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Märkte: Die Farbe "Grün" dominiert weiter - IW-Ökonom Hüther auf unseren Spuren

28.12.2023  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet gegenüber dem USD bei 1,1111 (05:46 Uhr), nachdem der Tiefstkurs der letzten 24 Handelsstunden bei 1,1037 im europäischen Geschäft markiert wurde. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 141,22 . In der Folge notiert EUR-JPY bei 156,92. EUR-CHF oszilliert bei 0,9334.


Märkte: Die Farbe "Grün" dominiert weiter

Die Finanzmärkte zeigten sich Richtung Jahresende fortgesetzt in einer weitgehend freundlichen Verfassung. Die Farbe "Grün" dominierte.

An der Datenfront ergaben sich positive Impulse aus der Schweiz, Japan, Südkorea und Russland (siehe Datenpotpourri). In der Schweiz stieg die Investoren-Konfidenz. Südkorea reüssiert mit unerwartet starker Industrieproduktion. Der Datensatz aus Russland lieferte einmal mehr den Beleg einer alle Bereiche umfassenden Expansion der Ökonomie. Zudem soll sich das Haushaltsdefizit dort auf nur 1,5% des BIP belaufen. Japans Datensatz offerierte starke Einzelhandelsdaten und besser als erwartete Daten im Sektor Industrieproduktion. Die Daten aus den USA (Richmond Fed Composite Index) als auch aus der Eurozone (Finnland) setzten dagegen negative Akzente.

Als Fazit lässt sich ziehen, dass Europa, allen voran Deutschland, konjunkturell immer weiter abgehängt wird. Deutlich wurde das einmal mehr an der Beurteilung der deutschen Wirtschaftsverbände. Laut IW-Köln berichten 30 von 47 Wirtschaftsverbänden von einer aktuell schlechten Lage, 23 Verbände gehen 2024 von einer weiteren Verschlechterung aus. Das IW bemängelte Planungsunsicherheit. Nun, Planungssicherheit ist unverzichtbar für nachhaltige und expansive Investitionstätigkeit zur Erhaltung des Kapitalstocks (Grundlage aller Einkommen).

Die Aktienmärkte konnten bei wenigen Ausnahmen zulegen. Der MSCI World Index nahm um 0,41% zu. Der DAX stieg um 0,21%, der EuroStoxx50 um 0,17%. In den USA ergab sich ein mild positives Bild. Der S&P 500 legte um 0,14%, der Dow Jones um 0,07% und der Citi Tech 100 um 0,16% zu. In Fernost enttäuschte der Nikkei (Japan) Stand 08:06 Uhr mit einem Minus in Höhe von 0,42%. Der CSI 300 (China) stieg um 2,27%, der HangSeng (Hongkong) um 2,67%, der Sensex (Indien) um 0,49% und der Kospi (Südkorea) um 1,60%.

An den Rentenmärkte kam es zu weiterer Entspannung. 10-jährige Bundesanleihen rentieren aktuell mit 1,91% (Vortag 1,98% ), 10-jährige US-Staatsanleihen mit 3,81% (Vortag 3,88%). Der USD stand gegenüber dem EUR (+0,65%), gegenüber Gold (+1,06%) und gegenüber Silber (+1,16%) unter Verkaufsdruck.


IW-Ökonom Hüther auf unseren Spuren

Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW Köln) Hüther machte sich gestern für einen Infrastruktur- und Transformationsfonds stark.

Kommentar: Das deckt sich mit unserer Analyse massiver Unterinvestitionen in diesen Sektoren, die fortgesetzt zu Standortnachteilen und damit einem Mangel an Konkurrenzfähigkeit führten und führen. Die aktuellen Wirtschaftsdaten (Konjunktur und Struktur) belegen den "Verliererstatus" Deutschlands.

Hüther adressiert damit einige der offenen Flanken der fehlgeleiteten Politik der deutschen Regierungen, die seit Jahren ideologisch überfrachtet ist.

Leider gibt es noch mehr Baustellen, ein prohibitives Steuersystem, eine überbordende Bürokratie und einen Bildungsnotstand, wie nie zuvor seit 1949 (Auflistung nicht vollständig). Darüber hinaus sind es zeitgeistliche Themen, die über Jahre via Medien und Politik in die Gesellschaft implementiert wurden, beispielsweise eine Technologiefeindlichkeit, die politisch induziert ist (z.B. Biotechnologie, Weiterentwicklung der Atomenergie).


Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts, so Hüther, sei die Regierung mit dem Staatsschuldenrecht konfrontiert. Er sagte, man bastelte drum herum. Man redete über die Notlagen. Das wären alles keine nachhaltigen Lösungen, mit denen der Eindruck entstünde, man hätte das im Griff.

Kommentar: Hüther hat Recht. Es geht um nachhaltige Lösungen. Der fiskalische Spielraum Deutschlands (Staatsschulden 66% des BIP) ist in Anbetracht der im Vergleich zu den USA (2023 123% des BIP), Japan (255% des BIP), China (83% des BIP) und UK (104% des BIP) mäßigen Staatsverschuldungsquote nach wie vor gegeben. Diesen Spielraum nicht zu nutzen (Investitionen, Strukturen "Aristoteles"), wäre vor dem jetzt "endlich" erzielten Erkenntnisgewinnen verantwortungslos.

Wenn diese strukturellen Defizite nicht abgestellt würden, ergäbe sich über die Erosion des Kapitalstocks (Summe aller Unternehmen, Quelle der staatlichen und privaten Einkommen) hinsichtlich nicht mehr gegebener Konkurrenzfähigkeit des Standorts im Rahmen der fortgesetzten Abkehr von der Leistungsgesellschaft hin zur Anspruchsgesellschaft eine Erhöhung der Staatsschulden für konsumtive Zwecke. Das wäre prekär für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes. Es wäre reine Verschwendung.

Es geht darum, die Ursachen der strukturellen Probleme Deutschlands zu benennen und Politik zu gestalten, die diese massiven Defizite neutralisiert und internationale Konkurrenzfähigkeit herstellt. Hintergründig geht es darum, für den Standort, für die Menschen vor Ort und für die Unternehmen Politik zu machen, nicht für die Interessen Dritter, ansonsten würde das ohnehin angeschlagene Vertrauen der Unternehmen und der Bürger weiter erodiert. Das hätte ultimativ auch erhebliche Folgen für die gesellschaftspolitische als auch politische Stabilität.


Hüther wäre nicht für eine Aufhebung der Schuldenbremse, aber man könnte kluge Lösungen finden, indem man einen gesamtstaatlichen Infrastruktur- und Transformationsfonds auflegte. Alle Investitionen, für die man eine Planungs- und Verfahrensbeschleunigung machen könnte, gehörten in einen solchen Fonds, Subventionen nicht.

Kommentar: Die Debatte über die Schuldenbremse ist sinnlos, entscheidend ist die Verwendung der Mittel zur Bereinigung der realen und nicht ideologischen Brennpunkte.

Das einseitige Beachten der Schulden und nicht des BIP führte laut Hüther dazu, dass die Regierung selbst verschärfend in die gesamtwirtschaftliche Entwicklung hineinwirkte. Das machte die Sache nicht besser.

Kommentar: Genau - deswegen gilt es, die noch verbliebenen Ressourcen der Leistungsgesellschaft Sinn stiftend zu nutzen. Ist unsere Regierung dazu in der Lage?


Datenpotpourri der letzten 24 Handelsstunden

Eurozone: Finnlands Daten nicht erbaulich

Finnland: Der Index des Verbrauchervertrauens sank per Dezember von -12,4 auf -13,3 Punkte. Der Index des Vertrauens der Industrie stellte sich per Dezember auf -20 nach -21 Zählern. Schweiz: Investorenzuversicht auf höchstem Stand seit 02/2023 Der Index des Sentiments der Investoren verzeichnete per Dezember einen Anstieg von -29,6 auf -23,7 Punkte. Es ist der höchste Wert seit Februar 2023.


USA: Richmond mit gesamtwirtschaftlicher Schwäche

Der Richmond Fed Composite Index sank von zuvor -5 auf -11 Punkte (schwächster Wert seit Mai 2023).


Japan: Starker Einzelhandel, Industrieproduktion (M) besser als erwartet

Die Industrieproduktion sank per November im Monatsvergleich um 0,9% (Prognose -1,6%) nach zuvor +1,3%. Im Jahresvergleich kam es zu einem Rückgang um 1,4% nach zuvor -0,6%. Die Einzelhandelsumsätze nahmen per November im Jahresvergleich um 5,3% (Prognose 5,0%) nach zuvor 4,1% (revidiert von 4,2%) zu.


Russland: Daten stark, sowohl unter als auch über Prognosen

Die Industrieproduktion stieg per November im Jahresvergleich um 4,3% (Prognose 4,4%) nach zuvor 5,3%. Die Einzelhandelsumsätze legten per November im Jahresvergleich um 10,5% (Prognose 11,7%) nach zuvor 12,7% zu. Die realen Löhne konnten per Oktober im Jahresvergleich um 9,9% (Prognose 7,7%) nach zuvor 7,2% zunehmen. Das BIP legte per November im Jahresvergleich um 4,4% (Prognose 3,6%) nach zuvor 5,1% (revidiert von 5,0%) zu. Die Arbeitslosenrate stellte sich per November auf 2,9% (Prognose und Vormonatswert 2,9%, Allzeittief).


Südkorea: Starke Industrieproduktion


Die Industrieproduktion verzeichneten per November im Jahresvergleich eine Zunahme um 5,3% (Prognose 3,0%) nach zuvor 1,1%.

Derzeit ergibt sich für den EUR gegenüber dem USD eine positive Tendenz. Ein Unterschreiten der Unterstützungszone bei 1,0540 – 1,0570 negiert das für den EUR positive Szenario.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefvolkswirt der Netfonds Gruppe



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