutzung des Zins für die aktuelle Geopolitik der USA (starker USD ggü. Russland und China). Eine Zinspause schließen wir dennoch nicht aus.

Chancen auf Zinspause der EZB nehmen zu: Die Währungshüter der EZB sind wegen der schwachen Konjunkturaussichten zunehmend besorgt. Das verlautete aus Insider-Kreisen während des Treffens in Jackson Hole. Die Wahrscheinlichkeit einer Zinspause nehme zu. Die Debatte sei aber noch nicht abgeschlossen.

Kommentar: Der ökonomische und strukturelle (und zunehmend auch politische) Stress ist in Europa ungleich größer als in den USA oder Japan. Die Unverträglichkeit noch höherer Kapitalkosten ist für die Wirtschaftsräume erheblich. Europa macht auch keine Geopolitik via EZB. Die Chance für eine Zinspause nimmt zu.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden:

Eurozone: IFO-Index schwächer als erwartet – Klartext!

Deutschland: Der deutsche IFO-Index sank per August stärker als erwartet von zuvor 87,4 (revidiert von 87,3) auf 85,7 Punkte (Prognose 86,7). Damit sank der Index auf den tiefsten Stand seit Oktober 2022 (Spitze der „Energiekrise). Auch im historischen Kontext muss das Niveau als kritisch bewertet werden. Der nachfolgende Chart, der bis Anfang 2005 zurückreicht, belegt eindrucksvoll die Schwäche in einem historischen Kontext.

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Der IFO-Lageindex fiel von zuvor 91,4 (revidiert von 91,3) auf 89,0 Zähler (Prognose 90,0). Es ist der niedrigste Indexstand seit Januar 2021. Der IFO-Erwartungsindex ging von zuvor 83,6 (revidiert von 83,5) auf 82,6 Punkte zurück (Prognose 83,8). Es ist der tiefste Indexstand seit November 2022.

Kommentar: Diese Datenreihe liefert einen Kontrapunkt, zu der Verbalakrobatik, die uns seitens der Regierung und auch der Bundesbank erreicht. Die Situation ist kritisch und verlangt eine professionelle Bestandsaufnahme und eine Neuorientierung, um weitere negative Konsequenzen für die Bürger dieses Landes und die hier agierenden Unternehmen zu verhindern. Das ist primäre Aufgabe einer Regierung. Hier besteht die Pflicht, zu liefern.

Deutschland: Die detaillierte Berechnung des deutschen BIP per 2. Quartal 2023 bestätigte die vorherigen Prognosen. Im Quartalsvergleich war das Ergebnis unverändert und im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 0,6%.

Frankreich: Die Zahl der Arbeitslosen legte per Juli von 2,79 auf 2,82 Millionen zu und markierte die höchste Zahl seit Dezember 2022.


USA: Finaler Wert des Verbrauchervertrauens schwächer

Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan stellte sich gemäß finaler Berechnung per Berichtsmonat August auf 69,5 Punkte (vorläufiger Wert und Prognose 71,2).

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine neutrale Haltung.

Viel Erfolg


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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