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Märkte: Risikoaversion ausgeprägt - Palästina/Israel-Konflikt: Aktueller Katalysator der erhöhten Risikoaversion

30.10.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0560 (05:26 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0536 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 149,57. In der Folge notiert EUR-JPY bei 157,94. EUR-CHF oszilliert bei 0,9537.


Märkte: Risikoaversion ausgeprägt

Die Finanzmärkte standen und stehen weiter unter Druck. Hintergrund ist die geopolitische Lage im Nahen Osten, denn die jüngsten Wirtschaftsdaten lieferten in der letzten Woche überwiegend positive Überraschungswerte.

So legte das BIP der USA unerwartet stark mit 4,9% (auf das Jahr hochgerechnet) zu, US-Auftragseingänge für langlebige Wirtschaftsgüter stiegen unerwartet um 4,7% im Monatsvergleich. Der Absatz neuer Wohnimmobilien nahm im Monatsvergleich um 12,3% zu, die S&P PMIs der USA signalisieren mit mehr als 50 Punkte Wachstum.

Andererseits waren die Daten aus der Eurozone bei wenigen Ausnahmen (IFO-Index) nicht überzeugend oder sogar schwach. Konjunkturell zeigen sich in der Welt immer stärker heterogene Wirtschaftsentwicklungen. Fernost ist das Epizentrum der globalen Wachstumskräfte. Japan und die USA stehen quantitativ bezüglich der Wirtschaftsentwicklung im Westen vorne, Europa fällt ab und innerhalb Europas schwenkt Deutschland die "Rote Laterne".

Die Aktienmärkte verloren in der letzten Berichtswoche zumeist an Boden. Der DAX und der EuroStoxx 50 sanken um 0,6%. Der S&P 500 und der NASDAQ 100 verloren trotz guten Konjunkturdaten jeweils knapp 2,6%. Der Nikkei ging um circa 1,3% zurück, während der CSI 300 gut 1,4% zulegen konnte.

An den Rentenmärkten dominierte leichte Entspannung. Die Rendite der 10 jährigen Bundesanleihe fiel auf Wochensicht um 8 Basispunkte von 2,89% auf 2,81%, während die Rendite der 10 jährigen US-Staatsanleihe von 4,92% auf 4,87% nachgab.

Gewinner waren Assetklassen, die nicht mit den Aktien- und Rentenmärkten korreliert sind. Gold stieg um knapp 1,3% auf 2006 USD. Silber, das auch Industriemetall ist (partielle Korrelation), verlor dagegen gut 1%. Bitcoin stach mit einer Performance von 12,2% hervor.

Der EUR verlor gegenüber dem USD insignifikant 0,3% von 1,0592 auf 1,0561.

Fazit: Risikoaversion bleibt ausgeprägt. Das geopolitische Thema des Nahen Ostens stricht das Thema Ukraine-Krise aus, weil die globalen Folgen einer Eskalation ungleich größer wären


Palästina/Israel-Konflikt: Aktueller Katalysator der erhöhten Risikoaversion

Der Konflikt zwischen Palästinensern und Israel zieht sich seit 1946 hin. Der zu verurteilende massive Terrorangriff der Hamas, der Auslöser für die aktuelle Krisensituation mit hohem Leid auf beiden Seiten ist, stellt in diesem Konflikt den jüngsten Kulminationspunkt dar. Dieser Konflikt ist aktuell der entscheidende Katalysator für verstärkte Konjunktursorgen insbesondere in Europa und erhöhte Risikoaversion an den Finanzmärkten.

Dieser Konflikt läuft Gefahr, sich zu einem multinationalen Krieg auszuweiten mit nicht absehbaren Folgen für die Region selbst aber auch für die gesamte Weltgemeinschaft und damit Weltwirtschaft, allen voran auch für Europa hinsichtlich der geografischen Nähe, hinsichtlich der Abhängigkeit von Importen fossiler Energie als auch Migrationsströmen.

Kommentar: Bezüglich dieses Kontextes müsste sowohl die EU ein starkes Interesse an einer Befriedung der Region aus Wertegesichtspunkten und Eigeninteresse haben.

Will man Konflikte ernsthaft entschärfen, funktioniert das nur über Diplomatie. Diplomatie setzt voraus, dass man klar zwischen Historie, Ursachen, Aspekten und aktuellen Entwicklungen einer Krise differenziert, um eine belastbare und dauerhafte Lösung des Konflikts herbeizuführen, die allen Teilnehmern eines Konflikts gerecht wird. Dabei spielen völkerrechtliche Gesichtspunkte eine tragende Rolle, dazu gehört auch das Thema der territorialen Integrität. In der Ukraine-Krise spielt dieses Thema beispielsweise für den Westen eine maßgebliche Rolle.

In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob diesem Aspekt in der Palästina/Israel Frage in den letzten 77 Jahren die notwendige Aufmerksamkeit seitens der internationalen Gemeinschaft geschenkt wurde. Nachfolgend ein Blick auf die territoriale Entwicklung Palästinas seit 1946.

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© Philippa Jane Winkler (USA, Webster University, Adjunct Professor)


Fazit: Es geht hier nicht darum, zu Gunsten einer Seite zu argumentieren. Dafür sind im Laufe der letzten 77 Jahre beidseitig und seitens Dritter zu viele Taten/Aktivitäten zu verantworten, dafür ist die Krise zu vielschichtig (regionale, nationale, supranationale Interessen), sondern darum, eine der Kernursachen des Konflikts als Teil des Ganzen aufzuzeigen, um Ideen für nachhaltige Lösungen in der Region zu forcieren, die eine Eskalation in der Region als auch in der Welt verhindern helfen. Krisen können ein Katalysator für Lösungen sein. Wird diese Krise dafür genutzt? Solange das nicht der Fall ist, bleiben Ökonomie und Märkte belastet.


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Spanien stark, Frankreich durchwachsen, Italien schwach!

Frankreich: Der Index des Verbrauchervertrauens stieg per Oktober von zuvor 83 auf 84 Punkte (Prognose 83).Historisch betrachtet ist das Niveau als niedrig zu klassifizieren (Tiefpunkt der letzten 10 Jahre 79, Höchstwert 108).

Spanien: Das BIP legte im Quartalsvergleich per 3. Quartals 2023 um 0,3% und im Jahresvergleich um 1,8% zu. Die Divergenz zu Deutschland ist augenfällig.

Italien: Schwache Daten dominieren. Der Index des Verbrauchervertrauens fiel per Oktober von 105,4 auf 101,6 Punkte (Prognose 105,2, tiefster Wert seit 01/2023). Der Geschäftsklimaindex des Verbarbeitenden Gewerbes sank per Oktober von 96,4 auf 96,0 Zähler (Prognose 96,0, tiefster Wert seit 01/2021). Der Absatz der Industrie ging per August im Monatsvergleich um 0,4% und im Jahresvergleich um 5,0% zurück (schwächster Wert seit 07/2020).


USA: US-Daten stabil bis freundlich

Die persönlichen Einkommen nahmen per September im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,4% zu. Der reale persönliche Konsum verzeichnete einen Anstieg im Monatsvergleich um 0,4% nach zuvor 0,1%.

Der Index des Verbrauchervertrauens nach Lesart der Universität Michigan legte per finaler Berechnung von vorläufig 63,0 auf 63,8 Punkte zu (Prognose 63,0).


Russland: Zentralbank erhöht Leitzins um 2%

Die Notenbank Russlands erhöhte den Leitzins unerwartet um 2% von zuvor 13% auf 15% (Prognose 14%).


China: Industrieprofite auf Erholungspfad

In dem Zeitraum von Januar bis September 2023 sanken die Gewinne der Industrieunternehmen im Jahresvergleich um 9% (Vorperiode Januar bis August -11,8%). Es war der geringste Rückgang seit Dezember 2022 (Periode Januar - Dezember 2022-4,0%).

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© Reuters LSEG


Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine negative Tendenz. Ein Überwinden der Widerstandszone bei 1.0770 – 1.0800 negiert das für den USD positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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