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Märkte konsolidieren – USA: "Shutdown" verhindert

16.11.2023  |  Folker Hellmeyer
EU-Kommission senkt Konjunkturprognose 2023/24 - Bundesverfassungsgericht liefert Klartext

Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0833 (05:27 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0831 im fernöstlichen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 151,29. In der Folge notiert EUR-JPY bei 163,89. EUR-CHF oszilliert bei 0,9627.


Märkte: Überwiegend Konsolidierung – US-Shutdown verhindert – Common Ground USA/China


Die Finanzmärkte konsolidieren überwiegend auf den neu etablierten Niveaus. Der Datenpotpourri lieferte gestern weiter Entspannungssignale von der Inflationsfront (US-PPI, UK CPI, Deutschland Großhandelspreise). US-Konjunkturdaten setzten zudem positive Akzente hinsichtlich der Erwartungshaltung, während die Industrieproduktion der Eurozone enttäuschte. Russlands BIP-Daten setzten einen unerwartet positiven Akzent (alle Daten siehe Datenpotpourri).

Von der politischen Frontlinie erreichten uns unterschiedliche Signale. Der nach dem 17. November 2023 drohende "US-Shutdown" wurde verhindert. Das ist zunächst positiv. Der US-Senat stimmte einem Zwischenhaushalt zu, der die Finanzierung in Teilen bis Mitte Januar und in anderen Teilen bis Anfang Februar gewährleistet. Die Themen Finanzierung Israel und Ukraine sind ausgeklammert. Damit ist das Haushaltsproblem aufgeschoben, nicht aufgehoben.

Das Treffen zwischen US-Präsident Biden und Präsident Xi lieferte partielle Annäherungen (Aufnahmen der Militärkommunikation, Krisenkommunikation auf Top-Ebene, gemeinsamer Kampf gegen Drogen, Regierungsgespräche über KI) ohne einen großen Wurf zu generieren.

Neben den strukturellen und konjunkturellen Problemen hat Deutschland jetzt auch noch ein Haushaltsproblem, da das Bundesverfassungsgericht die Verfassungswidrigkeit der Umwidmung der Corona Mittel (60 Mrd. EUR) feststellte (Rechtsproblem). Das ist negativ. Die Regierung vermittelte in der Reaktion Gelassenheit und Zuversicht, die notwendigen Mittel bereitzustellen.

Aktienmärkte lieferten ein divergentes Bild. Der DAX stieg um 0,86%, der EuroStoxx 50 um 0,31%. Der Dow Jones legte um 0,29% zu, während der S&P 500 0,07% abgab. Der Nikkei verlor 0,27% (Stand 07:10 Uhr), der CSI 300 lag bei -0,60%. Rentenmärkte waren von leicht anziehenden Renditen geprägt. 10 jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 2,64% (Vortag 2,59%), während 10 jährige US-Staatsanleihen eine Rendite in Höhe von 4,50% abwerfen (Vortag 4,44%).

Der USD hat gegenüber dem EUR (+0,45%) und Gold (+0,28%) an Boden gewonnen. Silber dagegen konnte weiter Boden gegenüber dem USD gutmachen (+1,08%).


EU-Kommission senkt Konjunkturprognose 2023/24

Die EU-Kommission blickt per 2023 und 2024 kritischer auf die Konjunktur in der Eurozone. Die Behörde erwartet für die Währungsunion 2023 einen Anstieg des BIP von 0,6% (zuvor 0,8%). Das BIP dürfte 2024 um 1,2% zunehmen (Sommerprognose 1,3%). Der starke Preisdruck, die gestiegenen Zinsen und die schwache globale Nachfrage (Real 3% und nominal circa 8% globales Wachstum stellen keine schwache Nachfrage dar!) belasteten Haushalte und Unternehmen, sagte EU-Wirtschaftskommissar Gentiloni (Warum wachsen USA und Japan mit circa 2%?).

Die deutsche Wirtschaft steuerte als einzige große Volkswirtschaft dieses Jahr in die Rezession und würde sich in den Folgejahren konjunkturell nur langsam erholen. Das BIP soll 2023 um 0,3% (zuvor -0,4%) sinken und 2024 um 0,8 Prozent (zuvor 1,1%) wachsen (2025 +1,2%).

Kommentar: Was sagt das über die Qualität unserer Politik in der Setzung der Rahmendaten für den Standort Deutschland in den letzten 15 Jahren aus, denn es sind die Rahmendaten, die das Potential für wirtschaftliches Wohlergehen oder dessen Gegenteil bestimmen? Hat man in Berlin auf die mahnenden und kritischen Stimmen in den letzten 15 Jahren gehört oder wurden in Berlin politisch und medial Echokammern etabliert und kritische Stimmen diskreditiert?

Die EU-Kommission veranschlagt in ihren Prognosen einen nachlassenden Preisdruck. Sie erwartet 2023 für Deutschland eine für den europäischen Vergleich berechnete Teuerungsrate (HVPI) von 6,2% (Sommerprognose 6,4%). Für die Eurozone prognostiziert sie weiter eine Inflation von 5,6%. Auch nächstes Jahr dürften die Teuerungsraten in Deutschland mit 3,1% und in der Eurozone mit 3,2% über dem Zielwert der EZB von 2,0% liegen.

Kommentar: Die EU-Kommission bewegt sich mit ihren Prognosen im Konsensus-Bereich anderer Institutionen. Entsprechend ergeben sich hier keine neuen Erkenntnisgewinne.

Im Hinblick auf die gestern veröffentlichten BIP-Daten Russlands (3. Quartal 2023 +5,5% im Jahresvergleich) wird deutlich, wer ökonomischer Gewinner und wer Verlierer der westlichen Sanktionspolitik ist. In den kommenden Tagen wird das 12. Sanktionspaket der EU gegen Moskau verabschiedet. Welche Fragen wirft diese Politik auf?


Ich biete Ihnen diesbezüglich ein Zitat von John Adams (einer der Gründerväter der USA, zweiter Präsident der USA 1797 – 1801): "Facts are stubborn things, and whatever may be our wishes, our inclinations or the dictates of our passion, they cannot alter the state of facts and evidence." – Sie kennen die Kurzform dieses Zitats aus diesem Report: "Die Kraft des normativ Faktischen. Food for thought!"


Bundesverfassungsgericht liefert Klartext

Laut Bundesverfassungsgericht war die Klimarücklage der Regierung (60 Mrd. EUR, Umwidmung von nicht genutzten Corona-Mitteln), die Ende 2021 beschlossen wurde, verfassungswidrig. Als Reaktion auf das Urteil sagte Kanzler Scholz, man werde das Urteil genau auswerten. Das Urteil habe Auswirkungen auf die Haushaltspraxis im Bund und möglicherweise auch in den Ländern. Wirtschaftsminister Habeck betonte, alle Verpflichtungen aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) würden eigehalten. Scholz sagte, man würde den Wirtschaftsplan des KFT umarbeiten und vorläufige Regelungen treffen.

Zunächst wurde eine Ausgabensperre für den KTF (ausgenommen Maßnahmen für Energieeffizienz) verfügt.

Kommentar: Das Bundesverfassungsgericht beschert der Regierung wohl das größte Problem in der Legislaturperiode. Ordnungspolitisch ist das Urteil zu begrüßen, da Haushaltspolitik nach Gutsherrenart nicht zulässig ist. An dieser Stelle eine Portion Ironie und Süffisanz: Wer haftet für "falsches Parken"? Wer haftet für Verfassungsbrüche von Politikern?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Industrieproduktion prekär

Die Industrieproduktion verzeichnete per September einen Rückgang im Monatsvergleich um 1,1% (Prognose -1,0%) nach zuvor +0,6%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Minus in Höhe von 6,9% (Prognose -6,3%) nach zuvor -5,1%. Es war der höchste Rückgang seit August 2020 (Wirtschaftsverbot Corona).

Die Handelsbilanz wies per September in der saisonal bereinigten Fassung einen Überschussin Höhe von 9,2 Mrd. EUR nach zuvor 11,10 Mrd. EUR aus (revidiert von 11,90 Mrd. EUR). Die Devisenreserven der Eurozone stellten sich per Berichtsmonat Oktober auf 1.154,15 Mrd. EUR nach zuvor 1.113,4 Mrd. EUR.

Deutschland: Die Großhandelspreise sanken per Oktober im Monatsvergleich um 0,7% nach zuvor +0,2%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 4,2% (Vormonat -4,1%), dem stärksten Rückgang seit circa dreieinhalb Jahren.

Frankreich: Die Arbeitslosenrate gemäß Definition der ILO nahm per 3. Quartal 2023 von zuvor 7,2% auf 7,4% zu (Prognose 7,3%).


UK: Verbraucherpreise und Kernrate gesunken

Die Verbraucherpreise waren per Oktober im Monatsvergleich unverändert (Prognose +0,1%) nach zuvor +0,5%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 4,6% (Prognose 4,8%) nach zuvor 6,7%. Die Kernrate nahm im Monatsvergleich um 0,3% (Prognose 0,4%) nach zuvor 0,5%zu. Im Jahresvergleich ergab sich eine Zunahme um 5,7% (Prognose 5,8%) nach zuvor 6,1%. USA: US-Daten weiter "goldlöckchenhaft" (weniger Inflation, mehr Aktivität)

Die Erzeugerpreise verzeichneten per Oktober im Monatsvergleich einen Rückgang um 0,5% (Prognose +0,1%) nach zuvor +0,4% (revidiert von +0,5%). Im Jahresvergleich ergab sich ein Anstieg um 1,3% (Prognose 1,9%) nach zuvor 2,2%.

Die Einzelhandelsumsätze sanken per Oktober im Monatsvergleich um 0,1% (Prognose -0,3%) nach zuvor +0,9% (revidiert von +0,7%). Im Jahresvergleich kam es zu einem Anstieg um 2,48% nach zuvor 4,05% (revidiert von 3,75%)

Der New York Fed Manufacturing Index stieg per November unerwartet von zuvor -4,6 auf +9,1 Punkte (Prognose -2,8).

Der MBA Hypothekenmarktindex stellte sich per 10. November 2023 auf 170,5 nach zuvor 165,9 Punkten.


Russland: BIP unerwartet stark mit +5,5%


Laut vorläufiger Berechnung stieg das BIP im 3. Quartal 2023 im Jahresvergleich um 5,5% (Prognose 4,8%) nach zuvor 4,9%.


Japan: Handelsbilanz defizitär

Die Handelsbilanz wies per Oktober ein Defizit in Höhe von knapp 4,4 Mrd. USD (-662,5 Mrd. JPY) aus. Exporte nahmen im Jahresvergleich um 1,6% (Prognose 1,2%) zu, während Importe im Jahresvergleich um 12,5% sanken (Prognose -12,2%).

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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