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Märkte: Stabilität dominiert – Zinshoffnungen in Japan forcieren Bewegung im JPY

08.12.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,0786 (06:02 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,0756 in Europas Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 143,78. In der Folge notiert EUR-JPY bei 155,09. EUR-CHF oszilliert bei 0,9441.


Märkte: Stabilität dominiert

Die Finanzmärkte zeigten sich in den letzten 24 Handelsstunden weiter in stabiler Verfassung. Die Nachrichten- und die Datenlagen lieferten sowohl positive als auch negative Akzente.

Geopolitisch positiv ist die Annäherung zwischen Athen und Ankara, auf die man sich gestern in bilateralen Gesprächen einigte. Die aktuellen Nachrichten bezüglich des Ukraine-Konflikts implizieren eine Hinwendung zu einer diplomatischen Lösung hinsichtlich finanzieller, politischer und militärischer Erschöpfungszustände. Negativ ist die Lage weiter bezüglich des Gaza- Konflikts.

Aus den USA erreicht Israel zarte verbale Kritik bezüglich des Vorgehens vor Ort. US Maßnahmen stehen nicht im Raum. Ein neuer Hotspot droht: Venezuela beansprucht Teile Guayanas, die reich an fossilen Ressourcen sind (Verweis auf historische Hintergründe) und erwägt eine Besetzung der Gebiete. Die USA, die in Guayana Wirtschaftsinteressen haben (Öl, Gas), vereinbarten eine gemeinsame Luftwaffenübung mit Guayana.

Die Wirtschaftsdaten (explizit im Datenpotpourri) konnten in den letzten 24 Stunden überwiegend nicht überzeugen. Positiv ist die Entwicklung der Ökonomie Russlands, das nach 10 Monaten ein Wachstum von 3,2% im Jahresvergleich ausweist. Für das Gesamtjahr 2023 ist eine Expansion des BIP um 3,5% möglich. Auch die Beschäftigungsentwicklung der Eurozone war im 3. Quartal positiv mit einem neuen Rekord bei 167 Millionen Beschäftigten.

Enttäuschend war die deutsche Industrieproduktion, die den sechsten Monat in Folge im Monatsvergleich rückläufig war. Ebenso ist die Konsumkreditausweitung in den USA schwach. Japans BIP war im 3. Quartal mit -0,7% im Quartalsvergleich deutlich negativer als erwartet (-0,5%).

Aktienmärkte mäanderten in einem Seitwärtsmodus. Die Niveaus wurden gehalten oder leicht ausgebaut. Das gilt für Europa (Late DAX +0,12%, EuroStoxx 50 +0,12%), die USA (S&P 500 +0,66%, Citi US-Tech 100 +1,29%) und es gilt für Fernost ex Japan (CSI 300 +0,40%, Hangseng +0,10%, Sensex +0,42%). Der Nikkei verlor wegen schwacher BIP-Daten und Zinssorgen 1,68% (07:22 Uhr). An den Rentenmärkten dominierte Stabilität. 10 jährige Bundesanleihen rentieren mit 2,20% (Vortag 2,20%) und US-Staatsanleihen mit 4,15% (Vortag 4,17%).

An den Devisenmärkten kam es im JPY-Handel zu Turbulenzen. Der JPY legte wegen veränderter Zinserwartungen deutlich zu (siehe unten). Gold und Silber mäandern auf dem ermäßigten Niveau.


Zinshoffnungen in Japan forcieren Bewegung

Hintergrund: Japans Notenbank hat anders als die westlichen Zentralbanken bisher an der Negativzinspolitik festgehalten. Bisher war dieser Weg bezüglich des Kampfes gegen die Inflation von Erfolg gekrönt. Trotz der massiven Abwertung des JPY (USD/JPY in der Spitze per 11/2023 +30%, Ergebnis belastende importierte Inflation) wurden gegenüber den westlichen Ländern vergleichbare Erfolge in der Reduktion der Verbraucherpreise erzielt (Japan 3,3%, USA 3,2%). Gleichzeitig hat man sich durch die Abwertung des JPY Preisvorteile an den internationalen Märkte gesichert. Das unterstützte die Export- und damit die Gesamtwirtschaft.

Kommentar: Das Risiko besteht in Zweitrundeneffekten (z.B. Lohn-Preisspirale) bei der Preisinflation. Durch die zunächst exogen induzierte Inflation wird dann endogene Inflation forciert (Kerninflationsrate). Die aktuelle Debatte in der Bank of Japan hat meines Erachtens mit diesem Zusammenhang zu tun.

Japanische Märkte kamen in den letzten 48 Stunden in stärkere Bewegung. Das gilt für die Zins, die Devisen- und die Aktienmärkte.

Hintergründe sind veränderte Zinserwartungen für Japan seitens der Finanzmärkte, nachdem
Einlassungen des stellvertretenden Chefs der Bank of Japan aus Sicht der Märkte dafür Anlass boten. Demnach würden Exit-Strategien aus der Negativ- und Nullzinspolitik innerhalb der Bank of Japan erwogen. Es würden Vorteile als auch Nachteile eines solchen Politikwechsel diskutiert.

Die bemerkenswert aggressive Spekulation an den Finanzmärkten richtet sich darauf, dass die Negativzinspolitik unter Umständen bereits im Dezember beendet würde. Die Entwicklung der Zinsswaps impliziert laut Bloomberg eine nahezu 45% Chance, dass es zukünftig grundsätzlich zu einer Zinswende kommt.

Kommentar: Worüber reden wir? Wir reden von der Möglichkeit einer Zinswende mit einer Wahrscheinlichkeit von 45%. Expliziter wird laut Geldmarkt mit einer 35% Chance erwartet, dass die japanische Notenbank bereits am 19. Dezember 2023 den Leitzins um 10 Basispunkte von bisher -0,10% auf 0,00% anheben könnte.

Aktuell: Die Reaktion auf diese veränderte Erwartung ist an den Finanzmärkten markant. Der JPY hat gegenüber der Leitwährung USD in der Spitze gut 4% gewonnen. Seit dem Hochpunkt des USD gegenüber dem JPY am 13.November 2023 (151,92) liegt der Anstieg des JPY bei gut 7% im Vergleich zum Tiefpunkt des USD im gestrigen US-Geschäft (141,37). Am japanischen Aktienmarkt kam es zu einem deutlichen Verlust innerhalb der letzten 48 Stunden, Er stellt sich auf circa 3,5%. Die Rendite der 10 jährigen japanischen Staatsanleihen nahm in den letzte 48 Stunden von 0,62% auf 0,77% zu.

Kommentar: Für Japan ist das Thema Zinswende von höherer Bedeutung als für die USA, Eurozone oder das UK, weil sich die öffentliche Verschuldungssituation in Japan negativ abhebt. Japan hat laut IWF Fiscal Monitor (10/2023) eine Gesamtverschuldung per 2023 in Höhe von 255% des BIP (USA 123%, UK 104%, Eurozone 90%). Nun fällt der höhere Zins perspektivisch nicht adhoc an, sondern er wirkt sich sukzessive im Rahmen der Neuverschuldung und der Ersetzung der ablaufenden Schulden aus (kein digitaler Schock), dennoch ist das Thema hinsichtlich der Demografie Japans kritischer als anderswo.

Der andere Aspekt dreht sich um die Bank of Japan selbst. Durch eine Zinswende würden massive Verluste auf die enorm hohen Anleihebestände anfallen. Gut, Zentralbanken können auch mit negativem Eigenkapital überleben. Ein dritter Aspekt ist von Tragweite. Wir reden über "Carry- Trades". Die Abwicklung oder Zwangsabwicklung dieser Geschäfts hätte eine negative Wirkung weltweit, da dieses Finanzierungsinstrument global angewandt wird und wurde.



Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Daten der Eurozone durchwachsen – Deutschlands Daten weiter prekär

Das BIP der Eurozone verzeichnete per 3. Quartal 2023 gemäß Revision einen Rückgang im Quartalsvergleich um 0,1% (Prognose und vorläufiger Wert -0,1%). Im Jahresvergleich war das BIP unverändert (Prognose und vorläufiger Wert +0,1%). Die Beschäftigung in der Eurozone markierte im 3. Quartal 2023 laut finaler Erfassung mit 166,97 Millionen einen neuen Rekordwert (Prognose 167,5 Mio.).

Deutschland: Die Industrieproduktion sank per Oktober im Monatsvergleich unerwartet um 0,4% (Vormonat revidiert von -1,4% auf -1,3%) . Die Prognose lag bei +0,2%. Es war der sechste Rückgang in Folge. Im Jahresvergleich ergab sich ein Rückgang um 3,36% nach zuvor -3,76% (revidiert von -3,86%).


Schweiz: Arbeitslosenrate weiter bei 2,1%


Die Arbeitslosenrate stellte sich per November in der bereinigten Fassung auf 2,1% (Prognose 2,2%) nach zuvor 2,1%.


USA: Verbraucherkreditwachstum unerwartet schwach

Die Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe lagen per 2. Dezember 2023 bei 220.000 (Prognose 222.000, Vorwoche 219.000, revidiert von 218.000). Die US-Lagerbestände sanken per Oktober im Monatsvergleich um 0,4% (Prognose -0,2%) nach zuvor -0,2%. Der Absatz fiel im Großhandel unerwartet um 1,3% im Monatsvergleich nach zuvor +2,0% (revidiert von +2,2%). US-Verbraucherkredite nahmen per Berichtsmonat Oktober um 5,13 Mrd. USD (Prognose 9,0 Mrd. USD) nach zuvor 12,22 Mrd. USD (revidiert von 9,06 Mrd. USD) zu.


Japan: Schwächeres BIP und höheres Handelsbilanzdefizit

Das BIP sank gemäß Revision im 3. Quartal 2023 im Quartalsvergleich um 0,7% (Prognose und vorläufiger Wert -0,5%). In der auf das Jahr hochgerechneten Fassung kam es zu einem Rückgang um 2,9% (Prognose -2,0%, vorläufiger Wert -2,1%). Die Handelsbilanz wies per Berichtsmonat Oktober ein Defizit in Höhe von 2,05 Mrd. USD nach zuvor -0,91 Mrd. USD aus. Der Index "Economy Watcher‘s Poll" verharrte per November unverändert bei 49,5 Punkten.


Russland: Starkes BIP, Devisenreserven legten zu

Laut Regierungsangaben nahm das BIP in den ersten 10 Monaten im Jahresvergleich um 3,2% zu. Die Devisenreserven stellten sich per Stichtag 1. Dezember 2023 auf 592,9 Mrd. USD nach zuvor 587,5 Mrd. USD.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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